der Natur, wenn wir frühe den Körper verwol- lüstigen, und als träge, und an Seel und Leib entkräftete Menschen in Gottes schöner Welt um- her schlendern? Was helfen die rauschenden Silberbäche, wenn ihr euch im Schlamm der Lüste wälzt -- was hilft der schmetternde Ton Philomelens, der von Thal zu Thal widerhallt, wenn ihr auf den verrätherischen Gesang einer Phryne lauschet -- was kann die Natur dafür, wenn ihr ihren weisen Planen entgegen arbeitet? wenn ihr ihre Gaben gering schäzzet, und die Perlen vor die Säue werft.
Jhr Freuden der Liebe! die ihr die Her- zen erwärmet, die ihr selbst eine Wildniß zu ei- nem Tempe umbildet -- jener Rausch der Seele, sich anzuschmiegen an ein edles Geschöpf, sich mit ihr zu verlieren in den unzähligen Ab- stuffungen der idealischen und wirklichen Welt, von ihrem Arm umschlungen, blühende Fluren zu durchirren, und auch unterm Strohdach beim schwarzen Brod, uud einer Schaale Wasser sich so glüklich träumen, daß man selbst eine Krone für nichts achten würde -- sagt, Sklaven eurer Lüste! habt ihr je das empfunden? werdet ihr es jemals empfinden, kann eure ohnmächtige
der Natur, wenn wir fruͤhe den Koͤrper verwol- luͤſtigen, und als traͤge, und an Seel und Leib entkraͤftete Menſchen in Gottes ſchoͤner Welt um- her ſchlendern? Was helfen die rauſchenden Silberbaͤche, wenn ihr euch im Schlamm der Luͤſte waͤlzt — was hilft der ſchmetternde Ton Philomelens, der von Thal zu Thal widerhallt, wenn ihr auf den verraͤtheriſchen Geſang einer Phryne lauſchet — was kann die Natur dafuͤr, wenn ihr ihren weiſen Planen entgegen arbeitet? wenn ihr ihre Gaben gering ſchaͤzzet, und die Perlen vor die Saͤue werft.
Jhr Freuden der Liebe! die ihr die Her- zen erwaͤrmet, die ihr ſelbſt eine Wildniß zu ei- nem Tempe umbildet — jener Rauſch der Seele, ſich anzuſchmiegen an ein edles Geſchoͤpf, ſich mit ihr zu verlieren in den unzaͤhligen Ab- ſtuffungen der idealiſchen und wirklichen Welt, von ihrem Arm umſchlungen, bluͤhende Fluren zu durchirren, und auch unterm Strohdach beim ſchwarzen Brod, uud einer Schaale Waſſer ſich ſo gluͤklich traͤumen, daß man ſelbſt eine Krone fuͤr nichts achten wuͤrde — ſagt, Sklaven eurer Luͤſte! habt ihr je das empfunden? werdet ihr es jemals empfinden, kann eure ohnmaͤchtige
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der Natur, wenn wir fruͤhe den Koͤrper verwol-
luͤſtigen, und als traͤge, und an Seel und Leib
entkraͤftete Menſchen in Gottes ſchoͤner Welt um-
her ſchlendern? Was helfen die rauſchenden
Silberbaͤche, wenn ihr euch im Schlamm der
Luͤſte waͤlzt — was hilft der ſchmetternde Ton
Philomelens, der von Thal zu Thal widerhallt,
wenn ihr auf den verraͤtheriſchen Geſang einer
Phryne lauſchet — was kann die Natur dafuͤr,
wenn ihr ihren weiſen Planen entgegen arbeitet?
wenn ihr ihre Gaben gering ſchaͤzzet, und die
Perlen vor die Saͤue werft.
Jhr Freuden der Liebe! die ihr die Her-
zen erwaͤrmet, die ihr ſelbſt eine Wildniß zu ei-
nem Tempe umbildet — jener Rauſch der
Seele, ſich anzuſchmiegen an ein edles Geſchoͤpf,
ſich mit ihr zu verlieren in den unzaͤhligen Ab-
ſtuffungen der idealiſchen und wirklichen Welt,
von ihrem Arm umſchlungen, bluͤhende Fluren
zu durchirren, und auch unterm Strohdach beim
ſchwarzen Brod, uud einer Schaale Waſſer ſich
ſo gluͤklich traͤumen, daß man ſelbſt eine Krone
fuͤr nichts achten wuͤrde — ſagt, Sklaven eurer
Luͤſte! habt ihr je das empfunden? werdet ihr
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/231>, abgerufen am 27.11.2024.
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