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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Fünfunddreissigste Vorlesung.
Innere Ver-
änderungen der
Lungen.
Lunge habe ich schon vor mehreren Jahren (Mikr. Anat. II. 2. St.
321 flgde.) vom Menschen genau beschrieben und seither meine Er-
fahrungen durch weitere Beobachtungen ergänzt. Diesen zufolge
stellen sich die Verhältnisse so. Bei Embryonen der zweiten Hälfte
des zweiten Monates sieht die ganze 11/2--2''' lange Lunge schon
für das unbewaffnete Auge regelmässig körnig aus, und erkennt man
an der ganzen Oberfläche eine gewisse Zahl rundlicher Erhebungen
von 0,16''', die ich die primitiven Drüsenbläschen nennen
will, um Verwechslungen mit den späteren Luftzellen vorzubeugen.
Jedes solche Bläschen ist eine am Emde eines Bronchialästchens
sitzende Erweiterung, hat innen ein Epithelialrohr mit länglichen
Zellen und um dasselbe herum eine aus rundlichen Zellen und sich
entwickelnden Fasern bestehende dicke Hülle, welche jedoch nach
aussen nicht scharf abgegrenzt ist, sondern durch ein ähnliches, nur
minder dichtes Gewebe mit den entsprechenden Hüllen der benach-
barten Drüsenbläschen zusammenhängt. Durchschnitte durch solche
Lungen ergeben, dass die primitiven Drüsenbläschen um diese Zeit
einzig und allein an der Oberfläche der Lappen zu finden sind, wäh-
rend das Innere ganz und gar von den Bronchialröhren, dem um-
hüllenden Fasergewebe und den sich entwickelnden Gefässen einge-
nommen wird. Im dritten Monate werden diese Verhältnisse noch
deutlicher und vermehrt sich auch die Zahl der primitiven Drüsen-
bläschen sehr bedeutend, welche nun zum Theil 0,2--0,24''' messen,
während allerdings einzelne auch nur 0,1 selbst nur 0,08''' betra-
gen. Ein Flächenschnitt der Lungenoberfläche erscheint um diese
Zeit sehr zierlich und zeigt eine grosse Zahl rundlich polygonaler
kleiner Felder von dunklem Ansehen, die primitiven Drüsenbläs-
chen, in deren Mitte ein dickwandiger Ring mit heller Mitte, der
scheinbare Querschnitt des Epithelialrohres des Drüsenbläschens
sehr deutlich in die Augen springt, dessen aus mehrfachen Lagen
länglicher Zellen bestehende Wand nun eine Dicke von 0,025--
0,030''' besitzt, während die ganze Epithelialblase einen Durchmes-
ser von 0,06--0,1''' hat. Die Art und Weise, wie die Drüsenbläs-
chen sich vermehren, ist im dritten Monate an senkrechten Durch-
schnitten immer leicht zu sehen und am Ende dieses Monates auch
an der Oberfläche wahrzunehmen, und versinnliche ich Ihnen die-
selbe durch die beiden Figg. 184 und 185. Fig. 184 zeigt Ihnen das
Verhalten der Epithelialröhren an einem senkrechten Durchschnitte
der Lunge, an dem Sie bei a hohle Sprossen des Epithelialrohres

Fünfunddreissigste Vorlesung.
Innere Ver-
änderungen der
Lungen.
Lunge habe ich schon vor mehreren Jahren (Mikr. Anat. II. 2. St.
321 flgde.) vom Menschen genau beschrieben und seither meine Er-
fahrungen durch weitere Beobachtungen ergänzt. Diesen zufolge
stellen sich die Verhältnisse so. Bei Embryonen der zweiten Hälfte
des zweiten Monates sieht die ganze 1½—2‴ lange Lunge schon
für das unbewaffnete Auge regelmässig körnig aus, und erkennt man
an der ganzen Oberfläche eine gewisse Zahl rundlicher Erhebungen
von 0,16‴, die ich die primitiven Drüsenbläschen nennen
will, um Verwechslungen mit den späteren Luftzellen vorzubeugen.
