gestehen, dessen ungeachtet ward meine That als überwiesen angenommen, alle meine Effekten fie- len dem Gericht anheim, und ich ward, aus be- sondern Gnaden, zu lebenswieriger Festungs- arbeit verurteilt.
Jch betheurte meine Unschuld, bat und flehte, rang die Hände und schluchzte, alles umsonst, ich muste karren und graben. Der Gram vertrok- nete meine Lebenssäfte, und die kärgliche Na- rung| entkräftete meine Gebeine. Jch lag viele Jahre auf dem Siechbette, und rang mit Tod und Leben. Jch hatte beinahe zehn Jahre in die- ser Behausung des Elends zugebracht, als mir meine Befreiung angekündigt ward. Mein Verfolger war seit kurzen an einer schmerzhaften Krankheit gestorben, und hatte sich als den Thä- ter des geraubten, und mich als ein unschul- diges Opfer angegeben. Man entdekte noch einen ansehnlicheu Defekt bei der Kasse, aber sein Nachlaß reichte nicht zu, ihn zu ersezzen, und also konnte ich keinen Ersaz meines Vermögens hof- fen. Man erkannte meine Unschuld, aber weiter nichts. Mein Vermögen war dahin, zehn Jahre hatte ich leiden und dulden müssen -- meine Kräfte waren erschöpft, ausgetroknet, meine
Lebens-
geſtehen, deſſen ungeachtet ward meine That als uͤberwieſen angenommen, alle meine Effekten fie- len dem Gericht anheim, und ich ward, aus be- ſondern Gnaden, zu lebenswieriger Feſtungs- arbeit verurteilt.
Jch betheurte meine Unſchuld, bat und flehte, rang die Haͤnde und ſchluchzte, alles umſonſt, ich muſte karren und graben. Der Gram vertrok- nete meine Lebensſaͤfte, und die kaͤrgliche Na- rung| entkraͤftete meine Gebeine. Jch lag viele Jahre auf dem Siechbette, und rang mit Tod und Leben. Jch hatte beinahe zehn Jahre in die- ſer Behauſung des Elends zugebracht, als mir meine Befreiung angekuͤndigt ward. Mein Verfolger war ſeit kurzen an einer ſchmerzhaften Krankheit geſtorben, und hatte ſich als den Thaͤ- ter des geraubten, und mich als ein unſchul- diges Opfer angegeben. Man entdekte noch einen anſehnlicheu Defekt bei der Kaſſe, aber ſein Nachlaß reichte nicht zu, ihn zu erſezzen, und alſo konnte ich keinen Erſaz meines Vermoͤgens hof- fen. Man erkannte meine Unſchuld, aber weiter nichts. Mein Vermoͤgen war dahin, zehn Jahre hatte ich leiden und dulden muͤſſen — meine Kraͤfte waren erſchoͤpft, ausgetroknet, meine
Lebens-
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geſtehen, deſſen ungeachtet ward meine That als
uͤberwieſen angenommen, alle meine Effekten fie-
len dem Gericht anheim, und ich ward, aus be-
ſondern Gnaden, zu lebenswieriger Feſtungs-
arbeit verurteilt.
Jch betheurte meine Unſchuld, bat und flehte,
rang die Haͤnde und ſchluchzte, alles umſonſt, ich
muſte karren und graben. Der Gram vertrok-
nete meine Lebensſaͤfte, und die kaͤrgliche Na-
rung| entkraͤftete meine Gebeine. Jch lag viele
Jahre auf dem Siechbette, und rang mit Tod
und Leben. Jch hatte beinahe zehn Jahre in die-
ſer Behauſung des Elends zugebracht, als mir
meine Befreiung angekuͤndigt ward. Mein
Verfolger war ſeit kurzen an einer ſchmerzhaften
Krankheit geſtorben, und hatte ſich als den Thaͤ-
ter des geraubten, und mich als ein unſchul-
diges Opfer angegeben. Man entdekte noch einen
anſehnlicheu Defekt bei der Kaſſe, aber ſein
Nachlaß reichte nicht zu, ihn zu erſezzen, und alſo
konnte ich keinen Erſaz meines Vermoͤgens hof-
fen. Man erkannte meine Unſchuld, aber
weiter nichts. Mein Vermoͤgen war dahin, zehn
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/292>, abgerufen am 22.11.2024.
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