Bey kleinen Kaufleuten und in Städten, wo eigentlich nur Krämer wohnen, ist die unar¬ tige Gewohnheit eingerissen, daß Diese oft sehr viel mehr für ihre Waare fordern, als wofür sie dieselbe hingeben wollen. Andre affectiren mit angenommener Treuherzigkeit und Bieder¬ keit, immer den äussersten Preis zu setzen, und sich keinen Heller abdingen zu lassen, und so muß man oft doppelt so viel bezahlen, als die Sache werth ist. Ersteren würde man ihre kleinen Künste leicht abgewöhnen können, wenn die Angesehnsten in einer Stadt sich vereinigten, solchen Gaunern gar nichts abzukaufen. Es ist aber das jüdische Verfahren beyder Art von christlichen Kaufleuten eben so unredlich, als un¬ klug. Sie betrügen damit höchstens nur einige Fremde und Solche, die von dem Werthe der Waaren nichts verstehen; bey Andern hingegen verliehren sie allen Glauben, und wenn man erst ihre Weise kennt; so biethet man ihnen nur die Hälfte von dem, was sie fordern. Uebri¬ gens soll Der, welcher kaufen will, die Augen aufthun, und es ist unvernünftig, einen Handel von einiger Wichtigkeit zu schliessen, ohne vor¬ her sich Kenntniß von dem wahren Werthe der
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Bey kleinen Kaufleuten und in Staͤdten, wo eigentlich nur Kraͤmer wohnen, iſt die unar¬ tige Gewohnheit eingeriſſen, daß Dieſe oft ſehr viel mehr fuͤr ihre Waare fordern, als wofuͤr ſie dieſelbe hingeben wollen. Andre affectiren mit angenommener Treuherzigkeit und Bieder¬ keit, immer den aͤuſſerſten Preis zu ſetzen, und ſich keinen Heller abdingen zu laſſen, und ſo muß man oft doppelt ſo viel bezahlen, als die Sache werth iſt. Erſteren wuͤrde man ihre kleinen Kuͤnſte leicht abgewoͤhnen koͤnnen, wenn die Angeſehnſten in einer Stadt ſich vereinigten, ſolchen Gaunern gar nichts abzukaufen. Es iſt aber das juͤdiſche Verfahren beyder Art von chriſtlichen Kaufleuten eben ſo unredlich, als un¬ klug. Sie betruͤgen damit hoͤchſtens nur einige Fremde und Solche, die von dem Werthe der Waaren nichts verſtehen; bey Andern hingegen verliehren ſie allen Glauben, und wenn man erſt ihre Weiſe kennt; ſo biethet man ihnen nur die Haͤlfte von dem, was ſie fordern. Uebri¬ gens ſoll Der, welcher kaufen will, die Augen aufthun, und es iſt unvernuͤnftig, einen Handel von einiger Wichtigkeit zu ſchlieſſen, ohne vor¬ her ſich Kenntniß von dem wahren Werthe der
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Bey kleinen Kaufleuten und in Staͤdten,
wo eigentlich nur Kraͤmer wohnen, iſt die unar¬
tige Gewohnheit eingeriſſen, daß Dieſe oft ſehr
viel mehr fuͤr ihre Waare fordern, als wofuͤr
ſie dieſelbe hingeben wollen. Andre affectiren
mit angenommener Treuherzigkeit und Bieder¬
keit, immer den aͤuſſerſten Preis zu ſetzen, und
ſich keinen Heller abdingen zu laſſen, und ſo
muß man oft doppelt ſo viel bezahlen, als die
Sache werth iſt. Erſteren wuͤrde man ihre
kleinen Kuͤnſte leicht abgewoͤhnen koͤnnen, wenn
die Angeſehnſten in einer Stadt ſich vereinigten,
ſolchen Gaunern gar nichts abzukaufen. Es iſt
aber das juͤdiſche Verfahren beyder Art von
chriſtlichen Kaufleuten eben ſo unredlich, als un¬
klug. Sie betruͤgen damit hoͤchſtens nur einige
Fremde und Solche, die von dem Werthe der
Waaren nichts verſtehen; bey Andern hingegen
verliehren ſie allen Glauben, und wenn man
erſt ihre Weiſe kennt; ſo biethet man ihnen nur
die Haͤlfte von dem, was ſie fordern. Uebri¬
gens ſoll Der, welcher kaufen will, die Augen
aufthun, und es iſt unvernuͤnftig, einen Handel
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/153>, abgerufen am 23.11.2024.
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