Triumpf für einen faden Hofschranzen, als wenn er den Mann von entschiedenem Werthe, dessen Uebergewicht er heimlich fühlt, demüthigen, ihn auf einen Mangel an conventioneller feinen Le¬ bensart ertappen und, durch die Art wie er dies bemerken macht, oder dadurch, daß er mit ihm in einer Sprache, oder über Gegenstände redet, wovon er nichts versteht, es dahin bringen kann, daß Jener verwirrt wird und sich in schiefem Lichte zeigt! Kein größerer Triumpf für die petitte Maitresse, als wenn sie eine redliche Frau, voll wahrer innerer und äusserer Vorzüge und Würde, in einer Gesellschaft von Weltleuten von einer lächerlichen Seite darstellen kann! Das alles muß man erwarten, wenn man sich unter Menschen von dieser Classe mischt. Man muß sich dann nicht beunruhigen, wenn uns der¬ gleichen wiederfährt, und hinterher sich kein graues Haar darum wachsen lassen. Man hat sonst keinen friedlichen Augenblick, wird unauf¬ hörlich von tausend Leidenschaften, besonders von Ehrgeiz und Eitelkeit, in Aufruhr gebracht. Es giebt aber drey Mittel, allen diesen Unge¬ mächlichkeiten auszuweichen, indem man nem¬ lich entweder sich mit der großen Welt unbefan¬
gen
Triumpf fuͤr einen faden Hofſchranzen, als wenn er den Mann von entſchiedenem Werthe, deſſen Uebergewicht er heimlich fuͤhlt, demuͤthigen, ihn auf einen Mangel an conventioneller feinen Le¬ bensart ertappen und, durch die Art wie er dies bemerken macht, oder dadurch, daß er mit ihm in einer Sprache, oder uͤber Gegenſtaͤnde redet, wovon er nichts verſteht, es dahin bringen kann, daß Jener verwirrt wird und ſich in ſchiefem Lichte zeigt! Kein groͤßerer Triumpf fuͤr die petitte Maitreſſe, als wenn ſie eine redliche Frau, voll wahrer innerer und aͤuſſerer Vorzuͤge und Wuͤrde, in einer Geſellſchaft von Weltleuten von einer laͤcherlichen Seite darſtellen kann! Das alles muß man erwarten, wenn man ſich unter Menſchen von dieſer Claſſe miſcht. Man muß ſich dann nicht beunruhigen, wenn uns der¬ gleichen wiederfaͤhrt, und hinterher ſich kein graues Haar darum wachſen laſſen. Man hat ſonſt keinen friedlichen Augenblick, wird unauf¬ hoͤrlich von tauſend Leidenſchaften, beſonders von Ehrgeiz und Eitelkeit, in Aufruhr gebracht. Es giebt aber drey Mittel, allen dieſen Unge¬ maͤchlichkeiten auszuweichen, indem man nem¬ lich entweder ſich mit der großen Welt unbefan¬
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[44/0066]
Triumpf fuͤr einen faden Hofſchranzen, als wenn
er den Mann von entſchiedenem Werthe, deſſen
Uebergewicht er heimlich fuͤhlt, demuͤthigen, ihn
auf einen Mangel an conventioneller feinen Le¬
bensart ertappen und, durch die Art wie er dies
bemerken macht, oder dadurch, daß er mit ihm
in einer Sprache, oder uͤber Gegenſtaͤnde redet,
wovon er nichts verſteht, es dahin bringen kann,
daß Jener verwirrt wird und ſich in ſchiefem
Lichte zeigt! Kein groͤßerer Triumpf fuͤr die
petitte Maitreſſe, als wenn ſie eine redliche Frau,
voll wahrer innerer und aͤuſſerer Vorzuͤge und
Wuͤrde, in einer Geſellſchaft von Weltleuten von
einer laͤcherlichen Seite darſtellen kann! Das
alles muß man erwarten, wenn man ſich unter
Menſchen von dieſer Claſſe miſcht. Man muß
ſich dann nicht beunruhigen, wenn uns der¬
gleichen wiederfaͤhrt, und hinterher ſich kein
graues Haar darum wachſen laſſen. Man hat
ſonſt keinen friedlichen Augenblick, wird unauf¬
hoͤrlich von tauſend Leidenſchaften, beſonders
von Ehrgeiz und Eitelkeit, in Aufruhr gebracht.
Es giebt aber drey Mittel, allen dieſen Unge¬
maͤchlichkeiten auszuweichen, indem man nem¬
lich entweder ſich mit der großen Welt unbefan¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/66>, abgerufen am 09.11.2024.
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