mich aufzubringen, der ich an allen diesen Lä¬ sterungen keinen Theil nehme.
20.
Aber noch ein Paar Worte über die seli¬ gen Freuden, die der Umgang mit verständi¬ gen und edlen Weibern gewährt! Ich habe schon vorhin gesagt, daß ich demselben die glücklichsten Stunden meines Lebens zu ver¬ danken habe, und in Wahrheit! das sprach ich aus der Fülle meines Herzens. Ihr zartes Ge¬ fühl; ihre Gabe, so schnell zu errathen, zu begreifen, Gedanken aufzufassen, Mienen zu verstehn; ihr feiner Sinn für die kleinen, süs¬ sen Gefälligkeiten des Lebens; ihr reizender naiver Witz; ihre oft so scharfsinnigen, von gelehrten, systematischen, vorgefassten Mei¬ nungen so freyen Urtheile; ihre unnachahm¬ lichen liebenswürdigen Launen, interessant, selbst in ihren Ebben und Fluthen; ihre Ge¬ duld in langwierigen Leiden, wenn gleich sie im ersten Augenblicke, wenn der Unfall sie trifft, dem Gefährten das Uebel durch Klagen schwe¬ rer machen; ihre sanfte, liebliche Art, zu trö¬ sten, zu pflegen, zu warten, zu harren, zu
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mich aufzubringen, der ich an allen dieſen Laͤ¬ ſterungen keinen Theil nehme.
20.
Aber noch ein Paar Worte uͤber die ſeli¬ gen Freuden, die der Umgang mit verſtaͤndi¬ gen und edlen Weibern gewaͤhrt! Ich habe ſchon vorhin geſagt, daß ich demſelben die gluͤcklichſten Stunden meines Lebens zu ver¬ danken habe, und in Wahrheit! das ſprach ich aus der Fuͤlle meines Herzens. Ihr zartes Ge¬ fuͤhl; ihre Gabe, ſo ſchnell zu errathen, zu begreifen, Gedanken aufzufaſſen, Mienen zu verſtehn; ihr feiner Sinn fuͤr die kleinen, ſuͤſ¬ ſen Gefaͤlligkeiten des Lebens; ihr reizender naiver Witz; ihre oft ſo ſcharfſinnigen, von gelehrten, ſyſtematiſchen, vorgefaſſten Mei¬ nungen ſo freyen Urtheile; ihre unnachahm¬ lichen liebenswuͤrdigen Launen, intereſſant, ſelbſt in ihren Ebben und Fluthen; ihre Ge¬ duld in langwierigen Leiden, wenn gleich ſie im erſten Augenblicke, wenn der Unfall ſie trifft, dem Gefaͤhrten das Uebel durch Klagen ſchwe¬ rer machen; ihre ſanfte, liebliche Art, zu troͤ¬ ſten, zu pflegen, zu warten, zu harren, zu
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mich aufzubringen, der ich an allen dieſen Laͤ¬
ſterungen keinen Theil nehme.
20.
Aber noch ein Paar Worte uͤber die ſeli¬
gen Freuden, die der Umgang mit verſtaͤndi¬
gen und edlen Weibern gewaͤhrt! Ich habe
ſchon vorhin geſagt, daß ich demſelben die
gluͤcklichſten Stunden meines Lebens zu ver¬
danken habe, und in Wahrheit! das ſprach ich
aus der Fuͤlle meines Herzens. Ihr zartes Ge¬
fuͤhl; ihre Gabe, ſo ſchnell zu errathen, zu
begreifen, Gedanken aufzufaſſen, Mienen zu
verſtehn; ihr feiner Sinn fuͤr die kleinen, ſuͤſ¬
ſen Gefaͤlligkeiten des Lebens; ihr reizender
naiver Witz; ihre oft ſo ſcharfſinnigen, von
gelehrten, ſyſtematiſchen, vorgefaſſten Mei¬
nungen ſo freyen Urtheile; ihre unnachahm¬
lichen liebenswuͤrdigen Launen, intereſſant,
ſelbſt in ihren Ebben und Fluthen; ihre Ge¬
duld in langwierigen Leiden, wenn gleich ſie im
erſten Augenblicke, wenn der Unfall ſie trifft,
dem Gefaͤhrten das Uebel durch Klagen ſchwe¬
rer machen; ihre ſanfte, liebliche Art, zu troͤ¬
ſten, zu pflegen, zu warten, zu harren, zu
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/231>, abgerufen am 16.02.2025.
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