perliche Schönheit allein mache auf sie so lebhafte Eindrücke. Sehr oft hat grade der entgegenge¬ setzte Fall Statt. Ich kenne Jünglinge mit Antinous-Gestalten, die ihr Glück bey dem schö¬ nen Geschlechte nicht machen, und hingegen Män¬ ner mit fast garstigen Larven, die dort gefallen, und Theilnehmung erwecken. Auch liegt nicht der Grund darinn, daß sie die Klügern und Wiz¬ zigern vorzögen, noch in der mehr oder mindern Schmeicheley und Huldigung; Es giebt aber eine Art mit Frauenzimmern umzugehn, die nur von ihnen selbst erlernt werden kann; und wer die nicht versteht, der mag mit allen innern und äus¬ sern Vorzügen ausgerüstet seyn, er wird sie nicht behagen. Man findet Männer, die von der Gabe den Frauenzimmern zu gefallen, großen Mißbrauch machen, denen man erwachsene Töchter anver¬ trauet, die zu allen Tages-Zeiten bey den Damen freyen Zutritt und sich in den Ruf gesetzt haben, sans consequence zu seyn, denen man die freyesten Scherze erlaubt, oft aber nachher Gelegenheit giebt, zu spät zu bereuen, was man ihnen einge¬ räumt hat. Der Misbrauch hebt indessen den erlaubten Gebrauch jener Kunst nicht auf. Ein kleiner Anstrich von weiblicher Sanftmuth, die
aber
perliche Schoͤnheit allein mache auf ſie ſo lebhafte Eindruͤcke. Sehr oft hat grade der entgegenge¬ ſetzte Fall Statt. Ich kenne Juͤnglinge mit Antinous-Geſtalten, die ihr Gluͤck bey dem ſchoͤ¬ nen Geſchlechte nicht machen, und hingegen Maͤn¬ ner mit faſt garſtigen Larven, die dort gefallen, und Theilnehmung erwecken. Auch liegt nicht der Grund darinn, daß ſie die Kluͤgern und Wiz¬ zigern vorzoͤgen, noch in der mehr oder mindern Schmeicheley und Huldigung; Es giebt aber eine Art mit Frauenzimmern umzugehn, die nur von ihnen ſelbſt erlernt werden kann; und wer die nicht verſteht, der mag mit allen innern und aͤuſ¬ ſern Vorzuͤgen ausgeruͤſtet ſeyn, er wird ſie nicht behagen. Man findet Maͤnner, die von der Gabe den Frauenzimmern zu gefallen, großen Mißbrauch machen, denen man erwachſene Toͤchter anver¬ trauet, die zu allen Tages-Zeiten bey den Damen freyen Zutritt und ſich in den Ruf geſetzt haben, ſans conſequence zu ſeyn, denen man die freyeſten Scherze erlaubt, oft aber nachher Gelegenheit giebt, zu ſpaͤt zu bereuen, was man ihnen einge¬ raͤumt hat. Der Misbrauch hebt indeſſen den erlaubten Gebrauch jener Kunſt nicht auf. Ein kleiner Anſtrich von weiblicher Sanftmuth, die
aber
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0206"n="176"/>
perliche Schoͤnheit allein mache auf ſie ſo lebhafte<lb/>
Eindruͤcke. Sehr oft hat grade der entgegenge¬<lb/>ſetzte Fall Statt. Ich kenne Juͤnglinge mit<lb/>
Antinous-Geſtalten, die ihr Gluͤck bey dem ſchoͤ¬<lb/>
nen Geſchlechte nicht machen, und hingegen Maͤn¬<lb/>
ner mit faſt garſtigen Larven, die dort gefallen,<lb/>
und Theilnehmung erwecken. Auch liegt nicht<lb/>
der Grund darinn, daß ſie die Kluͤgern und Wiz¬<lb/>
zigern vorzoͤgen, noch in der mehr oder mindern<lb/>
Schmeicheley und Huldigung; Es giebt aber eine<lb/>
Art mit Frauenzimmern umzugehn, die nur von<lb/>
ihnen ſelbſt erlernt werden kann; und wer die<lb/>
nicht verſteht, der mag mit allen innern und aͤuſ¬<lb/>ſern Vorzuͤgen ausgeruͤſtet ſeyn, er wird ſie nicht<lb/>
behagen. Man findet Maͤnner, die von der Gabe<lb/>
den Frauenzimmern zu gefallen, großen Mißbrauch<lb/>
machen, denen man erwachſene Toͤchter anver¬<lb/>
trauet, die zu allen Tages-Zeiten bey den Damen<lb/>
freyen Zutritt und ſich in den Ruf geſetzt haben,<lb/><hirendition="#aq">ſans conſequence</hi> zu ſeyn, denen man die freyeſten<lb/>
Scherze erlaubt, oft aber nachher Gelegenheit<lb/>
giebt, zu ſpaͤt zu bereuen, was man ihnen einge¬<lb/>
raͤumt hat. Der Misbrauch hebt indeſſen den<lb/>
erlaubten Gebrauch jener Kunſt nicht auf. Ein<lb/>
kleiner Anſtrich von weiblicher Sanftmuth, die<lb/><fwplace="bottom"type="catch">aber<lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[176/0206]
perliche Schoͤnheit allein mache auf ſie ſo lebhafte
Eindruͤcke. Sehr oft hat grade der entgegenge¬
ſetzte Fall Statt. Ich kenne Juͤnglinge mit
Antinous-Geſtalten, die ihr Gluͤck bey dem ſchoͤ¬
nen Geſchlechte nicht machen, und hingegen Maͤn¬
ner mit faſt garſtigen Larven, die dort gefallen,
und Theilnehmung erwecken. Auch liegt nicht
der Grund darinn, daß ſie die Kluͤgern und Wiz¬
zigern vorzoͤgen, noch in der mehr oder mindern
Schmeicheley und Huldigung; Es giebt aber eine
Art mit Frauenzimmern umzugehn, die nur von
ihnen ſelbſt erlernt werden kann; und wer die
nicht verſteht, der mag mit allen innern und aͤuſ¬
ſern Vorzuͤgen ausgeruͤſtet ſeyn, er wird ſie nicht
behagen. Man findet Maͤnner, die von der Gabe
den Frauenzimmern zu gefallen, großen Mißbrauch
machen, denen man erwachſene Toͤchter anver¬
trauet, die zu allen Tages-Zeiten bey den Damen
freyen Zutritt und ſich in den Ruf geſetzt haben,
ſans conſequence zu ſeyn, denen man die freyeſten
Scherze erlaubt, oft aber nachher Gelegenheit
giebt, zu ſpaͤt zu bereuen, was man ihnen einge¬
raͤumt hat. Der Misbrauch hebt indeſſen den
erlaubten Gebrauch jener Kunſt nicht auf. Ein
kleiner Anſtrich von weiblicher Sanftmuth, die
aber
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/206>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.