Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

herziger Beamte seufzend, werden sie des Le¬
bens nie froh, haben keinen Schatten von Frey¬
heit, kein sicheres Eigenthum, und arbeiten
nicht für sich und die Ihrigen, sondern nur für
ihre Tyrannen.

Wen nun die Vorsehung in die glückliche
Lage gesetzt hat, zur Erleichterung dieser so sehr
gedrückten und doch so wichtigen, so nützlichen
Menschen-Classe etwas beytragen zu können;
o! der schaffe sich doch die süße Wonne, in den
kleinen Hütten der Landleute Freude zu verbrei¬
ten, und seinen Namen von Kindern und En¬
keln mit Segen genannt zu hören!

Wohl freylich sind die Bauern zum Theil
so hartnäckige, zänkische, wiederspenstige und
unverschämte Geschöpfe, daß sie aus der gering¬
sten Wohlthat eine Schuldigkeit machen, daß
sie nie zufrieden sind, immer klagen, immer
mehr haben wollen, als man ihnen zugestehn
kann; Allein sind wir nicht selbst, durch lange
fortgesetzte unedle Behandlung und Vernachläs¬
sigung ihrer Bildung, daran Schuld, daß nie¬
derträchtige Gesinnungen bey ihnen herrschend

wer¬
K 2

herziger Beamte ſeufzend, werden ſie des Le¬
bens nie froh, haben keinen Schatten von Frey¬
heit, kein ſicheres Eigenthum, und arbeiten
nicht fuͤr ſich und die Ihrigen, ſondern nur fuͤr
ihre Tyrannen.

Wen nun die Vorſehung in die gluͤckliche
Lage geſetzt hat, zur Erleichterung dieſer ſo ſehr
gedruͤckten und doch ſo wichtigen, ſo nuͤtzlichen
Menſchen-Claſſe etwas beytragen zu koͤnnen;
o! der ſchaffe ſich doch die ſuͤße Wonne, in den
kleinen Huͤtten der Landleute Freude zu verbrei¬
ten, und ſeinen Namen von Kindern und En¬
keln mit Segen genannt zu hoͤren!

Wohl freylich ſind die Bauern zum Theil
ſo hartnaͤckige, zaͤnkiſche, wiederſpenſtige und
unverſchaͤmte Geſchoͤpfe, daß ſie aus der gering¬
ſten Wohlthat eine Schuldigkeit machen, daß
ſie nie zufrieden ſind, immer klagen, immer
mehr haben wollen, als man ihnen zugeſtehn
kann; Allein ſind wir nicht ſelbſt, durch lange
fortgeſetzte unedle Behandlung und Vernachlaͤſ¬
ſigung ihrer Bildung, daran Schuld, daß nie¬
dertraͤchtige Geſinnungen bey ihnen herrſchend

wer¬
K 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0169" n="147"/>
herziger Beamte &#x017F;eufzend, werden &#x017F;ie des Le¬<lb/>
bens nie froh, haben keinen Schatten von Frey¬<lb/>
heit, kein &#x017F;icheres Eigenthum, und arbeiten<lb/>
nicht fu&#x0364;r &#x017F;ich und die Ihrigen, &#x017F;ondern nur fu&#x0364;r<lb/>
ihre Tyrannen.</p><lb/>
            <p>Wen nun die Vor&#x017F;ehung in die glu&#x0364;ckliche<lb/>
Lage ge&#x017F;etzt hat, zur Erleichterung die&#x017F;er &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
gedru&#x0364;ckten und doch &#x017F;o wichtigen, &#x017F;o nu&#x0364;tzlichen<lb/>
Men&#x017F;chen-Cla&#x017F;&#x017F;e etwas beytragen zu ko&#x0364;nnen;<lb/>
o! der &#x017F;chaffe &#x017F;ich doch die &#x017F;u&#x0364;ße Wonne, in den<lb/>
kleinen Hu&#x0364;tten der Landleute Freude zu verbrei¬<lb/>
ten, und &#x017F;einen Namen von Kindern und En¬<lb/>
keln mit Segen genannt zu ho&#x0364;ren!</p><lb/>
            <p>Wohl freylich &#x017F;ind die Bauern zum Theil<lb/>
&#x017F;o hartna&#x0364;ckige, za&#x0364;nki&#x017F;che, wieder&#x017F;pen&#x017F;tige und<lb/>
unver&#x017F;cha&#x0364;mte Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe, daß &#x017F;ie aus der gering¬<lb/>
&#x017F;ten Wohlthat eine Schuldigkeit machen, daß<lb/>
&#x017F;ie nie zufrieden &#x017F;ind, immer klagen, immer<lb/>
mehr haben wollen, als man ihnen zuge&#x017F;tehn<lb/>
kann; Allein &#x017F;ind wir nicht &#x017F;elb&#x017F;t, durch lange<lb/>
fortge&#x017F;etzte unedle Behandlung und Vernachla&#x0364;&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;igung ihrer Bildung, daran Schuld, daß nie¬<lb/>
dertra&#x0364;chtige Ge&#x017F;innungen bey ihnen herr&#x017F;chend<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 2<lb/></fw> <fw place="bottom" type="catch">wer¬<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0169] herziger Beamte ſeufzend, werden ſie des Le¬ bens nie froh, haben keinen Schatten von Frey¬ heit, kein ſicheres Eigenthum, und arbeiten nicht fuͤr ſich und die Ihrigen, ſondern nur fuͤr ihre Tyrannen. Wen nun die Vorſehung in die gluͤckliche Lage geſetzt hat, zur Erleichterung dieſer ſo ſehr gedruͤckten und doch ſo wichtigen, ſo nuͤtzlichen Menſchen-Claſſe etwas beytragen zu koͤnnen; o! der ſchaffe ſich doch die ſuͤße Wonne, in den kleinen Huͤtten der Landleute Freude zu verbrei¬ ten, und ſeinen Namen von Kindern und En¬ keln mit Segen genannt zu hoͤren! Wohl freylich ſind die Bauern zum Theil ſo hartnaͤckige, zaͤnkiſche, wiederſpenſtige und unverſchaͤmte Geſchoͤpfe, daß ſie aus der gering¬ ſten Wohlthat eine Schuldigkeit machen, daß ſie nie zufrieden ſind, immer klagen, immer mehr haben wollen, als man ihnen zugeſtehn kann; Allein ſind wir nicht ſelbſt, durch lange fortgeſetzte unedle Behandlung und Vernachlaͤſ¬ ſigung ihrer Bildung, daran Schuld, daß nie¬ dertraͤchtige Geſinnungen bey ihnen herrſchend wer¬ K 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/169
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/169>, abgerufen am 27.11.2024.