aus seinen Schriften; den Fünften behagt äussere ausgezeichnete Ehrerbiethung wenn auch von seiner Autorschaft nicht ausdrücklich Erwähnung geschieht, und ein Sechster endlich -- es sey mir erlaubt, neben Diesem mein Plätzgen zu neh¬ men! -- begnügt sich, wenn die wenigen Edeln ihm die Gerechtigkeit wiederfahren lassen, zu glauben, daß es ihm wenigstens um Wahrheit und Tugend zu thun sey, daß er nichts geschrie¬ ben habe, dessen sein Herz sich zu schämen brauchte, und daß, wenn seine Werke keine Mei¬ sterstücke sind, sie sich doch auch nicht ausschlie߬ lich zu Rosinen-Düten qualificieren.
4.
Lustig, anzusehn aber ist es, wenn zwey Schriftsteller sich einander mündlich oder schrift¬ lich loben und preisen, vortheilhafte Rezensionen gegenseitig erschleichen, sich bey lebendigem Leibe einbalsamieren, und sich eine glänzende Ewig¬ keit zusichern. Ueberhaupt mag ich wohl ein ruhiger Zuschauer seyn, wenn ein Paar Leute zusammen kommen, die gern von einander be¬ wundert werden mögten, oder die sehr viel Gu¬ tes von einander gehört haben. Wie sie sich
dre¬
aus ſeinen Schriften; den Fuͤnften behagt aͤuſſere ausgezeichnete Ehrerbiethung wenn auch von ſeiner Autorſchaft nicht ausdruͤcklich Erwaͤhnung geſchieht, und ein Sechſter endlich — es ſey mir erlaubt, neben Dieſem mein Plaͤtzgen zu neh¬ men! — begnuͤgt ſich, wenn die wenigen Edeln ihm die Gerechtigkeit wiederfahren laſſen, zu glauben, daß es ihm wenigſtens um Wahrheit und Tugend zu thun ſey, daß er nichts geſchrie¬ ben habe, deſſen ſein Herz ſich zu ſchaͤmen brauchte, und daß, wenn ſeine Werke keine Mei¬ ſterſtuͤcke ſind, ſie ſich doch auch nicht ausſchlie߬ lich zu Roſinen-Duͤten qualificieren.
4.
Luſtig, anzuſehn aber iſt es, wenn zwey Schriftſteller ſich einander muͤndlich oder ſchrift¬ lich loben und preiſen, vortheilhafte Rezenſionen gegenſeitig erſchleichen, ſich bey lebendigem Leibe einbalſamieren, und ſich eine glaͤnzende Ewig¬ keit zuſichern. Ueberhaupt mag ich wohl ein ruhiger Zuſchauer ſeyn, wenn ein Paar Leute zuſammen kommen, die gern von einander be¬ wundert werden moͤgten, oder die ſehr viel Gu¬ tes von einander gehoͤrt haben. Wie ſie ſich
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aus ſeinen Schriften; den Fuͤnften behagt aͤuſſere
ausgezeichnete Ehrerbiethung wenn auch von
ſeiner Autorſchaft nicht ausdruͤcklich Erwaͤhnung
geſchieht, und ein Sechſter endlich — es ſey mir
erlaubt, neben Dieſem mein Plaͤtzgen zu neh¬
men! — begnuͤgt ſich, wenn die wenigen Edeln
ihm die Gerechtigkeit wiederfahren laſſen, zu
glauben, daß es ihm wenigſtens um Wahrheit
und Tugend zu thun ſey, daß er nichts geſchrie¬
ben habe, deſſen ſein Herz ſich zu ſchaͤmen
brauchte, und daß, wenn ſeine Werke keine Mei¬
ſterſtuͤcke ſind, ſie ſich doch auch nicht ausſchlie߬
lich zu Roſinen-Duͤten qualificieren.
4.
Luſtig, anzuſehn aber iſt es, wenn zwey
Schriftſteller ſich einander muͤndlich oder ſchrift¬
lich loben und preiſen, vortheilhafte Rezenſionen
gegenſeitig erſchleichen, ſich bey lebendigem Leibe
einbalſamieren, und ſich eine glaͤnzende Ewig¬
keit zuſichern. Ueberhaupt mag ich wohl ein
ruhiger Zuſchauer ſeyn, wenn ein Paar Leute
zuſammen kommen, die gern von einander be¬
wundert werden moͤgten, oder die ſehr viel Gu¬
tes von einander gehoͤrt haben. Wie ſie ſich
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/98>, abgerufen am 09.11.2024.
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