Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.Achtzehnte Vorlesung. aus einer äusseren, alle Theile überziehenden Epithelschichtund aus einer innern, dem Embryo zugewendeten bindegewebi- gen Grundlage. Ein jedes Chorionbäumchen besteht in allen seinen Theilen aus einer innern bindegewebigen Axe und einem äussern Pflasterepithel mit schönen kernhaltigen Zellen, die im In- nern Körnchen und manchmal auch Fett enthalten. Dieses Epithel löst sich sehr leicht in Fetzen ab und kann man namentlich von nicht ganz frischen Placenten ganze Ueberzüge der Enden der Cho- rionzotten wie Handschuhfinger im Zusammenhange erhalten, an denen die Zusammensetzung aus einfachen Epithelialzellen auf das deutlichste zu sehen ist. Das Bindegewebe ist in den Stämmen der Zotten derber, fester, mehr fibrillär, in den feineren Verästelungen weicher und gelatinös; in allen Theilen enthält dasselbe eine ge- wisse Menge spindelförmiger auch wohl sternförmiger zelliger Ele- mente, die ich als Bildungszellen des Bindegewebes betrachte. Aus- serdem sind Kerne vorhanden, die ohne umhüllende Membranen in dem Fasergewebe drin liegen. Mit Ausnahme weniger Endaus- läufer der Bäumchen, die nur aus Epithelzellen bestehen und ein- fache Epithelialfortsätze sind, enthalten alle Verästelungen Blutge- fässe. In jede Zotte tritt ein Ast einer A. umbilicalis hinein, aus jeder Zotte kommt eine Vene heraus, welche in eine V. umbilicalis übergeht und diese Gefässe verästeln sich nun bis in die letzten Ausläufer hinein. Früher glaubte man, dass Arterien und Venen nur [Abbildung]
Fig. 74. in diesen und zwar durch einfache Schlingenineinander übergehen, es hat jedoch Schröder van der Kolk in einer vortrefflichen Arbeit über den Bau der menschlichen Placenta (Verh. van het K. Nederlandsche Instituut 1851, St. 69 flgde.) nachgewiesen, dass dieselben auch in den Stämmen zalreiche Capillarnetze bilden, und dass in den Zottenenden neben einfachen Schlingen auch Anastomosen sich finden, wie Ihnen diess die Fig. 74 versinnlicht. Aus dem Gesagten können Sie entnehmen, dass das Ge- fässsystem des Embryo, insoweit es in die Placenta eingeht, ein vollkommen geschlossenes [Abbildung]
Fig. 74. Ein Theil eines injicirten Aestchens einer Chorionzotte. Nach Achtzehnte Vorlesung. aus einer äusseren, alle Theile überziehenden Epithelschichtund aus einer innern, dem Embryo zugewendeten bindegewebi- gen Grundlage. Ein jedes Chorionbäumchen besteht in allen seinen Theilen aus einer innern bindegewebigen Axe und einem äussern Pflasterepithel mit schönen kernhaltigen Zellen, die im In- nern Körnchen und manchmal auch Fett enthalten. Dieses Epithel löst sich sehr leicht in Fetzen ab und kann man namentlich von nicht ganz frischen Placenten ganze Ueberzüge der Enden der Cho- rionzotten wie Handschuhfinger im Zusammenhange erhalten, an denen die Zusammensetzung aus einfachen Epithelialzellen auf das deutlichste zu sehen ist. Das Bindegewebe ist in den Stämmen der Zotten derber, fester, mehr fibrillär, in den feineren Verästelungen weicher und gelatinös; in allen Theilen enthält dasselbe eine ge- wisse Menge spindelförmiger auch wohl sternförmiger zelliger Ele- mente, die ich als Bildungszellen des Bindegewebes betrachte. Aus- serdem sind Kerne vorhanden, die ohne umhüllende Membranen in dem Fasergewebe drin liegen. Mit Ausnahme weniger Endaus- läufer der Bäumchen, die nur aus Epithelzellen bestehen und ein- fache Epithelialfortsätze sind, enthalten alle Verästelungen Blutge- fässe. In jede Zotte tritt ein Ast einer A. umbilicalis hinein, aus jeder Zotte kommt eine Vene heraus, welche in eine V. umbilicalis übergeht und diese Gefässe verästeln sich nun bis in die letzten Ausläufer hinein. Früher glaubte man, dass Arterien und Venen nur [Abbildung]
Fig. 74. in diesen und zwar durch einfache Schlingenineinander übergehen, es hat jedoch Schröder van der Kolk in einer vortrefflichen Arbeit über den Bau der menschlichen Placenta (Verh. van het K. Nederlandsche Instituut 1851, St. 69 flgde.) nachgewiesen, dass dieselben auch in den Stämmen zalreiche Capillarnetze bilden, und dass in den Zottenenden neben einfachen Schlingen auch Anastomosen sich finden, wie Ihnen diess die Fig. 74 versinnlicht. Aus dem Gesagten können Sie entnehmen, dass das Ge- fässsystem des Embryo, insoweit es in die Placenta eingeht, ein vollkommen geschlossenes [Abbildung]
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Achtzehnte Vorlesung.
