eine Falte an der unteren Seite des Sehnerven aufzutreten, zu der sich dann aber bald noch zahlreiche andere gesellen, welche vor- zugsweise im Grunde des Auges stehen. Gegen das Ende des Embryonallebens verschwinden nach und nach diese Falten wie- der und beim Neugebornen ist die Haut ganz glatt wie beim Er- wachsenen.
Der gelbe Fleck fehlt beim Embryo, und ist selbst bei Neu- gebornen noch nicht sichtbar. Nach Huschke (Eingeweidel. St. 728) findet sich beim Fötus in dieser Gegend wirklich eine Spalte oder ein Centralloch, während beim Erwachsenen bekanntlich die Retina hier nur eine dünne Stelle hat, und ist dieser Autor der Ansicht (de pectine avium 1827. Progr. §. 8), dass das Loch ein Rest der fötalen ursprünglichen Spalte des Augapfels sei, welcher Auffassung auch v. Baer sich angeschlossen hat (Entw. II. St. 248). Gegen diese An- sicht spricht jedoch, wie schon Brücke und Schöler hervorgehoben haben, die Lage des gelben Fleckes an der äusseren Seite des Seh- nerven, während die ursprüngliche fötale Augenspalte an der unte- ren inneren Seite des Auges ihre Lage hat.
Gefässe des fötalen Auges.Wir wenden uns nun zum Glaskörper und zur Linse, welche in mehrfacher Beziehung ein besonderes Interesse beanspru- chen. Zunächst bemerke ich Ihnen, dass beide durchsichtigen Medien des fötalen Säugethier- und Menschenauges mit einem be- sonderen Systeme von Gefässen versehen sind, von dem man beim Erwachsenen keine Spur mehr findet. Ein Durchschnitt des Auges zur Zeit der vollen Entwicklung dieser Gefässe gibt folgendes Bild (Fig. 144). Die grosse und so dicht an der Hornhaut anliegende
[Abbildung]
Fig. 144.
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Fig. 144. Vorderer Theil des halbirten 101/2mm grossen Auges eines Kalbs- embryo, vergr. l structurlose Linsenkapsel, v hinterer Theil der gefässhal- tigen Kapsel der Linse, cp Membrana capsulo-pupillaris, p Membrana pupil- laris, h M. hyaloidea und Fortsetzung derselben in die Zonula Zinnii, die mit der M. capsulo-pupillaris sich vereint. Die hintere Wand des Petit'schen Kanales
Neunundzwanzigste Vorlesung.
eine Falte an der unteren Seite des Sehnerven aufzutreten, zu der sich dann aber bald noch zahlreiche andere gesellen, welche vor- zugsweise im Grunde des Auges stehen. Gegen das Ende des Embryonallebens verschwinden nach und nach diese Falten wie- der und beim Neugebornen ist die Haut ganz glatt wie beim Er- wachsenen.
Der gelbe Fleck fehlt beim Embryo, und ist selbst bei Neu- gebornen noch nicht sichtbar. Nach Huschke (Eingeweidel. St. 728) findet sich beim Fötus in dieser Gegend wirklich eine Spalte oder ein Centralloch, während beim Erwachsenen bekanntlich die Retina hier nur eine dünne Stelle hat, und ist dieser Autor der Ansicht (de pectine avium 1827. Progr. §. 8), dass das Loch ein Rest der fötalen ursprünglichen Spalte des Augapfels sei, welcher Auffassung auch v. Baer sich angeschlossen hat (Entw. II. St. 248). Gegen diese An- sicht spricht jedoch, wie schon Brücke und Schöler hervorgehoben haben, die Lage des gelben Fleckes an der äusseren Seite des Seh- nerven, während die ursprüngliche fötale Augenspalte an der unte- ren inneren Seite des Auges ihre Lage hat.
Gefässe des fötalen Auges.Wir wenden uns nun zum Glaskörper und zur Linse, welche in mehrfacher Beziehung ein besonderes Interesse beanspru- chen. Zunächst bemerke ich Ihnen, dass beide durchsichtigen Medien des fötalen Säugethier- und Menschenauges mit einem be- sonderen Systeme von Gefässen versehen sind, von dem man beim Erwachsenen keine Spur mehr findet. Ein Durchschnitt des Auges zur Zeit der vollen Entwicklung dieser Gefässe gibt folgendes Bild (Fig. 144). Die grosse und so dicht an der Hornhaut anliegende
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Fig. 144.
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Fig. 144. Vorderer Theil des halbirten 10½mm grossen Auges eines Kalbs- embryo, vergr. l structurlose Linsenkapsel, v hinterer Theil der gefässhal- tigen Kapsel der Linse, cp Membrana capsulo-pupillaris, p Membrana pupil- laris, h M. hyaloidea und Fortsetzung derselben in die Zonula Zinnii, die mit der M. capsulo-pupillaris sich vereint. Die hintere Wand des Petit’schen Kanales
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Neunundzwanzigste Vorlesung.
eine Falte an der unteren Seite des Sehnerven aufzutreten, zu der
sich dann aber bald noch zahlreiche andere gesellen, welche vor-
zugsweise im Grunde des Auges stehen. Gegen das Ende des
Embryonallebens verschwinden nach und nach diese Falten wie-
der und beim Neugebornen ist die Haut ganz glatt wie beim Er-
wachsenen.
Der gelbe Fleck fehlt beim Embryo, und ist selbst bei Neu-
gebornen noch nicht sichtbar. Nach Huschke (Eingeweidel. St. 728)
findet sich beim Fötus in dieser Gegend wirklich eine Spalte oder ein
Centralloch, während beim Erwachsenen bekanntlich die Retina
hier nur eine dünne Stelle hat, und ist dieser Autor der Ansicht (de
pectine avium 1827. Progr. §. 8), dass das Loch ein Rest der fötalen
ursprünglichen Spalte des Augapfels sei, welcher Auffassung auch
v. Baer sich angeschlossen hat (Entw. II. St. 248). Gegen diese An-
sicht spricht jedoch, wie schon Brücke und Schöler hervorgehoben
haben, die Lage des gelben Fleckes an der äusseren Seite des Seh-
nerven, während die ursprüngliche fötale Augenspalte an der unte-
ren inneren Seite des Auges ihre Lage hat.
Wir wenden uns nun zum Glaskörper und zur Linse,
welche in mehrfacher Beziehung ein besonderes Interesse beanspru-
chen. Zunächst bemerke ich Ihnen, dass beide durchsichtigen
Medien des fötalen Säugethier- und Menschenauges mit einem be-
sonderen Systeme von Gefässen versehen sind, von dem man beim
Erwachsenen keine Spur mehr findet. Ein Durchschnitt des Auges
zur Zeit der vollen Entwicklung dieser Gefässe gibt folgendes Bild
(Fig. 144). Die grosse und so dicht an der Hornhaut anliegende
[Abbildung Fig. 144.]
[Abbildung Fig. 144. Vorderer Theil des halbirten 10½mm grossen Auges eines Kalbs-
embryo, vergr. l structurlose Linsenkapsel, v hinterer Theil der gefässhal-
tigen Kapsel der Linse, cp Membrana capsulo-pupillaris, p Membrana pupil-
laris, h M. hyaloidea und Fortsetzung derselben in die Zonula Zinnii, die mit
der M. capsulo-pupillaris sich vereint. Die hintere Wand des Petit’schen Kanales]
Gefässe des
fötalen Auges.
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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/308>, abgerufen am 16.06.2024.
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