Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.Entwicklung des Gehörorganes. der Kiemenbogen und der ersten Kiemenspalte, aus denen das mitt-lere und äussere Ohr sammt den Gehörknöchelchen und dem Trom- melfell ihren Ursprung nehmen. Nach dieser übersichtlichen Schilderung lege ich Ihnen nunPrimitives [Abbildung]
Fig. 148. schon längst bekannt, dass dasLabyrinth ursprünglich in Ge- stalt eines einfachen rundlichen Bläschens, des Gehör- oder Labyrinthbläschens, auf- tritt, das unpassend auch Em- mert'sches Bläschen genannt wird, da, was dieser Forscher seiner Zeit beschrieb, etwas ganz anderes war. Längere Zeit hindurch, ja bis in unsere Tage, galt es auch, gestützt auf die Er- fahrungen von v. Baer, Rathke (Entw. d. Natter St. 16), Reichert (Entw. im Wirbelthierreich St. 121) und Bischoff (Entwicklungs- geschichte, St. 228) denen später auch H. Gray beistimmte (Phil. Trans. 1851. I. pag. 196), als Axiom, dass dieses Labyrinthbläschen ebenso wie die primitive Augenblase aus dem centralen Nerven- systeme und zwar dem Nachhirne sich ausstülpe und eine Zeit lang mit demselben in offener Verbindung sei und doch hatte schon kurze Zeit nach v. Baer's ersten Mittheilungen (Entw. 1.) der durch so viele feine Beobachtungen seiner Zeit voraneilende Huschke im An- fange der dreissiger Jahre (Isis 1831. St. 951) den Satz ausgespro- chen, dass das Labyrinth des Ohres ursprünglich nur eine Grube der Haut sei, deren Ausführungsgang oder äussere Mündung beim Hühnerembryo am dritten Tage sich schliesse. Die neueste Zeit hat nun in der That diese allerdings sehr aphoristische und daher wenig beachtete Mittheilung bestätigt. Zuerst erklärte Bischoff (Entw. d. Kaninchens St. 129 und Entwicklungsgesch. St. 567), dass nach sei- nen neueren Untersuchungen das primitive Ohrbläschen ursprüng- [Abbildung]
Fig. 148. Embryo der Fig. 68 vergrössert. a Amnion, b Dottersack, c er- Entwicklung des Gehörorganes. der Kiemenbogen und der ersten Kiemenspalte, aus denen das mitt-lere und äussere Ohr sammt den Gehörknöchelchen und dem Trom- melfell ihren Ursprung nehmen. Nach dieser übersichtlichen Schilderung lege ich Ihnen nunPrimitives [Abbildung]
Fig. 148. schon längst bekannt, dass dasLabyrinth ursprünglich in Ge- stalt eines einfachen rundlichen Bläschens, des Gehör- oder Labyrinthbläschens, auf- tritt, das unpassend auch Em- mert’sches Bläschen genannt wird, da, was dieser Forscher seiner Zeit beschrieb, etwas ganz anderes war. Längere Zeit hindurch, ja bis in unsere Tage, galt es auch, gestützt auf die Er- fahrungen von v. Baer, Rathke (Entw. d. Natter St. 16), Reichert (Entw. im Wirbelthierreich St. 121) und Bischoff (Entwicklungs- geschichte, St. 228) denen später auch H. Gray beistimmte (Phil. Trans. 1851. I. pag. 196), als Axiom, dass dieses Labyrinthbläschen ebenso wie die primitive Augenblase aus dem centralen Nerven- systeme und zwar dem Nachhirne sich ausstülpe und eine Zeit lang mit demselben in offener Verbindung sei und doch hatte schon kurze Zeit nach v. Baer’s ersten Mittheilungen (Entw. 1.) der durch so viele feine Beobachtungen seiner Zeit voraneilende Huschke im An- fange der dreissiger Jahre (Isis 1831. St. 951) den Satz ausgespro- chen, dass das Labyrinth des Ohres ursprünglich nur eine Grube der Haut sei, deren Ausführungsgang oder äussere Mündung beim Hühnerembryo am dritten Tage sich schliesse. Die neueste Zeit hat nun in der That diese allerdings sehr aphoristische und daher wenig beachtete Mittheilung bestätigt. Zuerst erklärte Bischoff (Entw. d. Kaninchens St. 129 und Entwicklungsgesch. St. 567), dass nach sei- nen neueren Untersuchungen das primitive Ohrbläschen ursprüng- [Abbildung]