Jedes solche Bläschen ist eine am Emde eines Bronchialästchens
sitzende Erweiterung, hat innen ein Epithelialrohr mit länglichen
Zellen und um dasselbe herum eine aus rundlichen Zellen und sich
entwickelnden Fasern bestehende dicke Hülle, welche jedoch nach
aussen nicht scharf abgegrenzt ist, sondern durch ein ähnliches, nur
minder dichtes Gewebe mit den entsprechenden Hüllen der benach-
barten Drüsenbläschen zusammenhängt. Durchschnitte durch solche
Lungen ergeben, dass die primitiven Drüsenbläschen um diese Zeit
einzig und allein an der Oberfläche der Lappen zu finden sind, wäh-
rend das Innere ganz und gar von den Bronchialröhren, dem um-
hüllenden Fasergewebe und den sich entwickelnden Gefässen einge-
nommen wird. Im dritten Monate werden diese Verhältnisse noch
deutlicher und vermehrt sich auch die Zahl der primitiven Drüsen-
bläschen sehr bedeutend, welche nun zum Theil 0,2—0,24‴ messen,
während allerdings einzelne auch nur 0,1 selbst nur 0,08‴ betra-
gen. Ein Flächenschnitt der Lungenoberfläche erscheint um diese
Zeit sehr zierlich und zeigt eine grosse Zahl rundlich polygonaler
kleiner Felder von dunklem Ansehen, die primitiven Drüsenbläs-
chen, in deren Mitte ein dickwandiger Ring mit heller Mitte, der
scheinbare Querschnitt des Epithelialrohres des Drüsenbläschens
sehr deutlich in die Augen springt, dessen aus mehrfachen Lagen
länglicher Zellen bestehende Wand nun eine Dicke von 0,025—
0,030‴ besitzt, während die ganze Epithelialblase einen Durchmes-
ser von 0,06—0,1‴ hat. Die Art und Weise, wie die Drüsenbläs-
chen sich vermehren, ist im dritten Monate an senkrechten Durch-
schnitten immer leicht zu sehen und am Ende dieses Monates auch
an der Oberfläche wahrzunehmen, und versinnliche ich Ihnen die-
selbe durch die beiden Figg. 184 und 185. Fig. 184 zeigt Ihnen das
Verhalten der Epithelialröhren an einem senkrechten Durchschnitte
der Lunge, an dem Sie bei a hohle Sprossen des Epithelialrohres

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[376/0392] Fünfunddreissigste Vorlesung. Lunge habe ich schon vor mehreren Jahren (Mikr. Anat. II. 2. St. 321 flgde.) vom Menschen genau beschrieben und seither meine Er- fahrungen durch weitere Beobachtungen ergänzt. Diesen zufolge stellen sich die Verhältnisse so. Bei Embryonen der zweiten Hälfte des zweiten Monates sieht die ganze 1½—2‴ lange Lunge schon für das unbewaffnete Auge regelmässig körnig aus, und erkennt man an der ganzen Oberfläche eine gewisse Zahl rundlicher Erhebungen von 0,16‴, die ich die primitiven Drüsenbläschen nennen will, um Verwechslungen mit den späteren Luftzellen vorzubeugen. Jedes solche Bläschen ist eine am Emde eines Bronchialästchens sitzende Erweiterung, hat innen ein Epithelialrohr mit länglichen Zellen und um dasselbe herum eine aus rundlichen Zellen und sich entwickelnden Fasern bestehende dicke Hülle, welche jedoch nach aussen nicht scharf abgegrenzt ist, sondern durch ein ähnliches, nur minder dichtes Gewebe mit den entsprechenden Hüllen der benach- barten Drüsenbläschen zusammenhängt. Durchschnitte durch solche Lungen ergeben, dass die primitiven Drüsenbläschen um diese Zeit einzig und allein an der Oberfläche der Lappen zu finden sind, wäh- rend das Innere ganz und gar von den Bronchialröhren, dem um- hüllenden Fasergewebe und den sich entwickelnden Gefässen einge- nommen wird. Im dritten Monate werden diese Verhältnisse noch deutlicher und vermehrt sich auch die Zahl der primitiven Drüsen- bläschen sehr bedeutend, welche nun zum Theil 0,2—0,24‴ messen, während allerdings einzelne auch nur 0,1 selbst nur 0,08‴ betra- gen. Ein Flächenschnitt der Lungenoberfläche erscheint um diese Zeit sehr zierlich und zeigt eine grosse Zahl rundlich polygonaler kleiner Felder von dunklem Ansehen, die primitiven Drüsenbläs- chen, in deren Mitte ein dickwandiger Ring mit heller Mitte, der scheinbare Querschnitt des Epithelialrohres des Drüsenbläschens sehr deutlich in die Augen springt, dessen aus mehrfachen Lagen länglicher Zellen bestehende Wand nun eine Dicke von 0,025— 0,030‴ besitzt, während die ganze Epithelialblase einen Durchmes- ser von 0,06—0,1‴ hat. Die Art und Weise, wie die Drüsenbläs- chen sich vermehren, ist im dritten Monate an senkrechten Durch- schnitten immer leicht zu sehen und am Ende dieses Monates auch an der Oberfläche wahrzunehmen, und versinnliche ich Ihnen die- selbe durch die beiden Figg. 184 und 185. Fig. 184 zeigt Ihnen das Verhalten der Epithelialröhren an einem senkrechten Durchschnitte der Lunge, an dem Sie bei a hohle Sprossen des Epithelialrohres Innere Ver- änderungen der Lungen.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/392>, abgerufen am 22.11.2024.