Paar Bemerkungen! Suchet Ihr einen ver¬ ständigen Freund, der Euch mit weisem Rathe, oder mit festem Muthe, mit Fleiß und dauern¬ der Arbeit dienen soll; so wählet keinen Ver¬ liebten dazu! Ist es Euch aber darum zu thun, eine theilnehmende, empfindsame Seele zu finden, die mit Euch klage, winsele, oder Euch ohne Sicherheit Geld borge, auf etwas sub¬ scribiere, ein reiches Almosen gebe, ein armes Mädchen ausstatte, einen beleidigten Vater besänftigen helfe, oder mit Euch Ritterstreiche mache, Kindereyen treibe, oder Eure Verse, Eure Liederchen und Sonaten lobe; so wendet Euch nach den Umständen an einen glückli¬ chen oder leidenden Liebhaber!
2.
Den Verliebten selbst Regeln über ihren Umgang mit einander zu geben, das würde verlohrne Mühe seyn; Denn da diese Men¬ schen selten bey gesunder Vernunft sind; so wäre es eben so unsinnig, zu verlangen, daß sie sich dabey gewissen Vorschriften unterwerfen sollten, als wenn man einem Rasenden zumu¬ then wollte, in Versen zu phantasiren, oder Ei¬
nem
Paar Bemerkungen! Suchet Ihr einen ver¬ ſtaͤndigen Freund, der Euch mit weiſem Rathe, oder mit feſtem Muthe, mit Fleiß und dauern¬ der Arbeit dienen ſoll; ſo waͤhlet keinen Ver¬ liebten dazu! Iſt es Euch aber darum zu thun, eine theilnehmende, empfindſame Seele zu finden, die mit Euch klage, winſele, oder Euch ohne Sicherheit Geld borge, auf etwas ſub¬ ſcribiere, ein reiches Almoſen gebe, ein armes Maͤdchen ausſtatte, einen beleidigten Vater beſaͤnftigen helfe, oder mit Euch Ritterſtreiche mache, Kindereyen treibe, oder Eure Verſe, Eure Liederchen und Sonaten lobe; ſo wendet Euch nach den Umſtaͤnden an einen gluͤckli¬ chen oder leidenden Liebhaber!
2.
Den Verliebten ſelbſt Regeln uͤber ihren Umgang mit einander zu geben, das wuͤrde verlohrne Muͤhe ſeyn; Denn da dieſe Men¬ ſchen ſelten bey geſunder Vernunft ſind; ſo waͤre es eben ſo unſinnig, zu verlangen, daß ſie ſich dabey gewiſſen Vorſchriften unterwerfen ſollten, als wenn man einem Raſenden zumu¬ then wollte, in Verſen zu phantaſiren, oder Ei¬
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Paar Bemerkungen! Suchet Ihr einen ver¬
ſtaͤndigen Freund, der Euch mit weiſem Rathe,
oder mit feſtem Muthe, mit Fleiß und dauern¬
der Arbeit dienen ſoll; ſo waͤhlet keinen Ver¬
liebten dazu! Iſt es Euch aber darum zu thun,
eine theilnehmende, empfindſame Seele zu
finden, die mit Euch klage, winſele, oder Euch
ohne Sicherheit Geld borge, auf etwas ſub¬
ſcribiere, ein reiches Almoſen gebe, ein armes
Maͤdchen ausſtatte, einen beleidigten Vater
beſaͤnftigen helfe, oder mit Euch Ritterſtreiche
mache, Kindereyen treibe, oder Eure Verſe,
Eure Liederchen und Sonaten lobe; ſo wendet
Euch nach den Umſtaͤnden an einen gluͤckli¬
chen oder leidenden Liebhaber!
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Den Verliebten ſelbſt Regeln uͤber ihren
Umgang mit einander zu geben, das wuͤrde
verlohrne Muͤhe ſeyn; Denn da dieſe Men¬
ſchen ſelten bey geſunder Vernunft ſind; ſo
waͤre es eben ſo unſinnig, zu verlangen, daß ſie
ſich dabey gewiſſen Vorſchriften unterwerfen
ſollten, als wenn man einem Raſenden zumu¬
then wollte, in Verſen zu phantaſiren, oder Ei¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/192>, abgerufen am 17.02.2025.
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