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Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878.

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5. Septicämie bei Kaninchen.
sich die vollkommenste Uebereinstimmung, wie sich leicht dar¬
legen lässt.

Zu den Infectionsversuchen wurde das Blut aus dem Herzen
genommen und es sind deswegen nur die Verhältnisse des in
grösseren Gefässen befindlichen Blutes zu berücksichtigen. Dieses
enthält, wie gezeigt wurde, reichlich Mikrokokken. Also der eine
Theil der Annahme, dass die inficirenden Formelemente Bakterien
seien, wäre damit erwiesen. Würden dieselben aber ihren Wachs¬
thumsprocess ebenso wie die Septicämie- und Milzbrandbacillen
im Blute vollziehen, dann müssten sie zu ungefähr ebenso grosser
Menge wie diese im Blutstrom heranwachsen und die Virulenz
des Blutes müsste eine weit bedeutendere sein, als wie sie gefun¬
den wurde. Wie wir gesehen haben, verhalten sich die Pyämie¬
mikrokokken in diesem Punkte aber anders als jene. Sobald sie
nämlich mit den rothen Blutkörperchen in Berührung kommen,
dieselben zum Zusammenkleben bringen und mehr oder weniger
grosse Gerinnsel im Blute bilden, können sie nicht mehr wie die
frei zwischen den rothen Blutkörperchen sich bewegenden Bacillen
durch die engsten Capillarnetze hindurch passiren, sondern bleiben
bald in grösseren, bald in kleineren Gefässen stecken. Es werden
gewiss von der Infectionsstelle aus immer neue Mikrokokken ein¬
dringen, auch von den kleinen Thromben und Embolien sich ein¬
zelne Mikrokokken ablösen und dem Blutstrome beimengen. Gleich¬
wohl kann ihre Gesammtmenge im strömenden Blute nicht über
eine gewisse Grenze hinausgehen, da sie immer wieder nach kurzer
Zeit irgendwo deponirt werden. So erklärt es sich sehr einfach,
dass die Menge der überhaupt im Körper des Versuchsthieres be¬
findlichen Mikrokokken immer mehr zunimmt und schliesslich,
auch abgesehen von den durch die Mikrokokken bedingten Cir¬
culationsstörungen, eine für das Thier tödtliche Höhe erreicht, dass
aber zugleich die Zahl der Mikrokokken in dem zur Weiterin¬
fection verwandten Herzblut eine ziemlich gleichmässige und so
niedrige ist, um bei tausendfacher Verdünnung in der Wirkung
unsicher zu werden.

5. Septicämie bei Kaninchen.

Eine Allgemeininfection anderer Art, die ohne Metastasen
bleibt und die ich deswegen als Septicämie im Gegensatz zu der
vorigen bezeichne, habe ich zweimal bei Kaninchen nach Ein¬
spritzung mit faulendem Fleischinfus erhalten. Dieses Infus ent¬

5. Septicämie bei Kaninchen.
sich die vollkommenste Uebereinstimmung, wie sich leicht dar¬
legen lässt.

Zu den Infectionsversuchen wurde das Blut aus dem Herzen
genommen und es sind deswegen nur die Verhältnisse des in
grösseren Gefässen befindlichen Blutes zu berücksichtigen. Dieses
enthält, wie gezeigt wurde, reichlich Mikrokokken. Also der eine
Theil der Annahme, dass die inficirenden Formelemente Bakterien
seien, wäre damit erwiesen. Würden dieselben aber ihren Wachs¬
thumsprocess ebenso wie die Septicämie- und Milzbrandbacillen
im Blute vollziehen, dann müssten sie zu ungefähr ebenso grosser
Menge wie diese im Blutstrom heranwachsen und die Virulenz
des Blutes müsste eine weit bedeutendere sein, als wie sie gefun¬
den wurde. Wie wir gesehen haben, verhalten sich die Pyämie¬
mikrokokken in diesem Punkte aber anders als jene. Sobald sie
nämlich mit den rothen Blutkörperchen in Berührung kommen,
dieselben zum Zusammenkleben bringen und mehr oder weniger
grosse Gerinnsel im Blute bilden, können sie nicht mehr wie die
frei zwischen den rothen Blutkörperchen sich bewegenden Bacillen
durch die engsten Capillarnetze hindurch passiren, sondern bleiben
bald in grösseren, bald in kleineren Gefässen stecken. Es werden
gewiss von der Infectionsstelle aus immer neue Mikrokokken ein¬
dringen, auch von den kleinen Thromben und Embolien sich ein¬
zelne Mikrokokken ablösen und dem Blutstrome beimengen. Gleich¬
wohl kann ihre Gesammtmenge im strömenden Blute nicht über
eine gewisse Grenze hinausgehen, da sie immer wieder nach kurzer
Zeit irgendwo deponirt werden. So erklärt es sich sehr einfach,
dass die Menge der überhaupt im Körper des Versuchsthieres be¬
findlichen Mikrokokken immer mehr zunimmt und schliesslich,
auch abgesehen von den durch die Mikrokokken bedingten Cir¬
culationsstörungen, eine für das Thier tödtliche Höhe erreicht, dass
aber zugleich die Zahl der Mikrokokken in dem zur Weiterin¬
fection verwandten Herzblut eine ziemlich gleichmässige und so
niedrige ist, um bei tausendfacher Verdünnung in der Wirkung
unsicher zu werden.

