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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Amnios.

Die weiteren Schicksale des Amnios sollen später im Zusam-Erklärung der
Bildung des
Amnios.

menhange mit den letzten Veränderungen der übrigen fötalen Eihül-
len besprochen werden, dagegen will ich Ihnen noch einige Aufklä-
rungen über die Art und Weise der Bildung des Amnios geben.
Die Amniosbildung kommt nicht durch mechanische Vorgänge zu
Stande, wie noch in neuester Zeit von mehrfachen Seiten irrthüm-
lich gelehrt wird, indem man z. B. dasselbe durch das Sichanlegen
der äussern Schicht der Keimblase an die äussere Eihaut entstehen
liess, sondern unzweifelhaft durch Zellenthätigkeit und besondere
Wachsthumsverhältnisse der äussern Schicht der Keimblase. Sie
werden sich leicht vorstellen können, wie durch Zellenvermehrung
eine Haut wie das Amnios in der Fläche nach einer bestimmten
Richtung sich ausdehnt, und brauche ich Sie wohl kaum daran zu
erinnern, dass z. B. das Blatt einer Pflanze durch ähnliche Vorgänge
seine Grösse und eigenthümliche Gestalt erlangt. Wie am embryo-
nalen Theile des äussern Keimblattes die Medullarwülste durch eine
besondere Richtung der Zellenthätigkeit -- d. h. durch ein star-
kes Flächenwachsthum an einer beschränkten Stelle -- sich erhe-
ben, so entstehen gerade in derselben Weise weiter nach Aussen
auch die ersten Amniosfalten. Einmal gebildet, so ist es einfache
Vermehrung aller diese Falten ursprünglich bildenden Zellen, welche
dieselben in bestimmter Richtung nach dem Rücken des Embryo
empor treibt, und eben so bedingt dann eine Aenderung dieses
Vermehrungsprocesses in der Art, dass nach und nach immer we-
niger Zellen an demselben sich betheiligen, die endliche Verwach-
sung der genäherten Falten in einem Punkt. Es wäre mir leicht,
Ihnen diess noch weiter im Einzelnen auszuführen, da jedoch die
Meisten von Ihnen wohl hinreichend mit den Leistungen von Zellen
mit Bezug auf Formänderungen von Organen vertraut sein werden,
so beschränke ich mich auf das Bemerkte und will ich Ihnen nur noch
anführen, dass nach dem Schlusse des Amnios dasselbe noch eine
Zeit lang mit der serösen Hülle in Verbindung bleibt, und dass in
gewissen Fällen selbst wie ein dünner Verbindungsstrang beider
Häute gefunden wird, der in der Fig. 47. 3 dargestellt ist.

Wir haben bis jetzt zwei fötale Blasen kennen gelernt, den Dot-
tersack und das Amnios. Jede dieser Hüllen besteht, wie wir ge-
sehen haben, aus einer Lamelle des mittleren Keimblattes und aus
einer Epitheliallage: der Dottersack aus der Darmfaserplatte und
dem Drüsenblatt, das Amnios aus der Fortsetzung der Hautplatten

Amnios.

Die weiteren Schicksale des Amnios sollen später im Zusam-Erklärung der
Bildung des
Amnios.

menhange mit den letzten Veränderungen der übrigen fötalen Eihül-
len besprochen werden, dagegen will ich Ihnen noch einige Aufklä-
rungen über die Art und Weise der Bildung des Amnios geben.
Die Amniosbildung kommt nicht durch mechanische Vorgänge zu
Stande, wie noch in neuester Zeit von mehrfachen Seiten irrthüm-
lich gelehrt wird, indem man z. B. dasselbe durch das Sichanlegen
der äussern Schicht der Keimblase an die äussere Eihaut entstehen
liess, sondern unzweifelhaft durch Zellenthätigkeit und besondere
Wachsthumsverhältnisse der äussern Schicht der Keimblase. Sie
werden sich leicht vorstellen können, wie durch Zellenvermehrung
eine Haut wie das Amnios in der Fläche nach einer bestimmten
Richtung sich ausdehnt, und brauche ich Sie wohl kaum daran zu
erinnern, dass z. B. das Blatt einer Pflanze durch ähnliche Vorgänge
seine Grösse und eigenthümliche Gestalt erlangt. Wie am embryo-
nalen Theile des äussern Keimblattes die Medullarwülste durch eine
besondere Richtung der Zellenthätigkeit — d. h. durch ein star-
kes Flächenwachsthum an einer beschränkten Stelle — sich erhe-
ben, so entstehen gerade in derselben Weise weiter nach Aussen
auch die ersten Amniosfalten. Einmal gebildet, so ist es einfache
Vermehrung aller diese Falten ursprünglich bildenden Zellen, welche
dieselben in bestimmter Richtung nach dem Rücken des Embryo
empor treibt, und eben so bedingt dann eine Aenderung dieses
Vermehrungsprocesses in der Art, dass nach und nach immer we-
niger Zellen an demselben sich betheiligen, die endliche Verwach-
sung der genäherten Falten in einem Punkt. Es wäre mir leicht,
Ihnen diess noch weiter im Einzelnen auszuführen, da jedoch die
Meisten von Ihnen wohl hinreichend mit den Leistungen von Zellen
mit Bezug auf Formänderungen von Organen vertraut sein werden,
so beschränke ich mich auf das Bemerkte und will ich Ihnen nur noch
anführen, dass nach dem Schlusse des Amnios dasselbe noch eine
Zeit lang mit der serösen Hülle in Verbindung bleibt, und dass in
gewissen Fällen selbst wie ein dünner Verbindungsstrang beider
Häute gefunden wird, der in der Fig. 47. 3 dargestellt ist.

