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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Achtzehnte Vorlesung.

Feinerer Bau der
Placenta uterina.
Ich komme nun zur Betrachtung der feineren Structur-
verhältnisse
der Placenta uterina. Was das Gewebe der
Placenta uterina betrifft, so stimmt dasselbe mit dem der Deciduae
vollkommen überein und besteht nur insofern eine Differenz beider,
als man in der Placenta uterina eine Zellenform findet, die ich we-
nigstens in den Deciduae noch nicht gesehen habe, obschon sie bei
genauerem Nachforschen wohl auch noch sich finden mag, nämlich
grosse Blasen, bis zu 0,06''' Durchmesser, welche mit Zellenkernen
ganz vollgepfropft sind und vorzüglich in den tieferen Schichten der
Placenta uterina, in der Nähe der Muskelhaut, ihre Lage haben. Den
Rest des Gewebes bilden dann kleinere Zellen und spindelförmig
ausgezogene Elemente, viele mit mehrfachen Kernen, zum Theil auch,
wenigstens in älteren und ganz ausgetragenen Placenten, ziemlich
deutlich faseriges Bindegewebe. Von glatten Muskelfasern, welche
Ecker in den äussern Schichten der Placenta uterina gefunden haben
will (Icon. phys. Erkl. d. Taf. XXVIII.), ist mir noch nichts vorgekom-
men und möchte ich ganz im Allgemeinen mir die Bemerkung er-
lauben, dass es bei dem Vorkommen vieler sicherlich nicht musku-
löser spindelförmiger Zellen der verschiedensten Formen in allen
drei Deciduae kaum möglich sein wird, gewisse derselben vom
anatomischen Standpuncte allein als muskulös zu deuten. Sehr
Arterien der
Placenta uterina.
eigenthümlich ist dagegen das Verhalten der Blutgefässe der Pla-
centa uterina.
An einer injicirten oder sonst einfach präparirten
Placenta lassen sich von der Seite des Uterus her ohne Schwierig-
keit zalreiche spiralig gewundene Arterien nachweisen, welche in
den äussern Theil der Placenta uterina eindringen, und noch leichter
überzeugt man sich, dass diese Schicht auch eine übergrosse Menge
weiter und vielfältig verbundener Venen enthält. Geht man weiter
nach innen und untersucht man den Theil der Placenta, welcher bei
der Geburt abgestossen wird, so zeigt sich, dass an der convexen
Seite der Placenta da und dort kleinere Arterienstämmchen
vorkommen und, getragen von dem hier noch befindlichen Gewebe,
ins Innere dringen. Schneidet man diese Arterien auf, so sieht
man, dass von besonderen Wandungen an denselben nicht mehr
die Rede sein kann, und dass es in der That nichts anderes als müt-
terliches Placentargewebe ist, welches dieselben begrenzt. Ver-
folgt man die arteriellen Kanäle weiter, so lassen sich dieselben in
den früher beschriebenen Fortsätzen des mütterlichen Placentarge-
webes noch eine Strecke weit zwischen und in die Cotyledonen hin-

Achtzehnte Vorlesung.