5. Septicämie bei Kaninchen.

Eine Allgemeininfection anderer Art, die ohne Metastasen
bleibt und die ich deswegen als Septicämie im Gegensatz zu der
vorigen bezeichne, habe ich zweimal bei Kaninchen nach Ein¬
spritzung mit faulendem Fleischinfus erhalten. Dieses Infus ent¬

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[59/0069] 5. Septicämie bei Kaninchen. sich die vollkommenste Uebereinstimmung, wie sich leicht dar¬ legen lässt. Zu den Infectionsversuchen wurde das Blut aus dem Herzen genommen und es sind deswegen nur die Verhältnisse des in grösseren Gefässen befindlichen Blutes zu berücksichtigen. Dieses enthält, wie gezeigt wurde, reichlich Mikrokokken. Also der eine Theil der Annahme, dass die inficirenden Formelemente Bakterien seien, wäre damit erwiesen. Würden dieselben aber ihren Wachs¬ thumsprocess ebenso wie die Septicämie- und Milzbrandbacillen im Blute vollziehen, dann müssten sie zu ungefähr ebenso grosser Menge wie diese im Blutstrom heranwachsen und die Virulenz des Blutes müsste eine weit bedeutendere sein, als wie sie gefun¬ den wurde. Wie wir gesehen haben, verhalten sich die Pyämie¬ mikrokokken in diesem Punkte aber anders als jene. Sobald sie nämlich mit den rothen Blutkörperchen in Berührung kommen, dieselben zum Zusammenkleben bringen und mehr oder weniger grosse Gerinnsel im Blute bilden, können sie nicht mehr wie die frei zwischen den rothen Blutkörperchen sich bewegenden Bacillen durch die engsten Capillarnetze hindurch passiren, sondern bleiben bald in grösseren, bald in kleineren Gefässen stecken. Es werden gewiss von der Infectionsstelle aus immer neue Mikrokokken ein¬ dringen, auch von den kleinen Thromben und Embolien sich ein¬ zelne Mikrokokken ablösen und dem Blutstrome beimengen. Gleich¬ wohl kann ihre Gesammtmenge im strömenden Blute nicht über eine gewisse Grenze hinausgehen, da sie immer wieder nach kurzer Zeit irgendwo deponirt werden. So erklärt es sich sehr einfach, dass die Menge der überhaupt im Körper des Versuchsthieres be¬ findlichen Mikrokokken immer mehr zunimmt und schliesslich, auch abgesehen von den durch die Mikrokokken bedingten Cir¬ culationsstörungen, eine für das Thier tödtliche Höhe erreicht, dass aber zugleich die Zahl der Mikrokokken in dem zur Weiterin¬ fection verwandten Herzblut eine ziemlich gleichmässige und so niedrige ist, um bei tausendfacher Verdünnung in der Wirkung unsicher zu werden. 5. Septicämie bei Kaninchen. Eine Allgemeininfection anderer Art, die ohne Metastasen bleibt und die ich deswegen als Septicämie im Gegensatz zu der vorigen bezeichne, habe ich zweimal bei Kaninchen nach Ein¬ spritzung mit faulendem Fleischinfus erhalten. Dieses Infus ent¬

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Zitationshilfe: Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wundinfektionskrankheiten_1878/69>, abgerufen am 24.11.2024.