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Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Antlitze; die Last, die dieses Herz gedrückt hatte, mußte aber auch unaussprechlich gewesen sein. Sie selbst meinte:

Kann Einem, der einen Menschen todtgeschlagen hat, anders zu Muthe sein, wie mir ist? Ich hab' gehört, so Einer, wenn er das ganze Jahr Alles geläugnet hat, was man ihm vorwirft, soll oft mitten in der Nacht um den Richter schicken, und da schüttet er sein Herz vor ihm aus und sagt ihm Alles, was ihm wie ein Centner drauf gelegen ist. Merkwürdig soll aber sein, wie so Einem dann zu Muth ist; es ist ihm, als hätt' er etwas sehr Gutes und Gottgefälliges gethan, und er weiß doch, daß er sich selber hat geschadet, denn jetzt werden die Büttel kommen, und der Galgen wartet auf ihn.

Babe, rief, erschreckt durch das grauenhafte Gleichniß, das er nur halb verstand, der Knabe, wer hat denn einen Menschen todtgeschlagen?

Wer redet von dem? entgegnete die alte Frau, fast selbst erschrocken. Fischele! einen Menschen todtschlagen, wo fällst du auf dem aus? Hab' ich von dem gesprochen?

Instinctmäßig begriff der Knabe, um was es sich eigentlich hier handle; er that keine Einsprache mehr; er wußte aus langer Gewohnheit, daß man die Großmutter einen Umweg durch das Gedankengebiet müsse machen lassen, bis sie wieder dahin zurückkehre, woher sie ausgegangen.

Antlitze; die Last, die dieses Herz gedrückt hatte, mußte aber auch unaussprechlich gewesen sein. Sie selbst meinte:

Kann Einem, der einen Menschen todtgeschlagen hat, anders zu Muthe sein, wie mir ist? Ich hab' gehört, so Einer, wenn er das ganze Jahr Alles geläugnet hat, was man ihm vorwirft, soll oft mitten in der Nacht um den Richter schicken, und da schüttet er sein Herz vor ihm aus und sagt ihm Alles, was ihm wie ein Centner drauf gelegen ist. Merkwürdig soll aber sein, wie so Einem dann zu Muth ist; es ist ihm, als hätt' er etwas sehr Gutes und Gottgefälliges gethan, und er weiß doch, daß er sich selber hat geschadet, denn jetzt werden die Büttel kommen, und der Galgen wartet auf ihn.

Babe, rief, erschreckt durch das grauenhafte Gleichniß, das er nur halb verstand, der Knabe, wer hat denn einen Menschen todtgeschlagen?

Wer redet von dem? entgegnete die alte Frau, fast selbst erschrocken. Fischele! einen Menschen todtschlagen, wo fällst du auf dem aus? Hab' ich von dem gesprochen?

Instinctmäßig begriff der Knabe, um was es sich eigentlich hier handle; er that keine Einsprache mehr; er wußte aus langer Gewohnheit, daß man die Großmutter einen Umweg durch das Gedankengebiet müsse machen lassen, bis sie wieder dahin zurückkehre, woher sie ausgegangen.

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[0045] Antlitze; die Last, die dieses Herz gedrückt hatte, mußte aber auch unaussprechlich gewesen sein. Sie selbst meinte: Kann Einem, der einen Menschen todtgeschlagen hat, anders zu Muthe sein, wie mir ist? Ich hab' gehört, so Einer, wenn er das ganze Jahr Alles geläugnet hat, was man ihm vorwirft, soll oft mitten in der Nacht um den Richter schicken, und da schüttet er sein Herz vor ihm aus und sagt ihm Alles, was ihm wie ein Centner drauf gelegen ist. Merkwürdig soll aber sein, wie so Einem dann zu Muth ist; es ist ihm, als hätt' er etwas sehr Gutes und Gottgefälliges gethan, und er weiß doch, daß er sich selber hat geschadet, denn jetzt werden die Büttel kommen, und der Galgen wartet auf ihn. Babe, rief, erschreckt durch das grauenhafte Gleichniß, das er nur halb verstand, der Knabe, wer hat denn einen Menschen todtgeschlagen? Wer redet von dem? entgegnete die alte Frau, fast selbst erschrocken. Fischele! einen Menschen todtschlagen, wo fällst du auf dem aus? Hab' ich von dem gesprochen? Instinctmäßig begriff der Knabe, um was es sich eigentlich hier handle; er that keine Einsprache mehr; er wußte aus langer Gewohnheit, daß man die Großmutter einen Umweg durch das Gedankengebiet müsse machen lassen, bis sie wieder dahin zurückkehre, woher sie ausgegangen.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:25:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:25:39Z)

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Zitationshilfe: Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kompert_verlorene_1910/45>, abgerufen am 21.11.2024.