Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kopisch, August: Der Träumer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–67. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

vor Glänzen durchaus seine Figur nicht ausnehmen konnte; so viel Mühe ich mir gab, ich konnte mir seine Züge nicht zusammenfinden, bis ich über dieser Bemühung aufwachte; da schien mir die helle Morgensonne gerade ins Gesicht. Nun rathet selbst, auf wen deutet der Traum?

Nun, jedenfalls auf einen wohlhabenden Mann, sagte Granco lächelnd.

Richtig, sagte Strintillo, ein Reicher soll sie haben, dann wird sie glücklich sein, weiter sage ich nichts, und nenne Keinen, um Keinen zu beleidigen. Wer sich so reich glaubt, richte binnen drei Wochen ein Fest zu. Gefällt es mir, so soll es sein Hochzeitfest sein, und er mag meine Tochter heimführen mit allem Segen Gottes.

Aber . . . begann da todtenbleich Giovanni.

Nichts weiter, fiel ihm Strintillo in die Rede, ich bin Don Strintillo, und was ich haben will, muß geschehen! Damit ging er in sein Gemach und ließ die beiden Freier in sehr verschiedenen Empfindungen stehn.

Don Granco, seines Sieges mehr als gewiß, kniff vor Freuden den Mund zusammen, blies sein Oberlippchen auf, drückte gleich einem Kropftäuberich das Kinn an den Hals und gurrte behaglich Hm, hm! Damit ging er und nahm sich so drollig aus, daß auch ein Todter über ihn hätte lachen müssen. Doch Giovanni lachte nicht, der Arme stand da wie gefroren. Sein Auge sah nicht mehr, sein Ohr hörte nicht mehr.

vor Glänzen durchaus seine Figur nicht ausnehmen konnte; so viel Mühe ich mir gab, ich konnte mir seine Züge nicht zusammenfinden, bis ich über dieser Bemühung aufwachte; da schien mir die helle Morgensonne gerade ins Gesicht. Nun rathet selbst, auf wen deutet der Traum?

Nun, jedenfalls auf einen wohlhabenden Mann, sagte Granco lächelnd.

Richtig, sagte Strintillo, ein Reicher soll sie haben, dann wird sie glücklich sein, weiter sage ich nichts, und nenne Keinen, um Keinen zu beleidigen. Wer sich so reich glaubt, richte binnen drei Wochen ein Fest zu. Gefällt es mir, so soll es sein Hochzeitfest sein, und er mag meine Tochter heimführen mit allem Segen Gottes.

Aber . . . begann da todtenbleich Giovanni.

Nichts weiter, fiel ihm Strintillo in die Rede, ich bin Don Strintillo, und was ich haben will, muß geschehen! Damit ging er in sein Gemach und ließ die beiden Freier in sehr verschiedenen Empfindungen stehn.

Don Granco, seines Sieges mehr als gewiß, kniff vor Freuden den Mund zusammen, blies sein Oberlippchen auf, drückte gleich einem Kropftäuberich das Kinn an den Hals und gurrte behaglich Hm, hm! Damit ging er und nahm sich so drollig aus, daß auch ein Todter über ihn hätte lachen müssen. Doch Giovanni lachte nicht, der Arme stand da wie gefroren. Sein Auge sah nicht mehr, sein Ohr hörte nicht mehr.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0022"/>
vor                     Glänzen durchaus seine Figur nicht ausnehmen konnte; so viel Mühe ich mir gab,                     ich konnte mir seine Züge nicht zusammenfinden, bis ich über dieser Bemühung                     aufwachte; da schien mir die helle Morgensonne gerade ins Gesicht. Nun rathet                     selbst, auf wen deutet der Traum?</p><lb/>
        <p>Nun, jedenfalls auf einen wohlhabenden Mann, sagte Granco lächelnd.</p><lb/>
        <p>Richtig, sagte Strintillo, ein Reicher soll sie haben, dann wird sie glücklich                     sein, weiter sage ich nichts, und nenne Keinen, um Keinen zu beleidigen. Wer                     sich so reich glaubt, richte binnen drei Wochen ein Fest zu. Gefällt es mir, so                     soll es sein Hochzeitfest sein, und er mag meine Tochter heimführen mit allem                     Segen Gottes.</p><lb/>
        <p>Aber . . . begann da todtenbleich Giovanni.</p><lb/>
        <p>Nichts weiter, fiel ihm Strintillo in die Rede, ich bin Don Strintillo, und was                     ich haben will, muß geschehen! Damit ging er in sein Gemach und ließ die beiden                     Freier in sehr verschiedenen Empfindungen stehn.</p><lb/>
        <p>Don Granco, seines Sieges mehr als gewiß, kniff vor Freuden den Mund zusammen,                     blies sein Oberlippchen auf, drückte gleich einem Kropftäuberich das Kinn an den                     Hals und gurrte behaglich Hm, hm! Damit ging er und nahm sich so drollig aus,                     daß auch ein Todter über ihn hätte lachen müssen. Doch Giovanni lachte nicht,                     der Arme stand da wie gefroren. Sein Auge sah nicht mehr, sein Ohr hörte nicht                     mehr.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0022] vor Glänzen durchaus seine Figur nicht ausnehmen konnte; so viel Mühe ich mir gab, ich konnte mir seine Züge nicht zusammenfinden, bis ich über dieser Bemühung aufwachte; da schien mir die helle Morgensonne gerade ins Gesicht. Nun rathet selbst, auf wen deutet der Traum? Nun, jedenfalls auf einen wohlhabenden Mann, sagte Granco lächelnd. Richtig, sagte Strintillo, ein Reicher soll sie haben, dann wird sie glücklich sein, weiter sage ich nichts, und nenne Keinen, um Keinen zu beleidigen. Wer sich so reich glaubt, richte binnen drei Wochen ein Fest zu. Gefällt es mir, so soll es sein Hochzeitfest sein, und er mag meine Tochter heimführen mit allem Segen Gottes. Aber . . . begann da todtenbleich Giovanni. Nichts weiter, fiel ihm Strintillo in die Rede, ich bin Don Strintillo, und was ich haben will, muß geschehen! Damit ging er in sein Gemach und ließ die beiden Freier in sehr verschiedenen Empfindungen stehn. Don Granco, seines Sieges mehr als gewiß, kniff vor Freuden den Mund zusammen, blies sein Oberlippchen auf, drückte gleich einem Kropftäuberich das Kinn an den Hals und gurrte behaglich Hm, hm! Damit ging er und nahm sich so drollig aus, daß auch ein Todter über ihn hätte lachen müssen. Doch Giovanni lachte nicht, der Arme stand da wie gefroren. Sein Auge sah nicht mehr, sein Ohr hörte nicht mehr.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:35:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:35:42Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_traeumer_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_traeumer_1910/22
Zitationshilfe: Kopisch, August: Der Träumer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–67. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_traeumer_1910/22>, abgerufen am 23.04.2024.