Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

schah es, daß zwei Grafen aus Neapel bei ihm einsprachen, um eine bedeutende Summe Geldes von ihm geliehen zu erhalten. Er empfing die Herren freundlich und bewirthete sie in seinem städtischen Palast zu Ischia, daß sich die Tafeln bogen, weigerte sich jedoch, ihnen die Summe vorzustrecken, weil sie dieselbe, wie er wohl bemerkte, nicht zu Verbesserung ihrer sehr vernachlässigten Güter, sondern nur zum Verprassen auf dem neapolitanischen Carneval haben wollten. Seine Weigerung traf die stolzen Herren sehr empfindlich, dennoch wußten sie, so lange sie noch in seiner Gesellschaft waren, den Ton der feinsten Höflichkeit zu halten. Der Aerger über den mißlungenen Plan brach erst aus, als Don Antonio sie an der Thür seines Palastes entlassen hatte. Da blieb der Eine der Herren, Don Ottavio, stolz und verachtend stehn und rief ihm über die Schulter nach: Geh zu, Kahlkopf!

Dieses Wort hörte Don Antonio zwar nicht mehr, denn er war schon in das Haus gegangen; aber mehrere Leute, die auf der Straße standen, vernahmen es wohl, und ein alter Sackträger sprach entrüstet zu dem Grafen Ottavio: Herr, Ihr mögt sein, wer Ihr wollt; aber einem Ehrenmanne, wie Don Antonio, dürft Ihr hier zu Lande dergleichen nicht nachrufen!

Geht es dich an, was ich rede, du Lastthier? fragte Dort Ottavio und ging stolz dahin.

Aber der Mann trat ihm munter in den Weg und sagte: Ja, Herr, uns Ischiesen geht Alles an, was

schah es, daß zwei Grafen aus Neapel bei ihm einsprachen, um eine bedeutende Summe Geldes von ihm geliehen zu erhalten. Er empfing die Herren freundlich und bewirthete sie in seinem städtischen Palast zu Ischia, daß sich die Tafeln bogen, weigerte sich jedoch, ihnen die Summe vorzustrecken, weil sie dieselbe, wie er wohl bemerkte, nicht zu Verbesserung ihrer sehr vernachlässigten Güter, sondern nur zum Verprassen auf dem neapolitanischen Carneval haben wollten. Seine Weigerung traf die stolzen Herren sehr empfindlich, dennoch wußten sie, so lange sie noch in seiner Gesellschaft waren, den Ton der feinsten Höflichkeit zu halten. Der Aerger über den mißlungenen Plan brach erst aus, als Don Antonio sie an der Thür seines Palastes entlassen hatte. Da blieb der Eine der Herren, Don Ottavio, stolz und verachtend stehn und rief ihm über die Schulter nach: Geh zu, Kahlkopf!

Dieses Wort hörte Don Antonio zwar nicht mehr, denn er war schon in das Haus gegangen; aber mehrere Leute, die auf der Straße standen, vernahmen es wohl, und ein alter Sackträger sprach entrüstet zu dem Grafen Ottavio: Herr, Ihr mögt sein, wer Ihr wollt; aber einem Ehrenmanne, wie Don Antonio, dürft Ihr hier zu Lande dergleichen nicht nachrufen!

Geht es dich an, was ich rede, du Lastthier? fragte Dort Ottavio und ging stolz dahin.

Aber der Mann trat ihm munter in den Weg und sagte: Ja, Herr, uns Ischiesen geht Alles an, was

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0013"/>
schah es, daß zwei Grafen aus Neapel                bei ihm einsprachen, um eine bedeutende Summe Geldes von ihm geliehen zu erhalten. Er                empfing die Herren freundlich und bewirthete sie in seinem städtischen Palast zu                Ischia, daß sich die Tafeln bogen, weigerte sich jedoch, ihnen die Summe                vorzustrecken, weil sie dieselbe, wie er wohl bemerkte, nicht zu Verbesserung ihrer                sehr vernachlässigten Güter, sondern nur zum Verprassen auf dem neapolitanischen                Carneval haben wollten. Seine Weigerung traf die stolzen Herren sehr empfindlich,                dennoch wußten sie, so lange sie noch in seiner Gesellschaft waren, den Ton der                feinsten Höflichkeit zu halten. Der Aerger über den mißlungenen Plan brach erst aus,                als Don Antonio sie an der Thür seines Palastes entlassen hatte. Da blieb der Eine                der Herren, Don Ottavio, stolz und verachtend stehn und rief ihm über die Schulter                nach: Geh zu, Kahlkopf!</p><lb/>
        <p>Dieses Wort hörte Don Antonio zwar nicht mehr, denn er war schon in das Haus                gegangen; aber mehrere Leute, die auf der Straße standen, vernahmen es wohl, und ein                alter Sackträger sprach entrüstet zu dem Grafen Ottavio: Herr, Ihr mögt sein, wer Ihr                wollt; aber einem Ehrenmanne, wie Don Antonio, dürft Ihr hier zu Lande dergleichen                nicht nachrufen!</p><lb/>
        <p>Geht es dich an, was ich rede, du Lastthier? fragte Dort Ottavio und ging stolz                dahin.</p><lb/>
        <p>Aber der Mann trat ihm munter in den Weg und sagte: Ja, Herr, uns Ischiesen geht                Alles an, was<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0013] schah es, daß zwei Grafen aus Neapel bei ihm einsprachen, um eine bedeutende Summe Geldes von ihm geliehen zu erhalten. Er empfing die Herren freundlich und bewirthete sie in seinem städtischen Palast zu Ischia, daß sich die Tafeln bogen, weigerte sich jedoch, ihnen die Summe vorzustrecken, weil sie dieselbe, wie er wohl bemerkte, nicht zu Verbesserung ihrer sehr vernachlässigten Güter, sondern nur zum Verprassen auf dem neapolitanischen Carneval haben wollten. Seine Weigerung traf die stolzen Herren sehr empfindlich, dennoch wußten sie, so lange sie noch in seiner Gesellschaft waren, den Ton der feinsten Höflichkeit zu halten. Der Aerger über den mißlungenen Plan brach erst aus, als Don Antonio sie an der Thür seines Palastes entlassen hatte. Da blieb der Eine der Herren, Don Ottavio, stolz und verachtend stehn und rief ihm über die Schulter nach: Geh zu, Kahlkopf! Dieses Wort hörte Don Antonio zwar nicht mehr, denn er war schon in das Haus gegangen; aber mehrere Leute, die auf der Straße standen, vernahmen es wohl, und ein alter Sackträger sprach entrüstet zu dem Grafen Ottavio: Herr, Ihr mögt sein, wer Ihr wollt; aber einem Ehrenmanne, wie Don Antonio, dürft Ihr hier zu Lande dergleichen nicht nachrufen! Geht es dich an, was ich rede, du Lastthier? fragte Dort Ottavio und ging stolz dahin. Aber der Mann trat ihm munter in den Weg und sagte: Ja, Herr, uns Ischiesen geht Alles an, was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:47:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:47:01Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910/13
Zitationshilfe: Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910/13>, abgerufen am 23.11.2024.