aus einer äusseren, alle Theile überziehenden Epithelschicht
und aus einer innern, dem Embryo zugewendeten bindegewebi-
gen Grundlage. Ein jedes Chorionbäumchen besteht in allen
seinen Theilen aus einer innern bindegewebigen Axe und einem
äussern Pflasterepithel mit schönen kernhaltigen Zellen, die im In-
nern Körnchen und manchmal auch Fett enthalten. Dieses Epithel
löst sich sehr leicht in Fetzen ab und kann man namentlich von
nicht ganz frischen Placenten ganze Ueberzüge der Enden der Cho-
rionzotten wie Handschuhfinger im Zusammenhange erhalten, an
denen die Zusammensetzung aus einfachen Epithelialzellen auf das
deutlichste zu sehen ist. Das Bindegewebe ist in den Stämmen der
Zotten derber, fester, mehr fibrillär, in den feineren Verästelungen
weicher und gelatinös; in allen Theilen enthält dasselbe eine ge-
wisse Menge spindelförmiger auch wohl sternförmiger zelliger Ele-
mente, die ich als Bildungszellen des Bindegewebes betrachte. Aus-
serdem sind Kerne vorhanden, die ohne umhüllende Membranen
in dem Fasergewebe drin liegen. Mit Ausnahme weniger Endaus-
läufer der Bäumchen, die nur aus Epithelzellen bestehen und ein-
fache Epithelialfortsätze sind, enthalten alle Verästelungen Blutge-
fässe. In jede Zotte tritt ein Ast einer A. umbilicalis hinein, aus
jeder Zotte kommt eine Vene heraus, welche in eine V. umbilicalis
übergeht und diese Gefässe verästeln sich nun bis in die letzten
Ausläufer hinein. Früher glaubte man, dass Arterien und Venen nur
[Abbildung Fig. 74.]
in diesen und zwar durch einfache Schlingen
ineinander übergehen, es hat jedoch Schröder
van der Kolk in einer vortrefflichen Arbeit
über den Bau der menschlichen Placenta (Verh.
van het K. Nederlandsche Instituut 1851, St.
69 flgde.) nachgewiesen, dass dieselben auch
in den Stämmen zalreiche Capillarnetze bilden,
und dass in den Zottenenden neben einfachen
Schlingen auch Anastomosen sich finden, wie
Ihnen diess die Fig. 74 versinnlicht. Aus dem
Gesagten können Sie entnehmen, dass das Ge-
fässsystem des Embryo, insoweit es in die
Placenta eingeht, ein vollkommen geschlossenes
[Abbildung Fig. 74. Ein Theil eines injicirten Aestchens einer Chorionzotte. Nach
Ecker, Icon. phys. Erklärung zur Taf. XXVIII. a Hauptgefässstamm, n Capil-
laren des oberflächlichen Netzes.]
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