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Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Wie so?

Die Leute meinen, der Geistliche sei Gottes Stellvertreter auf Erden; dem Geistlichen ist nämlich die Macht gegeben, einen Menschen von der Sünde freizusprechen, und sie ist dann wie weggewischt von ihm. Derjenige also, dem eine so große Gewalt ist übertragen worden, der, wie die Christen sagen, binden und lösen kann, muß, weil er gleichsam für Gott auf der Erde arbeitet, auch mehr als ein Mensch sein.

Mehr als ein Mensch? fragte Fischele verwundert.

Das heißt, er darf nicht die gewöhnlichen Wege gehen, die Andere gehen. Gott muß ihm mehr sein, als alles Andere auf Erden, er soll sein Herz nicht an das hängen, was Andere erfreut; er muß gleichsam herausragen wie ein Wegweiser auf der Heerstraße, damit ihn die Anderen sehen können.

Der Lehrer wurde hier von einem zornigen Rufe Josseph's unterbrochen.

Verzeiht mir, Herr Lehrer, sagte dieser mit heftiger Geberde, man kann, Gott sei davor, wahnsinnig werden, wenn man Euren Reden da länger zuhört. Wie kommt da Eines zum Andern? Ihr macht's wie die Schalksnarren, die Eines aufs Andere reimen, wenn's auch nicht geht. Wie kommt denn der Geistliche da auf einmal zum Chumesch (Bibel)? Lernt Ihr meinem Kinde, daß es ein Geistlicher wird und weiß, was die Geistlichen thun?

Mit jenem überlegenen Lächeln, das Menschen so

Wie so?

Die Leute meinen, der Geistliche sei Gottes Stellvertreter auf Erden; dem Geistlichen ist nämlich die Macht gegeben, einen Menschen von der Sünde freizusprechen, und sie ist dann wie weggewischt von ihm. Derjenige also, dem eine so große Gewalt ist übertragen worden, der, wie die Christen sagen, binden und lösen kann, muß, weil er gleichsam für Gott auf der Erde arbeitet, auch mehr als ein Mensch sein.

Mehr als ein Mensch? fragte Fischele verwundert.

Das heißt, er darf nicht die gewöhnlichen Wege gehen, die Andere gehen. Gott muß ihm mehr sein, als alles Andere auf Erden, er soll sein Herz nicht an das hängen, was Andere erfreut; er muß gleichsam herausragen wie ein Wegweiser auf der Heerstraße, damit ihn die Anderen sehen können.

Der Lehrer wurde hier von einem zornigen Rufe Josseph's unterbrochen.

Verzeiht mir, Herr Lehrer, sagte dieser mit heftiger Geberde, man kann, Gott sei davor, wahnsinnig werden, wenn man Euren Reden da länger zuhört. Wie kommt da Eines zum Andern? Ihr macht's wie die Schalksnarren, die Eines aufs Andere reimen, wenn's auch nicht geht. Wie kommt denn der Geistliche da auf einmal zum Chumesch (Bibel)? Lernt Ihr meinem Kinde, daß es ein Geistlicher wird und weiß, was die Geistlichen thun?

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[0111] Wie so? Die Leute meinen, der Geistliche sei Gottes Stellvertreter auf Erden; dem Geistlichen ist nämlich die Macht gegeben, einen Menschen von der Sünde freizusprechen, und sie ist dann wie weggewischt von ihm. Derjenige also, dem eine so große Gewalt ist übertragen worden, der, wie die Christen sagen, binden und lösen kann, muß, weil er gleichsam für Gott auf der Erde arbeitet, auch mehr als ein Mensch sein. Mehr als ein Mensch? fragte Fischele verwundert. Das heißt, er darf nicht die gewöhnlichen Wege gehen, die Andere gehen. Gott muß ihm mehr sein, als alles Andere auf Erden, er soll sein Herz nicht an das hängen, was Andere erfreut; er muß gleichsam herausragen wie ein Wegweiser auf der Heerstraße, damit ihn die Anderen sehen können. Der Lehrer wurde hier von einem zornigen Rufe Josseph's unterbrochen. Verzeiht mir, Herr Lehrer, sagte dieser mit heftiger Geberde, man kann, Gott sei davor, wahnsinnig werden, wenn man Euren Reden da länger zuhört. Wie kommt da Eines zum Andern? Ihr macht's wie die Schalksnarren, die Eines aufs Andere reimen, wenn's auch nicht geht. Wie kommt denn der Geistliche da auf einmal zum Chumesch (Bibel)? Lernt Ihr meinem Kinde, daß es ein Geistlicher wird und weiß, was die Geistlichen thun? Mit jenem überlegenen Lächeln, das Menschen so

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:25:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:25:39Z)

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Zitationshilfe: Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kompert_verlorene_1910/111>, abgerufen am 04.12.2024.