Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

was man für sie gethan hat. Es bath mich
einmal der * * * von * * *, der sonst in
der That viel gute Eigenschaften hatte, ihm
ein Paar Aufsätze in französischer und teutscher
Sprache zu verfassen, die er bey einer gewissen
Gelegenheit öffentlich vorlesen wollte, um die
Gemüther zu lenken. "Es fehlt mir an Zeit,
"mein Lieber!" sagte er "sonst würde ich Sie
"nicht bemühn; doch, Sie sind auch in der¬
"gleichen Arbeiten geübter, als ich." Ich
wendete einige Stunden Fleiß und Anstrengung
daran, und als ich ihm das Ganze brachte,
drückte er mich an seine Brust, dankte mir un¬
ter vier Augen in den zärtlichsten, herablassend¬
sten Ausdrücken dafür, und schwur, sehr über¬
trieben: meine Arbeit sey ein Meisterstück von
Beredsamkeit. Kurz! er gebehrdete sich, als
wenn ich ihm den wichtigsten Dienst geleistet
hätte, bath mich aber, die Sache zu verschwei¬
gen, welches ich auch that. Nach ein Paar
Jahren kam ich des Morgens in * * * zu
ihm. Er erzählte mir allerley zu seinem eige¬
nen Lobe -- ich hörte demüthig zu -- "Und
"das alles" fuhr er fort "habe ich durch ein
"Paar Memoires bewürkt, die mir, ohne mich

"zu

was man fuͤr ſie gethan hat. Es bath mich
einmal der * * * von * * *, der ſonſt in
der That viel gute Eigenſchaften hatte, ihm
ein Paar Aufſaͤtze in franzoͤſiſcher und teutſcher
Sprache zu verfaſſen, die er bey einer gewiſſen
Gelegenheit oͤffentlich vorleſen wollte, um die
Gemuͤther zu lenken. „Es fehlt mir an Zeit,
„mein Lieber!“ ſagte er „ſonſt wuͤrde ich Sie
„nicht bemuͤhn; doch, Sie ſind auch in der¬
gleichen Arbeiten geuͤbter, als ich.“ Ich
wendete einige Stunden Fleiß und Anſtrengung
daran, und als ich ihm das Ganze brachte,
druͤckte er mich an ſeine Bruſt, dankte mir un¬
ter vier Augen in den zaͤrtlichſten, herablaſſend¬
ſten Ausdruͤcken dafuͤr, und ſchwur, ſehr uͤber¬
trieben: meine Arbeit ſey ein Meiſterſtuͤck von
Beredſamkeit. Kurz! er gebehrdete ſich, als
wenn ich ihm den wichtigſten Dienſt geleiſtet
haͤtte, bath mich aber, die Sache zu verſchwei¬
gen, welches ich auch that. Nach ein Paar
Jahren kam ich des Morgens in * * * zu
ihm. Er erzaͤhlte mir allerley zu ſeinem eige¬
nen Lobe — ich hoͤrte demuͤthig zu — „Und
„das alles“ fuhr er fort „habe ich durch ein
„Paar Memoires bewuͤrkt, die mir, ohne mich

„zu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0032" n="10"/>
was man fu&#x0364;r &#x017F;ie gethan hat. Es bath mich<lb/>
einmal der * * * von * * *, der &#x017F;on&#x017F;t in<lb/>
der That viel gute Eigen&#x017F;chaften hatte, ihm<lb/>
ein Paar Auf&#x017F;a&#x0364;tze in franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;cher und teut&#x017F;cher<lb/>
Sprache zu verfa&#x017F;&#x017F;en, die er bey einer gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Gelegenheit o&#x0364;ffentlich vorle&#x017F;en wollte, um die<lb/>
Gemu&#x0364;ther zu lenken. &#x201E;Es fehlt mir <hi rendition="#b">an Zeit,</hi><lb/>
&#x201E;mein Lieber!&#x201C; &#x017F;agte er &#x201E;&#x017F;on&#x017F;t wu&#x0364;rde ich Sie<lb/>
&#x201E;nicht bemu&#x0364;hn; doch, Sie &#x017F;ind auch <hi rendition="#b">in der</hi>¬<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#b">gleichen</hi> Arbeiten geu&#x0364;bter, als ich.&#x201C; Ich<lb/>
wendete einige Stunden Fleiß und An&#x017F;trengung<lb/>
daran, und als ich ihm das Ganze brachte,<lb/>
dru&#x0364;ckte er mich an &#x017F;eine Bru&#x017F;t, dankte mir un¬<lb/>
ter vier Augen in den za&#x0364;rtlich&#x017F;ten, herabla&#x017F;&#x017F;end¬<lb/>
&#x017F;ten Ausdru&#x0364;cken dafu&#x0364;r, und &#x017F;chwur, &#x017F;ehr u&#x0364;ber¬<lb/>
trieben: meine Arbeit &#x017F;ey ein Mei&#x017F;ter&#x017F;tu&#x0364;ck von<lb/>
Bered&#x017F;amkeit. Kurz! er gebehrdete &#x017F;ich, als<lb/>
wenn ich ihm den wichtig&#x017F;ten Dien&#x017F;t gelei&#x017F;tet<lb/>
ha&#x0364;tte, bath mich aber, die Sache zu ver&#x017F;chwei¬<lb/>
gen, welches ich auch that. Nach ein Paar<lb/>
Jahren kam ich des Morgens in * * * zu<lb/>
ihm. Er erza&#x0364;hlte mir allerley zu &#x017F;einem eige¬<lb/>
nen Lobe &#x2014; ich ho&#x0364;rte demu&#x0364;thig zu &#x2014; &#x201E;Und<lb/>
&#x201E;das alles&#x201C; fuhr er fort &#x201E;habe ich durch ein<lb/>
&#x201E;Paar <hi rendition="#aq">Memoires</hi> bewu&#x0364;rkt, die mir, ohne mich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;zu<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0032] was man fuͤr ſie gethan hat. Es bath mich einmal der * * * von * * *, der ſonſt in der That viel gute Eigenſchaften hatte, ihm ein Paar Aufſaͤtze in franzoͤſiſcher und teutſcher Sprache zu verfaſſen, die er bey einer gewiſſen Gelegenheit oͤffentlich vorleſen wollte, um die Gemuͤther zu lenken. „Es fehlt mir an Zeit, „mein Lieber!“ ſagte er „ſonſt wuͤrde ich Sie „nicht bemuͤhn; doch, Sie ſind auch in der¬ „gleichen Arbeiten geuͤbter, als ich.“ Ich wendete einige Stunden Fleiß und Anſtrengung daran, und als ich ihm das Ganze brachte, druͤckte er mich an ſeine Bruſt, dankte mir un¬ ter vier Augen in den zaͤrtlichſten, herablaſſend¬ ſten Ausdruͤcken dafuͤr, und ſchwur, ſehr uͤber¬ trieben: meine Arbeit ſey ein Meiſterſtuͤck von Beredſamkeit. Kurz! er gebehrdete ſich, als wenn ich ihm den wichtigſten Dienſt geleiſtet haͤtte, bath mich aber, die Sache zu verſchwei¬ gen, welches ich auch that. Nach ein Paar Jahren kam ich des Morgens in * * * zu ihm. Er erzaͤhlte mir allerley zu ſeinem eige¬ nen Lobe — ich hoͤrte demuͤthig zu — „Und „das alles“ fuhr er fort „habe ich durch ein „Paar Memoires bewuͤrkt, die mir, ohne mich „zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/32
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/32>, abgerufen am 09.11.2024.