Wir haben bis jetzt zwei fötale Blasen kennen gelernt, den Dot-
tersack und das Amnios. Jede dieser Hüllen besteht, wie wir ge-
sehen haben, aus einer Lamelle des mittleren Keimblattes und aus
einer Epitheliallage: der Dottersack aus der Darmfaserplatte und
dem Drüsenblatt, das Amnios aus der Fortsetzung der Hautplatten

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[105/0121] Amnios. Die weiteren Schicksale des Amnios sollen später im Zusam- menhange mit den letzten Veränderungen der übrigen fötalen Eihül- len besprochen werden, dagegen will ich Ihnen noch einige Aufklä- rungen über die Art und Weise der Bildung des Amnios geben. Die Amniosbildung kommt nicht durch mechanische Vorgänge zu Stande, wie noch in neuester Zeit von mehrfachen Seiten irrthüm- lich gelehrt wird, indem man z. B. dasselbe durch das Sichanlegen der äussern Schicht der Keimblase an die äussere Eihaut entstehen liess, sondern unzweifelhaft durch Zellenthätigkeit und besondere Wachsthumsverhältnisse der äussern Schicht der Keimblase. Sie werden sich leicht vorstellen können, wie durch Zellenvermehrung eine Haut wie das Amnios in der Fläche nach einer bestimmten Richtung sich ausdehnt, und brauche ich Sie wohl kaum daran zu erinnern, dass z. B. das Blatt einer Pflanze durch ähnliche Vorgänge seine Grösse und eigenthümliche Gestalt erlangt. Wie am embryo- nalen Theile des äussern Keimblattes die Medullarwülste durch eine besondere Richtung der Zellenthätigkeit — d. h. durch ein star- kes Flächenwachsthum an einer beschränkten Stelle — sich erhe- ben, so entstehen gerade in derselben Weise weiter nach Aussen auch die ersten Amniosfalten. Einmal gebildet, so ist es einfache Vermehrung aller diese Falten ursprünglich bildenden Zellen, welche dieselben in bestimmter Richtung nach dem Rücken des Embryo empor treibt, und eben so bedingt dann eine Aenderung dieses Vermehrungsprocesses in der Art, dass nach und nach immer we- niger Zellen an demselben sich betheiligen, die endliche Verwach- sung der genäherten Falten in einem Punkt. Es wäre mir leicht, Ihnen diess noch weiter im Einzelnen auszuführen, da jedoch die Meisten von Ihnen wohl hinreichend mit den Leistungen von Zellen mit Bezug auf Formänderungen von Organen vertraut sein werden, so beschränke ich mich auf das Bemerkte und will ich Ihnen nur noch anführen, dass nach dem Schlusse des Amnios dasselbe noch eine Zeit lang mit der serösen Hülle in Verbindung bleibt, und dass in gewissen Fällen selbst wie ein dünner Verbindungsstrang beider Häute gefunden wird, der in der Fig. 47. 3 dargestellt ist. Erklärung der Bildung des Amnios. Wir haben bis jetzt zwei fötale Blasen kennen gelernt, den Dot- tersack und das Amnios. Jede dieser Hüllen besteht, wie wir ge- sehen haben, aus einer Lamelle des mittleren Keimblattes und aus einer Epitheliallage: der Dottersack aus der Darmfaserplatte und dem Drüsenblatt, das Amnios aus der Fortsetzung der Hautplatten

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/121>, abgerufen am 26.11.2024.