wegen kleiner Vergehungen blutrünstig schlagen. Besonders zeichnen sich die Schreiber und Aufseher der Landwirtschaft durch ein solches tirannisches Betragen aus. Auf einem adelichen Gute in P -- -- lebte auch ein solcher schlechter Kerl, der durch seine unmenschliche Härte alles in Furcht sezte, wer nicht vor ihm im Staube kroch, den mishandelte er, und es läßt sich keine Art von morgenländischen Despotismus gedenken, den er nicht in dem kleinen Bezirk seiner Herrschaft ausgeübt hätte. Bei der Guts- herrschaft war es ein Gesez, daß der Bauer niemalen Recht habe, und so waren alle an- gebrachte Klagen fruchtlos, und der kleine Ti- rann sezte alles in Furcht und Schrekken. Lange hatte er gewütet, manchem seine gesunde Glied- massen verstümmelt, manchem langwierige Krank- heiten zugezogen, bis endlich ein paar rüstige junge Burschen, da er im Felde auf sie losschlug, über ihn herfielen, und ihn so behandelten, daß er mit dem Tode rang, und ein ganzes Jahr unter den Händen des Wundarzts zubrachte. Die Thäter entwichen über die Grenze, nahmen Handgeld, und wurden Soldaten des benach- barten Fürsten. So verlor also der Staat zween
wegen kleiner Vergehungen blutruͤnſtig ſchlagen. Beſonders zeichnen ſich die Schreiber und Aufſeher der Landwirtſchaft durch ein ſolches tiranniſches Betragen aus. Auf einem adelichen Gute in P — — lebte auch ein ſolcher ſchlechter Kerl, der durch ſeine unmenſchliche Haͤrte alles in Furcht ſezte, wer nicht vor ihm im Staube kroch, den mishandelte er, und es laͤßt ſich keine Art von morgenlaͤndiſchen Despotismus gedenken, den er nicht in dem kleinen Bezirk ſeiner Herrſchaft ausgeuͤbt haͤtte. Bei der Guts- herrſchaft war es ein Geſez, daß der Bauer niemalen Recht habe, und ſo waren alle an- gebrachte Klagen fruchtlos, und der kleine Ti- rann ſezte alles in Furcht und Schrekken. Lange hatte er gewuͤtet, manchem ſeine geſunde Glied- maſſen verſtuͤmmelt, manchem langwierige Krank- heiten zugezogen, bis endlich ein paar ruͤſtige junge Burſchen, da er im Felde auf ſie losſchlug, uͤber ihn herfielen, und ihn ſo behandelten, daß er mit dem Tode rang, und ein ganzes Jahr unter den Haͤnden des Wundarzts zubrachte. Die Thaͤter entwichen uͤber die Grenze, nahmen Handgeld, und wurden Soldaten des benach- barten Fuͤrſten. So verlor alſo der Staat zween
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0163"n="155"/>
wegen kleiner Vergehungen blutruͤnſtig ſchlagen.<lb/>
Beſonders zeichnen ſich die <hirendition="#fr">Schreiber</hi> und<lb/><hirendition="#fr">Aufſeher</hi> der <hirendition="#fr">Landwirtſchaft</hi> durch ein ſolches<lb/>
tiranniſches Betragen aus. Auf einem adelichen<lb/>
Gute in P —— lebte auch ein ſolcher ſchlechter<lb/>
Kerl, der durch ſeine unmenſchliche Haͤrte alles<lb/>
in Furcht ſezte, wer nicht vor ihm im Staube<lb/>
kroch, den mishandelte er, und es laͤßt ſich<lb/>
keine Art von morgenlaͤndiſchen Despotismus<lb/>
gedenken, den er nicht in dem kleinen Bezirk<lb/>ſeiner Herrſchaft ausgeuͤbt haͤtte. Bei der Guts-<lb/>
herrſchaft war es ein Geſez, daß der Bauer<lb/>
niemalen Recht habe, und ſo waren alle an-<lb/>
gebrachte Klagen fruchtlos, und der kleine Ti-<lb/>
rann ſezte alles in Furcht und Schrekken. Lange<lb/>
hatte er gewuͤtet, manchem ſeine geſunde Glied-<lb/>
maſſen verſtuͤmmelt, manchem langwierige Krank-<lb/>
heiten zugezogen, bis endlich ein paar ruͤſtige<lb/>
junge Burſchen, da er im Felde auf ſie losſchlug,<lb/>
uͤber ihn herfielen, und ihn ſo behandelten, daß<lb/>
er mit dem Tode rang, und ein ganzes Jahr<lb/>
unter den Haͤnden des Wundarzts zubrachte.<lb/>
Die Thaͤter entwichen uͤber die Grenze, nahmen<lb/>
Handgeld, und wurden Soldaten des benach-<lb/>
barten Fuͤrſten. So verlor alſo der Staat zween<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[155/0163]
wegen kleiner Vergehungen blutruͤnſtig ſchlagen.
Beſonders zeichnen ſich die Schreiber und
Aufſeher der Landwirtſchaft durch ein ſolches
tiranniſches Betragen aus. Auf einem adelichen
Gute in P — — lebte auch ein ſolcher ſchlechter
Kerl, der durch ſeine unmenſchliche Haͤrte alles
in Furcht ſezte, wer nicht vor ihm im Staube
kroch, den mishandelte er, und es laͤßt ſich
keine Art von morgenlaͤndiſchen Despotismus
gedenken, den er nicht in dem kleinen Bezirk
ſeiner Herrſchaft ausgeuͤbt haͤtte. Bei der Guts-
herrſchaft war es ein Geſez, daß der Bauer
niemalen Recht habe, und ſo waren alle an-
gebrachte Klagen fruchtlos, und der kleine Ti-
rann ſezte alles in Furcht und Schrekken. Lange
hatte er gewuͤtet, manchem ſeine geſunde Glied-
maſſen verſtuͤmmelt, manchem langwierige Krank-
heiten zugezogen, bis endlich ein paar ruͤſtige
junge Burſchen, da er im Felde auf ſie losſchlug,
uͤber ihn herfielen, und ihn ſo behandelten, daß
er mit dem Tode rang, und ein ganzes Jahr
unter den Haͤnden des Wundarzts zubrachte.
Die Thaͤter entwichen uͤber die Grenze, nahmen
Handgeld, und wurden Soldaten des benach-
barten Fuͤrſten. So verlor alſo der Staat zween
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/163>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.