Fig. 148. Embryo der Fig. 68 vergrössert. a Amnion, b Dottersack, c er- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0317" n="301"/><fw place="top" type="header">Entwicklung des Gehörorganes.</fw><lb/> der Kiemenbogen und der ersten Kiemenspalte, aus denen das mitt-<lb/> lere und äussere Ohr sammt den Gehörknöchelchen und dem Trom-<lb/> melfell ihren Ursprung nehmen.</p><lb/> <p>Nach dieser übersichtlichen Schilderung lege ich Ihnen nun<note place="right">Primitives<lb/> Gehörbläschen.</note><lb/> zuerst die Entwicklung des Labyrinthes und des Hörnerven im Ein-<lb/> zelnen dar. Die erste Entwicklung dieser Theile anlangend, so ist es<lb/><figure><head>Fig. 148.</head></figure><lb/> schon längst bekannt, dass das<lb/> Labyrinth ursprünglich in Ge-<lb/> stalt eines einfachen rundlichen<lb/> Bläschens, des <hi rendition="#g">Gehör-</hi> oder<lb/><hi rendition="#g">Labyrinthbläschens,</hi> auf-<lb/> tritt, das unpassend auch <hi rendition="#k">Em-<lb/> mert</hi>’sches Bläschen genannt<lb/> wird, da, was dieser Forscher<lb/> seiner Zeit beschrieb, etwas<lb/> ganz anderes war. Längere Zeit<lb/> hindurch, ja bis in unsere Tage, galt es auch, gestützt auf die Er-<lb/> fahrungen von v. <hi rendition="#k">Baer, Rathke</hi> (Entw. d. Natter St. 16), <hi rendition="#k">Reichert</hi><lb/> (Entw. im Wirbelthierreich St. 121) und <hi rendition="#k">Bischoff</hi> (Entwicklungs-<lb/> geschichte, St. 228) denen später auch H. <hi rendition="#k">Gray</hi> beistimmte (Phil.<lb/> Trans. 1851. I. pag. 196), als Axiom, dass dieses Labyrinthbläschen<lb/> ebenso wie die primitive Augenblase aus dem centralen Nerven-<lb/> systeme und zwar dem Nachhirne sich ausstülpe und eine Zeit lang<lb/> mit demselben in offener Verbindung sei und doch hatte schon kurze<lb/> Zeit nach v. <hi rendition="#k">Baer</hi>’s ersten Mittheilungen (Entw. 1.) der durch so<lb/> viele feine Beobachtungen seiner Zeit voraneilende <hi rendition="#k">Huschke</hi> im An-<lb/> fange der dreissiger Jahre (<hi rendition="#i">Isis</hi> 1831. St. 951) den Satz ausgespro-<lb/> chen, dass das Labyrinth des Ohres ursprünglich nur eine Grube<lb/> der Haut sei, deren Ausführungsgang oder äussere Mündung beim<lb/> Hühnerembryo am dritten Tage sich schliesse. Die neueste Zeit hat<lb/> nun in der That diese allerdings sehr aphoristische und daher wenig<lb/> beachtete Mittheilung bestätigt. Zuerst erklärte <hi rendition="#k">Bischoff</hi> (Entw. d.<lb/> Kaninchens St. 129 und Entwicklungsgesch. St. 567), dass nach sei-<lb/> nen neueren Untersuchungen das primitive Ohrbläschen ursprüng-<lb/><figure><p>Fig. 148. Embryo der Fig. 68 vergrössert. <hi rendition="#i">a</hi> Amnion, <hi rendition="#i">b</hi> Dottersack, <hi rendition="#i">c</hi> er-<lb/> ster Kiemenbogen, Unterkieferfortsatz, <hi rendition="#i">d</hi> Oberkieferfortsatz desselben Bogens,<lb/><hi rendition="#i">e</hi> zweiter Kiemenbogen, hinter dem noch zwei kleinere sichtbar sind. Spalten<lb/> sind drei deutlich, zwischen dem 1. und 2., 2. und 3. und 3. und 4. Bogen,<lb/><hi rendition="#i">f</hi> Anlage der vorderen Extremität, <hi rendition="#i">g</hi> primitives Ohrbläschen, <hi rendition="#i">h</hi> Auge, <hi rendition="#i">i</hi> Herz.</p></figure><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [301/0317]
Entwicklung des Gehörorganes.
