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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Erste Bildung der Gefässe.
phalo-mesentericae und periphere Verästelungen sind, wie sie alle
nach demselben Plane sich anlegen, so auch alle anfänglich in ganz
gleicher Weise aus einer einschichtigen zelligen Wand gebildet, und
bemerkt man von eigentlichen Capillaren in diesem Stadium noch
keine Spur. Im scheinbaren Profile gesehen zeigt ein solches primi-
tives Gefäss eine einfache Lage von Zellen, deren innerer Theil halb-
kugelig in das Lumen vorspringt; von der Fläche betrachtet er-
scheint die Gefässwand wie eine Mosaik, wie ein einfaches Pflaster-
epithel.

Nachdem die ersten Blutgefässe einmal angelegt sind, vermeh-Weiterbildung
der ersten Ge-
fässe.

ren sich dieselben, wie es scheint, in doppelter Weise: erstens da-
durch, dass zwischen den vorhandenen Netzen neue, solide, aus
Zellen zusammengesetzte Cylinder auftreten, von denen manche nach
Remak nur aus zwei Zellenreihen bestehen und die nachher hohl
werden, und dann zweitens in der Art, dass einzelne schon gebil-
dete Blutgefässe durch feine Ausläufer sich mit einander verbinden,
die, anfangs kaum stärker als eine Bindegewebsfibrille, nach und
nach sich erweitern, und nachdem sie für die Blutzellen durchgän-
gig geworden, ganz den Bau der später auftretenden Capillaren zei-
gen. Die Entstehungsweise dieser Gefässe ist von Remak nicht auf-
geklärt worden, es ist jedoch wahrscheinlich, dass dieselben nach
Art der wirklichen Capillaren durch Verschmelzung von einfachen
Zellen oder auch dadurch zu Stande kommen, dass Auswüchse der
Zellen benachbarter Gefässe auf einander stossen, sich vereinigen
und in zweiter Linie zu einem Kanal sich erweitern, der auch mit
dem Lumen der betreffenden Gefässe sich in Verbindung setzt, indem
die Wandungen der durch Sprossen vereinigten Zellen nach dieser
Seite vergehen.

Dunkler und heller Fruchthof verhalten sich beim Hühnchen inBedeutung des
Fruchthofes für
die Bildung der
Gefässe und
Blutzellen.

Bezug auf Gefässbildung ganz gleich, nicht aber in Bezug auf die
Bildung der Blutzellen. Nicht nur färben sich im Bereiche des dunk-
len Fruchthofes die centralen Zellen der Gefässanlagen früher als im
hellen Hofe, sondern es scheint auch, wenigstens nach Remak's Mit-
theilungen, in diesem letztern überhaupt keine erhebliche Bildung
von Blutzellen stattzufinden, daher er den dunklen Fruchthof statt
Gefässhof, Area vasculosa, wie man ihn genannt hat, lie-
ber als Bluthof, Area sanguinea, bezeichnen möchte. Nach
dem, was ich über diese Verhältnisse gesehen habe, möchte ich
glauben, dass eine Blutzellenbildung auch im hellen Fruchthofe statt

Erste Bildung der Gefässe.
phalo-mesentericae und periphere Verästelungen sind, wie sie alle
nach demselben Plane sich anlegen, so auch alle anfänglich in ganz
gleicher Weise aus einer einschichtigen zelligen Wand gebildet, und
bemerkt man von eigentlichen Capillaren in diesem Stadium noch
keine Spur. Im scheinbaren Profile gesehen zeigt ein solches primi-
tives Gefäss eine einfache Lage von Zellen, deren innerer Theil halb-
kugelig in das Lumen vorspringt; von der Fläche betrachtet er-
scheint die Gefässwand wie eine Mosaik, wie ein einfaches Pflaster-
epithel.

Nachdem die ersten Blutgefässe einmal angelegt sind, vermeh-Weiterbildung
der ersten Ge-
fässe.

ren sich dieselben, wie es scheint, in doppelter Weise: erstens da-
durch, dass zwischen den vorhandenen Netzen neue, solide, aus
Zellen zusammengesetzte Cylinder auftreten, von denen manche nach
Remak nur aus zwei Zellenreihen bestehen und die nachher hohl
werden, und dann zweitens in der Art, dass einzelne schon gebil-
dete Blutgefässe durch feine Ausläufer sich mit einander verbinden,
die, anfangs kaum stärker als eine Bindegewebsfibrille, nach und
nach sich erweitern, und nachdem sie für die Blutzellen durchgän-
gig geworden, ganz den Bau der später auftretenden Capillaren zei-
gen. Die Entstehungsweise dieser Gefässe ist von Remak nicht auf-
geklärt worden, es ist jedoch wahrscheinlich, dass dieselben nach
Art der wirklichen Capillaren durch Verschmelzung von einfachen
Zellen oder auch dadurch zu Stande kommen, dass Auswüchse der
Zellen benachbarter Gefässe auf einander stossen, sich vereinigen
und in zweiter Linie zu einem Kanal sich erweitern, der auch mit
dem Lumen der betreffenden Gefässe sich in Verbindung setzt, indem
die Wandungen der durch Sprossen vereinigten Zellen nach dieser
Seite vergehen.

