ternehmungen mit gehöriger Klugheit treibt, nicht zu viel wagt und auf das Spiel setzt. Kein Stand geniesst einer so glücklichen Freyheit, als dieser. Kein Stand hat von jeher so unmittelbar thätigen, wichtigen Einfluß auf Moralität, Cul¬ tur und Luxus gehabt, als die Kaufmannschaft. Wenn durch sie und durch die Verbindung, wel¬ che dieselbe zwischen entlegenen, von einander in so viel Dingen verschiedenen Völkern stiftet, der Ton ganzer Nationen umgestimmt, und Men¬ schen mit geistigen und cörperlichen Bedürfnis¬ sen, mit Wissenschaften, Wünschen, Krankhei¬ ten, Schätzen und Sitten bekannt werden, die ausserdem vielleicht nie, wenigstens sehr viel spä¬ ter, bis dahin gedrungen seyn würden; so lässt sich wohl nicht zweifeln, daß, wofern die fein¬ sten Köpfe unter den Kaufleuten eines großen Reichs sich über ein System von Würksamkeit nach festen Grundsätzen vereinigten, es in ihrer Macht stehn müsste, welche Richtung des Ver¬ standes und Willens sie ihrem Vaterlande geben wollten. Zum Glück für unsre Freyheit aber giebt es theils nicht viel so weitsehende, plan¬ volle Köpfe unter Leuten dieses Standes in der Welt, theils sind sie durch sehr verschiedenes
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ternehmungen mit gehoͤriger Klugheit treibt, nicht zu viel wagt und auf das Spiel ſetzt. Kein Stand genieſſt einer ſo gluͤcklichen Freyheit, als dieſer. Kein Stand hat von jeher ſo unmittelbar thaͤtigen, wichtigen Einfluß auf Moralitaͤt, Cul¬ tur und Luxus gehabt, als die Kaufmannſchaft. Wenn durch ſie und durch die Verbindung, wel¬ che dieſelbe zwiſchen entlegenen, von einander in ſo viel Dingen verſchiedenen Voͤlkern ſtiftet, der Ton ganzer Nationen umgeſtimmt, und Men¬ ſchen mit geiſtigen und coͤrperlichen Beduͤrfniſ¬ ſen, mit Wiſſenſchaften, Wuͤnſchen, Krankhei¬ ten, Schaͤtzen und Sitten bekannt werden, die auſſerdem vielleicht nie, wenigſtens ſehr viel ſpaͤ¬ ter, bis dahin gedrungen ſeyn wuͤrden; ſo laͤſſt ſich wohl nicht zweifeln, daß, wofern die fein¬ ſten Koͤpfe unter den Kaufleuten eines großen Reichs ſich uͤber ein Syſtem von Wuͤrkſamkeit nach feſten Grundſaͤtzen vereinigten, es in ihrer Macht ſtehn muͤſſte, welche Richtung des Ver¬ ſtandes und Willens ſie ihrem Vaterlande geben wollten. Zum Gluͤck fuͤr unſre Freyheit aber giebt es theils nicht viel ſo weitſehende, plan¬ volle Koͤpfe unter Leuten dieſes Standes in der Welt, theils ſind ſie durch ſehr verſchiedenes
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ternehmungen mit gehoͤriger Klugheit treibt,
nicht zu viel wagt und auf das Spiel ſetzt. Kein
Stand genieſſt einer ſo gluͤcklichen Freyheit, als
dieſer. Kein Stand hat von jeher ſo unmittelbar
thaͤtigen, wichtigen Einfluß auf Moralitaͤt, Cul¬
tur und Luxus gehabt, als die Kaufmannſchaft.
Wenn durch ſie und durch die Verbindung, wel¬
che dieſelbe zwiſchen entlegenen, von einander in
ſo viel Dingen verſchiedenen Voͤlkern ſtiftet, der
Ton ganzer Nationen umgeſtimmt, und Men¬
ſchen mit geiſtigen und coͤrperlichen Beduͤrfniſ¬
ſen, mit Wiſſenſchaften, Wuͤnſchen, Krankhei¬
ten, Schaͤtzen und Sitten bekannt werden, die
auſſerdem vielleicht nie, wenigſtens ſehr viel ſpaͤ¬
ter, bis dahin gedrungen ſeyn wuͤrden; ſo laͤſſt
ſich wohl nicht zweifeln, daß, wofern die fein¬
ſten Koͤpfe unter den Kaufleuten eines großen
Reichs ſich uͤber ein Syſtem von Wuͤrkſamkeit
nach feſten Grundſaͤtzen vereinigten, es in ihrer
Macht ſtehn muͤſſte, welche Richtung des Ver¬
ſtandes und Willens ſie ihrem Vaterlande geben
wollten. Zum Gluͤck fuͤr unſre Freyheit aber
giebt es theils nicht viel ſo weitſehende, plan¬
volle Koͤpfe unter Leuten dieſes Standes in der
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/147>, abgerufen am 21.11.2024.
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