der Kiemenbogen und der ersten Kiemenspalte, aus denen das mitt-
lere und äussere Ohr sammt den Gehörknöchelchen und dem Trom-
melfell ihren Ursprung nehmen.
Nach dieser übersichtlichen Schilderung lege ich Ihnen nun
zuerst die Entwicklung des Labyrinthes und des Hörnerven im Ein-
zelnen dar. Die erste Entwicklung dieser Theile anlangend, so ist es
[Abbildung Fig. 148.]
schon längst bekannt, dass das
Labyrinth ursprünglich in Ge-
stalt eines einfachen rundlichen
Bläschens, des Gehör- oder
Labyrinthbläschens, auf-
tritt, das unpassend auch Em-
mert’sches Bläschen genannt
wird, da, was dieser Forscher
seiner Zeit beschrieb, etwas
ganz anderes war. Längere Zeit
hindurch, ja bis in unsere Tage, galt es auch, gestützt auf die Er-
fahrungen von v. Baer, Rathke (Entw. d. Natter St. 16), Reichert
(Entw. im Wirbelthierreich St. 121) und Bischoff (Entwicklungs-
geschichte, St. 228) denen später auch H. Gray beistimmte (Phil.
Trans. 1851. I. pag. 196), als Axiom, dass dieses Labyrinthbläschen
ebenso wie die primitive Augenblase aus dem centralen Nerven-
systeme und zwar dem Nachhirne sich ausstülpe und eine Zeit lang
mit demselben in offener Verbindung sei und doch hatte schon kurze
Zeit nach v. Baer’s ersten Mittheilungen (Entw. 1.) der durch so
viele feine Beobachtungen seiner Zeit voraneilende Huschke im An-
fange der dreissiger Jahre (Isis 1831. St. 951) den Satz ausgespro-
chen, dass das Labyrinth des Ohres ursprünglich nur eine Grube
der Haut sei, deren Ausführungsgang oder äussere Mündung beim
Hühnerembryo am dritten Tage sich schliesse. Die neueste Zeit hat
nun in der That diese allerdings sehr aphoristische und daher wenig
beachtete Mittheilung bestätigt. Zuerst erklärte Bischoff (Entw. d.
Kaninchens St. 129 und Entwicklungsgesch. St. 567), dass nach sei-
nen neueren Untersuchungen das primitive Ohrbläschen ursprüng-
[Abbildung Fig. 148. Embryo der Fig. 68 vergrössert. a Amnion, b Dottersack, c er-
ster Kiemenbogen, Unterkieferfortsatz, d Oberkieferfortsatz desselben Bogens,
e zweiter Kiemenbogen, hinter dem noch zwei kleinere sichtbar sind. Spalten
sind drei deutlich, zwischen dem 1. und 2., 2. und 3. und 3. und 4. Bogen,
f Anlage der vorderen Extremität, g primitives Ohrbläschen, h Auge, i Herz.]
Primitives
Gehörbläschen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |