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Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878.

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Künstliche Wundinfectionskrankheiten.
äusserst zierliche und regelmässige Mikrokokkenketten (Tafel III
Fig. 6), deren einzelne Elemente, wie sich aus Messungen längerer
Ketten berechnen lässt, einen Durchmesser von 0,5 Mikrm. be¬
sitzen. Dieselben lassen sich bis fast an die Basis des Ohrs ver¬
folgen und in dem ganzen Gebiet, das sie einnehmen, sind sämmt¬
liche Gewebe in erheblicher Weise verändert. So weit nämlich
die Mikrokokken reichen, ist kein rothes Blutkörperchen, keine
Kerne von Lymph- oder Bindegewebszellen mehr zu sehen. Selbst
die am meisten resistenten Knorpelzellen und die im Mauseohr
so reichlich vertretenen Plasmazellen, die sich ebenfalls durch
grosse Widerstandsfähigkeit auszeichnen, sind blass und kaum zu
erkennen. Sämmtliche Gewebsbestandtheile sehen so aus, als
wären sie mit Kalilauge behandelt; sie sind abgestorben, nekro¬
tisch geworden. Um so kräftiger entwickeln sich unter diesen
Verhältnissen die Bakterien. Die Mikrokokken dringen vielfach
in die verödeten Blut- und Lymphgefässe ein und füllen dieselben
stellenweise so aus, dass sie wie injicirt aussehen. Dazwischen
sieht man sehr deutlich, weil sie von keinen Kernen mehr ver¬
deckt werden, die Septikämiebacillen in kleinen Schwärmen, die
bisweilen so dicht werden, dass sie in ihrer Gestalt an die Pilz¬
figuren der geimpften Cornea erinnern. Während nun die Bacillen
bis zur Wurzel des Ohrs und darüber hinaus zu verfolgen sind,
im Blute sich ungeheuer vermehrt haben und das Thier schliess¬
lich tödten, sind die Mikrokokken in ihrer Verbreitung und dem
damit verbundenen Zerstörungsprocess bis zum Tode des Thieres,
also innerhalb ungefähr 50 Stunden, nur bis in die Nähe der Ohr¬
wurzel gedrungen. Die Grenze ihres Vordringens ist ganz scharf
bezeichnet, wie an einem Längsschnitt des Ohrs bei schwacher
(25facher) Vergrösserung sehr gut zu übersehen ist (Taf. I Fig. 5).
Der obere Theil (c), von der Spitze bis b ist nekrotisch. Die
grösseren dunklen, länglich- bis kreisrunden Stellen (d) sind Ge¬
fässquerschnitte mit Mikrokokkenmassen. Die diffus verbreiteten
Mikrokokkenketten sind natürlich bei dieser Vergrösserung nicht
zu sehen. Nur im unteren Viertel des nekrotischen Gebietes be¬
finden sich dichtere Gruppen, die sich als dunkle Pünktchen be¬
merklich machen. Dann tritt bei b mit einem Mal eine dicht
gehäufte Kernmasse, gewissermaassen als ein Wall gegen die Mi¬
krokokkeninvasion, auf und dies ist auch die Grenze bis zu der
noch Mikrokokken zu finden sind, selbst in den Blutgefässen
wuchern sie über diese Stelle nicht hinaus. Der Kernwall hat

Künstliche Wundinfectionskrankheiten.
äusserst zierliche und regelmässige Mikrokokkenketten (Tafel III
Fig. 6), deren einzelne Elemente, wie sich aus Messungen längerer
Ketten berechnen lässt, einen Durchmesser von 0,5 Mikrm. be¬
sitzen. Dieselben lassen sich bis fast an die Basis des Ohrs ver¬
folgen und in dem ganzen Gebiet, das sie einnehmen, sind sämmt¬
liche Gewebe in erheblicher Weise verändert. So weit nämlich
die Mikrokokken reichen, ist kein rothes Blutkörperchen, keine
Kerne von Lymph- oder Bindegewebszellen mehr zu sehen. Selbst
die am meisten resistenten Knorpelzellen und die im Mauseohr
so reichlich vertretenen Plasmazellen, die sich ebenfalls durch
grosse Widerstandsfähigkeit auszeichnen, sind blass und kaum zu
erkennen. Sämmtliche Gewebsbestandtheile sehen so aus, als
wären sie mit Kalilauge behandelt; sie sind abgestorben, nekro¬
tisch geworden. Um so kräftiger entwickeln sich unter diesen
Verhältnissen die Bakterien. Die Mikrokokken dringen vielfach
in die verödeten Blut- und Lymphgefässe ein und füllen dieselben
stellenweise so aus, dass sie wie injicirt aussehen. Dazwischen
sieht man sehr deutlich, weil sie von keinen Kernen mehr ver¬
deckt werden, die Septikämiebacillen in kleinen Schwärmen, die
bisweilen so dicht werden, dass sie in ihrer Gestalt an die Pilz¬
figuren der geimpften Cornea erinnern. Während nun die Bacillen
bis zur Wurzel des Ohrs und darüber hinaus zu verfolgen sind,
im Blute sich ungeheuer vermehrt haben und das Thier schliess¬
lich tödten, sind die Mikrokokken in ihrer Verbreitung und dem
damit verbundenen Zerstörungsprocess bis zum Tode des Thieres,
also innerhalb ungefähr 50 Stunden, nur bis in die Nähe der Ohr¬
wurzel gedrungen. Die Grenze ihres Vordringens ist ganz scharf
bezeichnet, wie an einem Längsschnitt des Ohrs bei schwacher
(25facher) Vergrösserung sehr gut zu übersehen ist (Taf. I Fig. 5).
Der obere Theil (c), von der Spitze bis b ist nekrotisch. Die
grösseren dunklen, länglich- bis kreisrunden Stellen (d) sind Ge¬
fässquerschnitte mit Mikrokokkenmassen. Die diffus verbreiteten
Mikrokokkenketten sind natürlich bei dieser Vergrösserung nicht
zu sehen. Nur im unteren Viertel des nekrotischen Gebietes be¬
finden sich dichtere Gruppen, die sich als dunkle Pünktchen be¬
merklich machen. Dann tritt bei b mit einem Mal eine dicht
gehäufte Kernmasse, gewissermaassen als ein Wall gegen die Mi¬
krokokkeninvasion, auf und dies ist auch die Grenze bis zu der
noch Mikrokokken zu finden sind, selbst in den Blutgefässen
wuchern sie über diese Stelle nicht hinaus. Der Kernwall hat

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[48/0058] Künstliche Wundinfectionskrankheiten. äusserst zierliche und regelmässige Mikrokokkenketten (Tafel III Fig. 6), deren einzelne Elemente, wie sich aus Messungen längerer Ketten berechnen lässt, einen Durchmesser von 0,5 Mikrm. be¬ sitzen. Dieselben lassen sich bis fast an die Basis des Ohrs ver¬ folgen und in dem ganzen Gebiet, das sie einnehmen, sind sämmt¬ liche Gewebe in erheblicher Weise verändert. So weit nämlich die Mikrokokken reichen, ist kein rothes Blutkörperchen, keine Kerne von Lymph- oder Bindegewebszellen mehr zu sehen. Selbst die am meisten resistenten Knorpelzellen und die im Mauseohr so reichlich vertretenen Plasmazellen, die sich ebenfalls durch grosse Widerstandsfähigkeit auszeichnen, sind blass und kaum zu erkennen. Sämmtliche Gewebsbestandtheile sehen so aus, als wären sie mit Kalilauge behandelt; sie sind abgestorben, nekro¬ tisch geworden. Um so kräftiger entwickeln sich unter diesen Verhältnissen die Bakterien. Die Mikrokokken dringen vielfach in die verödeten Blut- und Lymphgefässe ein und füllen dieselben stellenweise so aus, dass sie wie injicirt aussehen. Dazwischen sieht man sehr deutlich, weil sie von keinen Kernen mehr ver¬ deckt werden, die Septikämiebacillen in kleinen Schwärmen, die bisweilen so dicht werden, dass sie in ihrer Gestalt an die Pilz¬ figuren der geimpften Cornea erinnern. Während nun die Bacillen bis zur Wurzel des Ohrs und darüber hinaus zu verfolgen sind, im Blute sich ungeheuer vermehrt haben und das Thier schliess¬ lich tödten, sind die Mikrokokken in ihrer Verbreitung und dem damit verbundenen Zerstörungsprocess bis zum Tode des Thieres, also innerhalb ungefähr 50 Stunden, nur bis in die Nähe der Ohr¬ wurzel gedrungen. Die Grenze ihres Vordringens ist ganz scharf bezeichnet, wie an einem Längsschnitt des Ohrs bei schwacher (25facher) Vergrösserung sehr gut zu übersehen ist (Taf. I Fig. 5). Der obere Theil (c), von der Spitze bis b ist nekrotisch. Die grösseren dunklen, länglich- bis kreisrunden Stellen (d) sind Ge¬ fässquerschnitte mit Mikrokokkenmassen. Die diffus verbreiteten Mikrokokkenketten sind natürlich bei dieser Vergrösserung nicht zu sehen. Nur im unteren Viertel des nekrotischen Gebietes be¬ finden sich dichtere Gruppen, die sich als dunkle Pünktchen be¬ merklich machen. Dann tritt bei b mit einem Mal eine dicht gehäufte Kernmasse, gewissermaassen als ein Wall gegen die Mi¬ krokokkeninvasion, auf und dies ist auch die Grenze bis zu der noch Mikrokokken zu finden sind, selbst in den Blutgefässen wuchern sie über diese Stelle nicht hinaus. Der Kernwall hat

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Zitationshilfe: Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wundinfektionskrankheiten_1878/58>, abgerufen am 24.11.2024.