hämisch nach den Pallästen der Glücklichern hin¬ unter; Wenn, bey grober Kost und dem Wasser¬ kruge, die süßen Düfte aus den Küchen und Kellern Derer, die im Ueberflusse leben, zu ih¬ nen hinaufsteigen; so reizt das ihre Nerven, er¬ regt ihre Galle; Es ärgert sie, daß ihre Glücks- Umstände ihnen nicht wie Jenen erlauben, ihre Leidenschaften zu befriedigen; Sie verwünschen den Mann im vergoldeten Wagen, den sie zu Fuße nicht einholen können, schimpfen auf den hartherzigen Mäcen, der nicht eben so überzeugt scheint von ihren großen Verdiensten, als sie selbst es sind, und fluchen auf das Geschick, welches die Güter der Erde so ungleich ausgetheilt hat. Da müssen es dann die armen Fürsten, Mini¬ ster, Edelleute und Reichen entgelten, die sie als Tirannen, Bösewichte, Thoren und hartherzige Unterdrücker alles dessen, was edel und gut ist, abschildern. Ein so fanatischer Eifer kann wohl nie mein Gehirn ergreifen. Selbst im Ueber¬ flusse und mit großen Erwartungen aufgewachsen, kenne ich recht gut die Vortheile und Nachtheile einer reichen und vornehmen Erziehung. Meine nachherigen Schicksale aber, mein Aufenthalt an Höfen und der Umgang mit Menschen aller
Art,
haͤmiſch nach den Pallaͤſten der Gluͤcklichern hin¬ unter; Wenn, bey grober Koſt und dem Waſſer¬ kruge, die ſuͤßen Duͤfte aus den Kuͤchen und Kellern Derer, die im Ueberfluſſe leben, zu ih¬ nen hinaufſteigen; ſo reizt das ihre Nerven, er¬ regt ihre Galle; Es aͤrgert ſie, daß ihre Gluͤcks- Umſtaͤnde ihnen nicht wie Jenen erlauben, ihre Leidenſchaften zu befriedigen; Sie verwuͤnſchen den Mann im vergoldeten Wagen, den ſie zu Fuße nicht einholen koͤnnen, ſchimpfen auf den hartherzigen Maͤcen, der nicht eben ſo uͤberzeugt ſcheint von ihren großen Verdienſten, als ſie ſelbſt es ſind, und fluchen auf das Geſchick, welches die Guͤter der Erde ſo ungleich ausgetheilt hat. Da muͤſſen es dann die armen Fuͤrſten, Mini¬ ſter, Edelleute und Reichen entgelten, die ſie als Tirannen, Boͤſewichte, Thoren und hartherzige Unterdruͤcker alles deſſen, was edel und gut iſt, abſchildern. Ein ſo fanatiſcher Eifer kann wohl nie mein Gehirn ergreifen. Selbſt im Ueber¬ fluſſe und mit großen Erwartungen aufgewachſen, kenne ich recht gut die Vortheile und Nachtheile einer reichen und vornehmen Erziehung. Meine nachherigen Schickſale aber, mein Aufenthalt an Hoͤfen und der Umgang mit Menſchen aller
Art,
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haͤmiſch nach den Pallaͤſten der Gluͤcklichern hin¬
unter; Wenn, bey grober Koſt und dem Waſſer¬
kruge, die ſuͤßen Duͤfte aus den Kuͤchen und
Kellern Derer, die im Ueberfluſſe leben, zu ih¬
nen hinaufſteigen; ſo reizt das ihre Nerven, er¬
regt ihre Galle; Es aͤrgert ſie, daß ihre Gluͤcks-
Umſtaͤnde ihnen nicht wie Jenen erlauben, ihre
Leidenſchaften zu befriedigen; Sie verwuͤnſchen
den Mann im vergoldeten Wagen, den ſie zu
Fuße nicht einholen koͤnnen, ſchimpfen auf den
hartherzigen Maͤcen, der nicht eben ſo uͤberzeugt
ſcheint von ihren großen Verdienſten, als ſie ſelbſt
es ſind, und fluchen auf das Geſchick, welches
die Guͤter der Erde ſo ungleich ausgetheilt hat.
Da muͤſſen es dann die armen Fuͤrſten, Mini¬
ſter, Edelleute und Reichen entgelten, die ſie als
Tirannen, Boͤſewichte, Thoren und hartherzige
Unterdruͤcker alles deſſen, was edel und gut iſt,
abſchildern. Ein ſo fanatiſcher Eifer kann wohl
nie mein Gehirn ergreifen. Selbſt im Ueber¬
fluſſe und mit großen Erwartungen aufgewachſen,
kenne ich recht gut die Vortheile und Nachtheile
einer reichen und vornehmen Erziehung. Meine
nachherigen Schickſale aber, mein Aufenthalt
an Hoͤfen und der Umgang mit Menſchen aller
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/51>, abgerufen am 09.11.2024.
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