bergen. Selbst Frauenzimmer von weniger feinern Verstandes-Kräften haben zuweilen eine sonderbare Fertigkeit in der Kunst sich zu verstellen. Es giebt Fälle, wo diese Kunst ihnen Schutz gegen die Nachstellungen der Männer gewährt. Der Verführer hat gewon¬ nenes Spiel, wenn er merkt, daß das Herz der Schönen, oder ihre Sinnlichkeit, mit ihm gegen ihre Grundsätze gemeinschaftliche Sache macht. Also rechne man es ihnen nicht zum Vorwurfe, wenn sie zuweilen anders scheinen, als sie sind! aber man nehme darauf Rücksicht in dem Umgange mit ihnen! man glaube nicht immer, daß ihnen Derjenige gleichgültig sey, dem sie mit merklicher Kälte begegnen, noch daß sie sich vorzüglich vor Den interessieren, mit dem sie öffentlich vertraulich umgehen, den sie auszuzeichnen scheinen! Oft thun sie dies grade, um ihr Spiel zu verbergen, wenn es nicht etwa blos Neckerey, oder Würkung ihrer Laune, ihres Eigensinns ist. Sie ganz zu entziffern, dazu gehört tiefes Studium des weiblichen Her¬ zens, vieljähriger Umgang mit den Feinern unter ihnen, kurz! mehr als in diesen Blättern entwickelt werden kann.
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bergen. Selbſt Frauenzimmer von weniger feinern Verſtandes-Kraͤften haben zuweilen eine ſonderbare Fertigkeit in der Kunſt ſich zu verſtellen. Es giebt Faͤlle, wo dieſe Kunſt ihnen Schutz gegen die Nachſtellungen der Maͤnner gewaͤhrt. Der Verfuͤhrer hat gewon¬ nenes Spiel, wenn er merkt, daß das Herz der Schoͤnen, oder ihre Sinnlichkeit, mit ihm gegen ihre Grundſaͤtze gemeinſchaftliche Sache macht. Alſo rechne man es ihnen nicht zum Vorwurfe, wenn ſie zuweilen anders ſcheinen, als ſie ſind! aber man nehme darauf Ruͤckſicht in dem Umgange mit ihnen! man glaube nicht immer, daß ihnen Derjenige gleichguͤltig ſey, dem ſie mit merklicher Kaͤlte begegnen, noch daß ſie ſich vorzuͤglich vor Den intereſſieren, mit dem ſie oͤffentlich vertraulich umgehen, den ſie auszuzeichnen ſcheinen! Oft thun ſie dies grade, um ihr Spiel zu verbergen, wenn es nicht etwa blos Neckerey, oder Wuͤrkung ihrer Laune, ihres Eigenſinns iſt. Sie ganz zu entziffern, dazu gehoͤrt tiefes Studium des weiblichen Her¬ zens, vieljaͤhriger Umgang mit den Feinern unter ihnen, kurz! mehr als in dieſen Blaͤttern entwickelt werden kann.
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bergen. Selbſt Frauenzimmer von weniger
feinern Verſtandes-Kraͤften haben zuweilen
eine ſonderbare Fertigkeit in der Kunſt ſich zu
verſtellen. Es giebt Faͤlle, wo dieſe Kunſt
ihnen Schutz gegen die Nachſtellungen der
Maͤnner gewaͤhrt. Der Verfuͤhrer hat gewon¬
nenes Spiel, wenn er merkt, daß das Herz
der Schoͤnen, oder ihre Sinnlichkeit, mit ihm
gegen ihre Grundſaͤtze gemeinſchaftliche Sache
macht. Alſo rechne man es ihnen nicht zum
Vorwurfe, wenn ſie zuweilen anders ſcheinen,
als ſie ſind! aber man nehme darauf Ruͤckſicht
in dem Umgange mit ihnen! man glaube nicht
immer, daß ihnen Derjenige gleichguͤltig ſey,
dem ſie mit merklicher Kaͤlte begegnen, noch
daß ſie ſich vorzuͤglich vor Den intereſſieren, mit
dem ſie oͤffentlich vertraulich umgehen, den ſie
auszuzeichnen ſcheinen! Oft thun ſie dies grade,
um ihr Spiel zu verbergen, wenn es nicht etwa
blos Neckerey, oder Wuͤrkung ihrer Laune,
ihres Eigenſinns iſt. Sie ganz zu entziffern,
dazu gehoͤrt tiefes Studium des weiblichen Her¬
zens, vieljaͤhriger Umgang mit den Feinern
unter ihnen, kurz! mehr als in dieſen Blaͤttern
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/229>, abgerufen am 21.11.2024.
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