bezaubert von unsern angenehmen Talenten, von unsern Kenntnissen, von unsrer Herzensgüte, von den glänzenden Vorzügen unsers Geistes, so lange wir mit allen diesen schönen Eigenschaf¬ ten nichts als höfliche Behandlung und Gefäl¬ ligkeit verdienen wollen, so lange wir als Fremde, als unabhängige Menschen niemand im Wege stehen, niemand verdunkeln; Aber viel genauer, strenger und unbilliger fängt man an uns zu beobachten und zu richten, wenn wir unsre Vor¬ züge im Staate gelten machen und die erlaubten Vortheile damit erringen wollen, worinn sich so gern die vornehmen Dummköpfe und deren Creaturen theilen. Am besten wird man von den Vornehmen und Reichen behandelt, wenn sie erkennen, daß man Ihrer gar nicht bedarf; wenn man ihnen dies auf seine Art zeigt, ohne sich dess laut zu rühmen; wenn ihnen im Ge¬ gentheil unsre Hülfe, unsre Einsicht unentbehrlich ist; wenn wir dabey nie die Bescheidenheit und äussere Huldigung ausser Augen setzen; wenn unser Scharfsinn, unsre größere Weisheit, unsre Festigkeit und Gradheit ihnen Ehrerbiethung einflößt, ohne daß sie uns eigentlich fürchten; wenn wir uns bitten, uns aufsuchen lassen, nicht
aber
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bezaubert von unſern angenehmen Talenten, von unſern Kenntniſſen, von unſrer Herzensguͤte, von den glaͤnzenden Vorzuͤgen unſers Geiſtes, ſo lange wir mit allen dieſen ſchoͤnen Eigenſchaf¬ ten nichts als hoͤfliche Behandlung und Gefaͤl¬ ligkeit verdienen wollen, ſo lange wir als Fremde, als unabhaͤngige Menſchen niemand im Wege ſtehen, niemand verdunkeln; Aber viel genauer, ſtrenger und unbilliger faͤngt man an uns zu beobachten und zu richten, wenn wir unſre Vor¬ zuͤge im Staate gelten machen und die erlaubten Vortheile damit erringen wollen, worinn ſich ſo gern die vornehmen Dummkoͤpfe und deren Creaturen theilen. Am beſten wird man von den Vornehmen und Reichen behandelt, wenn ſie erkennen, daß man Ihrer gar nicht bedarf; wenn man ihnen dies auf ſeine Art zeigt, ohne ſich deſſ laut zu ruͤhmen; wenn ihnen im Ge¬ gentheil unſre Huͤlfe, unſre Einſicht unentbehrlich iſt; wenn wir dabey nie die Beſcheidenheit und aͤuſſere Huldigung auſſer Augen ſetzen; wenn unſer Scharfſinn, unſre groͤßere Weisheit, unſre Feſtigkeit und Gradheit ihnen Ehrerbiethung einfloͤßt, ohne daß ſie uns eigentlich fuͤrchten; wenn wir uns bitten, uns aufſuchen laſſen, nicht
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bezaubert von unſern angenehmen Talenten, von
unſern Kenntniſſen, von unſrer Herzensguͤte,
von den glaͤnzenden Vorzuͤgen unſers Geiſtes,
ſo lange wir mit allen dieſen ſchoͤnen Eigenſchaf¬
ten nichts als hoͤfliche Behandlung und Gefaͤl¬
ligkeit verdienen wollen, ſo lange wir als Fremde,
als unabhaͤngige Menſchen niemand im Wege
ſtehen, niemand verdunkeln; Aber viel genauer,
ſtrenger und unbilliger faͤngt man an uns zu
beobachten und zu richten, wenn wir unſre Vor¬
zuͤge im Staate gelten machen und die erlaubten
Vortheile damit erringen wollen, worinn ſich
ſo gern die vornehmen Dummkoͤpfe und deren
Creaturen theilen. Am beſten wird man von
den Vornehmen und Reichen behandelt, wenn
ſie erkennen, daß man Ihrer gar nicht bedarf;
wenn man ihnen dies auf ſeine Art zeigt, ohne
ſich deſſ laut zu ruͤhmen; wenn ihnen im Ge¬
gentheil unſre Huͤlfe, unſre Einſicht unentbehrlich
iſt; wenn wir dabey nie die Beſcheidenheit und
aͤuſſere Huldigung auſſer Augen ſetzen; wenn
unſer Scharfſinn, unſre groͤßere Weisheit, unſre
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/43>, abgerufen am 21.11.2024.
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