Feinerer Bau der
Placenta uterina.
Ich komme nun zur Betrachtung der feineren Structur-
verhältnisse
der Placenta uterina. Was das Gewebe der
Placenta uterina betrifft, so stimmt dasselbe mit dem der Deciduae
vollkommen überein und besteht nur insofern eine Differenz beider,
als man in der Placenta uterina eine Zellenform findet, die ich we-
nigstens in den Deciduae noch nicht gesehen habe, obschon sie bei
genauerem Nachforschen wohl auch noch sich finden mag, nämlich
grosse Blasen, bis zu 0,06‴ Durchmesser, welche mit Zellenkernen
ganz vollgepfropft sind und vorzüglich in den tieferen Schichten der
Placenta uterina, in der Nähe der Muskelhaut, ihre Lage haben. Den
Rest des Gewebes bilden dann kleinere Zellen und spindelförmig
ausgezogene Elemente, viele mit mehrfachen Kernen, zum Theil auch,
wenigstens in älteren und ganz ausgetragenen Placenten, ziemlich
deutlich faseriges Bindegewebe. Von glatten Muskelfasern, welche
Ecker in den äussern Schichten der Placenta uterina gefunden haben
will (Icon. phys. Erkl. d. Taf. XXVIII.), ist mir noch nichts vorgekom-
men und möchte ich ganz im Allgemeinen mir die Bemerkung er-
lauben, dass es bei dem Vorkommen vieler sicherlich nicht musku-
löser spindelförmiger Zellen der verschiedensten Formen in allen
drei Deciduae kaum möglich sein wird, gewisse derselben vom
anatomischen Standpuncte allein als muskulös zu deuten. Sehr
Arterien der
Placenta uterina.
eigenthümlich ist dagegen das Verhalten der Blutgefässe der Pla-
centa uterina.
An einer injicirten oder sonst einfach präparirten
Placenta lassen sich von der Seite des Uterus her ohne Schwierig-
keit zalreiche spiralig gewundene Arterien nachweisen, welche in
den äussern Theil der Placenta uterina eindringen, und noch leichter
überzeugt man sich, dass diese Schicht auch eine übergrosse Menge
weiter und vielfältig verbundener Venen enthält. Geht man weiter
nach innen und untersucht man den Theil der Placenta, welcher bei
der Geburt abgestossen wird, so zeigt sich, dass an der convexen
Seite der Placenta da und dort kleinere Arterienstämmchen
vorkommen und, getragen von dem hier noch befindlichen Gewebe,
ins Innere dringen. Schneidet man diese Arterien auf, so sieht
man, dass von besonderen Wandungen an denselben nicht mehr
die Rede sein kann, und dass es in der That nichts anderes als müt-
terliches Placentargewebe ist, welches dieselben begrenzt. Ver-
folgt man die arteriellen Kanäle weiter, so lassen sich dieselben in
den früher beschriebenen Fortsätzen des mütterlichen Placentarge-
webes noch eine Strecke weit zwischen und in die Cotyledonen hin-

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[146/0162] Achtzehnte Vorlesung. Ich komme nun zur Betrachtung der feineren Structur- verhältnisse der Placenta uterina. Was das Gewebe der Placenta uterina betrifft, so stimmt dasselbe mit dem der Deciduae vollkommen überein und besteht nur insofern eine Differenz beider, als man in der Placenta uterina eine Zellenform findet, die ich we- nigstens in den Deciduae noch nicht gesehen habe, obschon sie bei genauerem Nachforschen wohl auch noch sich finden mag, nämlich grosse Blasen, bis zu 0,06‴ Durchmesser, welche mit Zellenkernen ganz vollgepfropft sind und vorzüglich in den tieferen Schichten der Placenta uterina, in der Nähe der Muskelhaut, ihre Lage haben. Den Rest des Gewebes bilden dann kleinere Zellen und spindelförmig ausgezogene Elemente, viele mit mehrfachen Kernen, zum Theil auch, wenigstens in älteren und ganz ausgetragenen Placenten, ziemlich deutlich faseriges Bindegewebe. Von glatten Muskelfasern, welche Ecker in den äussern Schichten der Placenta uterina gefunden haben will (Icon. phys. Erkl. d. Taf. XXVIII.), ist mir noch nichts vorgekom- men und möchte ich ganz im Allgemeinen mir die Bemerkung er- lauben, dass es bei dem Vorkommen vieler sicherlich nicht musku- löser spindelförmiger Zellen der verschiedensten Formen in allen drei Deciduae kaum möglich sein wird, gewisse derselben vom anatomischen Standpuncte allein als muskulös zu deuten. Sehr eigenthümlich ist dagegen das Verhalten der Blutgefässe der Pla- centa uterina. An einer injicirten oder sonst einfach präparirten Placenta lassen sich von der Seite des Uterus her ohne Schwierig- keit zalreiche spiralig gewundene Arterien nachweisen, welche in den äussern Theil der Placenta uterina eindringen, und noch leichter überzeugt man sich, dass diese Schicht auch eine übergrosse Menge weiter und vielfältig verbundener Venen enthält. Geht man weiter nach innen und untersucht man den Theil der Placenta, welcher bei der Geburt abgestossen wird, so zeigt sich, dass an der convexen Seite der Placenta da und dort kleinere Arterienstämmchen vorkommen und, getragen von dem hier noch befindlichen Gewebe, ins Innere dringen. Schneidet man diese Arterien auf, so sieht man, dass von besonderen Wandungen an denselben nicht mehr die Rede sein kann, und dass es in der That nichts anderes als müt- terliches Placentargewebe ist, welches dieselben begrenzt. Ver- folgt man die arteriellen Kanäle weiter, so lassen sich dieselben in den früher beschriebenen Fortsätzen des mütterlichen Placentarge- webes noch eine Strecke weit zwischen und in die Cotyledonen hin- Feinerer Bau der Placenta uterina. Arterien der Placenta uterina.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/162>, abgerufen am 21.11.2024.