könnte immer so frey und offen handeln und al¬ les, was im Herzen vorgeht, vor jedermann sehn lassen; Besser wäre es, man dächte und redete nichts, als was man laut denken und re¬ den darf; Da dies indessen, besonders bey Män¬ nern, die in öffentlichen Aemtern stehen, oder sonst fremde Geheimnisse zu verwahren haben, nicht möglich ist; so muß man freylich vorsichtig in Mittheilung seiner Heimlichkeiten seyn.
Man findet Menschen, denen es schlechter¬ dings ohnmöglich ist, eine Sache zu verschwei¬ gen. Man sieht es ihnen an, wenn sie ängst¬ lich umherlaufen, daß sie etwas Neues tragen, und daß sie leiden, bis sie einem andern Plau¬ derer ihre Nachricht heiß mitgetheilt haben. Andern fehlt es zwar nicht an dem guten Wil¬ len, zu schweigen, wohl aber an der Klugheit, sich nicht durch Winke, Blicke oder auf andre Art zu verrathen, oder an der Festigkeit, sich nicht ausfragen zu lassen, oder sie haben eine zu gute Meinung von der Ehrlichkeit und Ver¬ schwiegenheit Derer, welchen sie sich anvertrauen -- Gegen alle Diese muß man verschlossen seyn.
Es
Q 2
koͤnnte immer ſo frey und offen handeln und al¬ les, was im Herzen vorgeht, vor jedermann ſehn laſſen; Beſſer waͤre es, man daͤchte und redete nichts, als was man laut denken und re¬ den darf; Da dies indeſſen, beſonders bey Maͤn¬ nern, die in oͤffentlichen Aemtern ſtehen, oder ſonſt fremde Geheimniſſe zu verwahren haben, nicht moͤglich iſt; ſo muß man freylich vorſichtig in Mittheilung ſeiner Heimlichkeiten ſeyn.
Man findet Menſchen, denen es ſchlechter¬ dings ohnmoͤglich iſt, eine Sache zu verſchwei¬ gen. Man ſieht es ihnen an, wenn ſie aͤngſt¬ lich umherlaufen, daß ſie etwas Neues tragen, und daß ſie leiden, bis ſie einem andern Plau¬ derer ihre Nachricht heiß mitgetheilt haben. Andern fehlt es zwar nicht an dem guten Wil¬ len, zu ſchweigen, wohl aber an der Klugheit, ſich nicht durch Winke, Blicke oder auf andre Art zu verrathen, oder an der Feſtigkeit, ſich nicht ausfragen zu laſſen, oder ſie haben eine zu gute Meinung von der Ehrlichkeit und Ver¬ ſchwiegenheit Derer, welchen ſie ſich anvertrauen — Gegen alle Dieſe muß man verſchloſſen ſeyn.
Es
Q 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0265"n="243"/>
koͤnnte immer ſo frey und offen handeln und al¬<lb/>
les, was im Herzen vorgeht, vor jedermann<lb/>ſehn laſſen; Beſſer waͤre es, man daͤchte und<lb/>
redete nichts, als was man laut denken und re¬<lb/>
den darf; Da dies indeſſen, beſonders bey Maͤn¬<lb/>
nern, die in oͤffentlichen Aemtern ſtehen, oder<lb/>ſonſt fremde Geheimniſſe zu verwahren haben,<lb/>
nicht moͤglich iſt; ſo muß man freylich vorſichtig<lb/>
in Mittheilung ſeiner Heimlichkeiten ſeyn.</p><lb/><p>Man findet Menſchen, denen es ſchlechter¬<lb/>
dings ohnmoͤglich iſt, eine Sache zu verſchwei¬<lb/>
gen. Man ſieht es ihnen an, wenn ſie aͤngſt¬<lb/>
lich umherlaufen, daß ſie etwas Neues tragen,<lb/>
und daß ſie leiden, bis ſie einem andern Plau¬<lb/>
derer ihre Nachricht heiß mitgetheilt haben.<lb/>
Andern fehlt es zwar nicht an dem guten Wil¬<lb/>
len, zu ſchweigen, wohl aber an der Klugheit,<lb/>ſich nicht durch Winke, Blicke oder auf andre<lb/>
Art zu verrathen, oder an der Feſtigkeit, ſich<lb/>
nicht ausfragen zu laſſen, oder ſie haben eine<lb/>
zu gute Meinung von der Ehrlichkeit und Ver¬<lb/>ſchwiegenheit Derer, welchen ſie ſich anvertrauen<lb/>— Gegen alle Dieſe muß man verſchloſſen ſeyn.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">Q 2<lb/></fw><fwplace="bottom"type="catch">Es<lb/></fw></div></div></div></body></text></TEI>
[243/0265]
koͤnnte immer ſo frey und offen handeln und al¬
les, was im Herzen vorgeht, vor jedermann
ſehn laſſen; Beſſer waͤre es, man daͤchte und
redete nichts, als was man laut denken und re¬
den darf; Da dies indeſſen, beſonders bey Maͤn¬
nern, die in oͤffentlichen Aemtern ſtehen, oder
ſonſt fremde Geheimniſſe zu verwahren haben,
nicht moͤglich iſt; ſo muß man freylich vorſichtig
in Mittheilung ſeiner Heimlichkeiten ſeyn.
Man findet Menſchen, denen es ſchlechter¬
dings ohnmoͤglich iſt, eine Sache zu verſchwei¬
gen. Man ſieht es ihnen an, wenn ſie aͤngſt¬
lich umherlaufen, daß ſie etwas Neues tragen,
und daß ſie leiden, bis ſie einem andern Plau¬
derer ihre Nachricht heiß mitgetheilt haben.
Andern fehlt es zwar nicht an dem guten Wil¬
len, zu ſchweigen, wohl aber an der Klugheit,
ſich nicht durch Winke, Blicke oder auf andre
Art zu verrathen, oder an der Feſtigkeit, ſich
nicht ausfragen zu laſſen, oder ſie haben eine
zu gute Meinung von der Ehrlichkeit und Ver¬
ſchwiegenheit Derer, welchen ſie ſich anvertrauen
— Gegen alle Dieſe muß man verſchloſſen ſeyn.
Es
Q 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/265>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.