Viertes Capittel.
Ueber den Umgang mit Gelehrten und
Künstlern.
1.
Wenn der Titel eines Gelehrten nicht heut zu
Tage so gemein würde, als der eines Gentel¬
mann in England; wenn man sich unter einem
Gelehrten immer nur einen Mann denken
dürfte, der seinen Geist durch wahrhaftig nütz¬
liche Kenntnisse ausgebildet, und diese Kennt¬
nisse zu Veredlung seines Herzens angewendet
hätte -- kurz! einen Mann, den Wissenschaf¬
ten und Künste zu einem weisern, bessern und
für das Wohl seiner Mitbürger thätigern Men¬
schen gemacht hätten; dann brauchte ich hier
kein Capittel über den Umgang mit solchen Leu¬
ten zu schreiben. Was bedarf es einer Vorschrift,
wie man mit dem Weisen und Edeln umgehn
soll? An seiner Seite zu horchen auf die Lehren,
die von seinen Lippen ströhmen; seine Augen
auf ihn gerichtet zu haben, um sein Beyspiel
die Richtschnur unsrer Handlungen seyn zu las¬
sen; die Wahrheit von ihm zu vernehmen, und
die¬
E 2
Viertes Capittel.
Ueber den Umgang mit Gelehrten und
Kuͤnſtlern.
1.
Wenn der Titel eines Gelehrten nicht heut zu
Tage ſo gemein wuͤrde, als der eines Gentel¬
mann in England; wenn man ſich unter einem
Gelehrten immer nur einen Mann denken
duͤrfte, der ſeinen Geiſt durch wahrhaftig nuͤtz¬
liche Kenntniſſe ausgebildet, und dieſe Kennt¬
niſſe zu Veredlung ſeines Herzens angewendet
haͤtte — kurz! einen Mann, den Wiſſenſchaf¬
ten und Kuͤnſte zu einem weiſern, beſſern und
fuͤr das Wohl ſeiner Mitbuͤrger thaͤtigern Men¬
ſchen gemacht haͤtten; dann brauchte ich hier
kein Capittel uͤber den Umgang mit ſolchen Leu¬
ten zu ſchreiben. Was bedarf es einer Vorſchrift,
wie man mit dem Weiſen und Edeln umgehn
ſoll? An ſeiner Seite zu horchen auf die Lehren,
die von ſeinen Lippen ſtroͤhmen; ſeine Augen
auf ihn gerichtet zu haben, um ſein Beyſpiel
die Richtſchnur unſrer Handlungen ſeyn zu laſ¬
ſen; die Wahrheit von ihm zu vernehmen, und
die¬
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Viertes Capittel.
Ueber den Umgang mit Gelehrten und
Kuͤnſtlern.
1.
Wenn der Titel eines Gelehrten nicht heut zu
Tage ſo gemein wuͤrde, als der eines Gentel¬
mann in England; wenn man ſich unter einem
Gelehrten immer nur einen Mann denken
duͤrfte, der ſeinen Geiſt durch wahrhaftig nuͤtz¬
liche Kenntniſſe ausgebildet, und dieſe Kennt¬
niſſe zu Veredlung ſeines Herzens angewendet
haͤtte — kurz! einen Mann, den Wiſſenſchaf¬
ten und Kuͤnſte zu einem weiſern, beſſern und
fuͤr das Wohl ſeiner Mitbuͤrger thaͤtigern Men¬
ſchen gemacht haͤtten; dann brauchte ich hier
kein Capittel uͤber den Umgang mit ſolchen Leu¬
ten zu ſchreiben. Was bedarf es einer Vorſchrift,
wie man mit dem Weiſen und Edeln umgehn
ſoll? An ſeiner Seite zu horchen auf die Lehren,
die von ſeinen Lippen ſtroͤhmen; ſeine Augen
auf ihn gerichtet zu haben, um ſein Beyſpiel
die Richtſchnur unſrer Handlungen ſeyn zu laſ¬
ſen; die Wahrheit von ihm zu vernehmen, und
die¬
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