Dunkler und heller Fruchthof verhalten sich beim Hühnchen inBedeutung des
Fruchthofes für
die Bildung der
Gefässe und
Blutzellen.

Bezug auf Gefässbildung ganz gleich, nicht aber in Bezug auf die
Bildung der Blutzellen. Nicht nur färben sich im Bereiche des dunk-
len Fruchthofes die centralen Zellen der Gefässanlagen früher als im
hellen Hofe, sondern es scheint auch, wenigstens nach Remak’s Mit-
theilungen, in diesem letztern überhaupt keine erhebliche Bildung
von Blutzellen stattzufinden, daher er den dunklen Fruchthof statt
Gefässhof, Area vasculosa, wie man ihn genannt hat, lie-
ber als Bluthof, Area sanguinea, bezeichnen möchte. Nach
dem, was ich über diese Verhältnisse gesehen habe, möchte ich
glauben, dass eine Blutzellenbildung auch im hellen Fruchthofe statt

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[89/0105] Erste Bildung der Gefässe. phalo-mesentericae und periphere Verästelungen sind, wie sie alle nach demselben Plane sich anlegen, so auch alle anfänglich in ganz gleicher Weise aus einer einschichtigen zelligen Wand gebildet, und bemerkt man von eigentlichen Capillaren in diesem Stadium noch keine Spur. Im scheinbaren Profile gesehen zeigt ein solches primi- tives Gefäss eine einfache Lage von Zellen, deren innerer Theil halb- kugelig in das Lumen vorspringt; von der Fläche betrachtet er- scheint die Gefässwand wie eine Mosaik, wie ein einfaches Pflaster- epithel. Nachdem die ersten Blutgefässe einmal angelegt sind, vermeh- ren sich dieselben, wie es scheint, in doppelter Weise: erstens da- durch, dass zwischen den vorhandenen Netzen neue, solide, aus Zellen zusammengesetzte Cylinder auftreten, von denen manche nach Remak nur aus zwei Zellenreihen bestehen und die nachher hohl werden, und dann zweitens in der Art, dass einzelne schon gebil- dete Blutgefässe durch feine Ausläufer sich mit einander verbinden, die, anfangs kaum stärker als eine Bindegewebsfibrille, nach und nach sich erweitern, und nachdem sie für die Blutzellen durchgän- gig geworden, ganz den Bau der später auftretenden Capillaren zei- gen. Die Entstehungsweise dieser Gefässe ist von Remak nicht auf- geklärt worden, es ist jedoch wahrscheinlich, dass dieselben nach Art der wirklichen Capillaren durch Verschmelzung von einfachen Zellen oder auch dadurch zu Stande kommen, dass Auswüchse der Zellen benachbarter Gefässe auf einander stossen, sich vereinigen und in zweiter Linie zu einem Kanal sich erweitern, der auch mit dem Lumen der betreffenden Gefässe sich in Verbindung setzt, indem die Wandungen der durch Sprossen vereinigten Zellen nach dieser Seite vergehen. Weiterbildung der ersten Ge- fässe. Dunkler und heller Fruchthof verhalten sich beim Hühnchen in Bezug auf Gefässbildung ganz gleich, nicht aber in Bezug auf die Bildung der Blutzellen. Nicht nur färben sich im Bereiche des dunk- len Fruchthofes die centralen Zellen der Gefässanlagen früher als im hellen Hofe, sondern es scheint auch, wenigstens nach Remak’s Mit- theilungen, in diesem letztern überhaupt keine erhebliche Bildung von Blutzellen stattzufinden, daher er den dunklen Fruchthof statt Gefässhof, Area vasculosa, wie man ihn genannt hat, lie- ber als Bluthof, Area sanguinea, bezeichnen möchte. Nach dem, was ich über diese Verhältnisse gesehen habe, möchte ich glauben, dass eine Blutzellenbildung auch im hellen Fruchthofe statt Bedeutung des Fruchthofes für die Bildung der Gefässe und Blutzellen.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/105>, abgerufen am 24.11.2024.