Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 1. Dortmund, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
3. Er war reich, hatte Schafe, Kühe und Rinder,
Auch ausser unserm Helden noch viele Kinder,
Sowohl von männlich - als weiblichem Ge-
schlecht,
Und lebte übrigens schlecht und recht.
4. Hatte dabei einen kleinen Weinhandel,
War aufrichtig im Leben und Wandel,
Und sowohl im Rathhaus als daheim fromm,
Dabei auch ein großer Oekonom.
5. Er war von Religion ein ächter Lutheraner,
In der Philosophie aber nicht Kartesian- noch
Wolfianer,
Weil er überhaupt weder Kartes, Wolf
oder Kant
Noch sonst eigentlich Philosophie verstand.
6. Jedoch hatte er ein wenig studiret
Und ein Jahr lang das Gymnasium frequentiret,
Wußte folglich in so weit viel mehr
Als sonst gewöhnlich ein hochweiser Rathsherr.
7. Er lieh gern Dürftigen und Elenden
Wenn sie etwas hatten zu verpfänden,
Nahm höchstens zwölf pro Cent davon
Und war sehr dick und klein von Konstitution.
8. Aß übrigens und trank nach Appetite
Und bei seinem phlegmatischen Geblüte,
Rauchte er manche Pfeife Tabak,
Und fand an Zeitungslesen Geschmack.
9. Doch
3. Er war reich, hatte Schafe, Kuͤhe und Rinder,
Auch auſſer unſerm Helden noch viele Kinder,
Sowohl von maͤnnlich ‒ als weiblichem Ge-
ſchlecht,
Und lebte uͤbrigens ſchlecht und recht.
4. Hatte dabei einen kleinen Weinhandel,
War aufrichtig im Leben und Wandel,
Und ſowohl im Rathhaus als daheim fromm,
Dabei auch ein großer Oekonom.
5. Er war von Religion ein aͤchter Lutheraner,
In der Philoſophie aber nicht Karteſian- noch
Wolfianer,
Weil er uͤberhaupt weder Kartes, Wolf
oder Kant
Noch ſonſt eigentlich Philoſophie verſtand.
6. Jedoch hatte er ein wenig ſtudiret
Und ein Jahr lang das Gymnaſium frequentiret,
Wußte folglich in ſo weit viel mehr
Als ſonſt gewoͤhnlich ein hochweiſer Rathsherr.
7. Er lieh gern Duͤrftigen und Elenden
Wenn ſie etwas hatten zu verpfaͤnden,
Nahm hoͤchſtens zwoͤlf pro Cent davon
Und war ſehr dick und klein von Konſtitution.
8. Aß uͤbrigens und trank nach Appetite
Und bei ſeinem phlegmatiſchen Gebluͤte,
Rauchte er manche Pfeife Tabak,
Und fand an Zeitungsleſen Geſchmack.
9. Doch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0030" n="6"/>
          <lg n="3">
            <l>3. Er war reich, hatte Schafe, Ku&#x0364;he und Rinder,</l><lb/>
            <l>Auch au&#x017F;&#x017F;er un&#x017F;erm Helden noch viele Kinder,</l><lb/>
            <l>Sowohl von ma&#x0364;nnlich &#x2012; als weiblichem Ge-</l><lb/>
            <l>&#x017F;chlecht,</l><lb/>
            <l>Und lebte u&#x0364;brigens &#x017F;chlecht und recht.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l>4. Hatte dabei einen kleinen Weinhandel,</l><lb/>
            <l>War aufrichtig im Leben und Wandel,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;owohl im Rathhaus als daheim fromm,</l><lb/>
            <l>Dabei auch ein großer Oekonom.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <l>5. Er war von Religion ein a&#x0364;chter Lutheraner,</l><lb/>
            <l>In der Philo&#x017F;ophie aber nicht Karte&#x017F;ian- noch</l><lb/>
            <l>Wolfianer,</l><lb/>
            <l>Weil er u&#x0364;berhaupt weder <hi rendition="#g">Kartes, Wolf</hi></l><lb/>
            <l>oder <hi rendition="#g">Kant</hi></l><lb/>
            <l>Noch &#x017F;on&#x017F;t eigentlich Philo&#x017F;ophie ver&#x017F;tand.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="6">
            <l>6. Jedoch hatte er ein wenig &#x017F;tudiret</l><lb/>
            <l>Und ein Jahr lang das Gymna&#x017F;ium frequentiret,</l><lb/>
            <l>Wußte folglich in &#x017F;o weit viel mehr</l><lb/>
            <l>Als &#x017F;on&#x017F;t gewo&#x0364;hnlich ein hochwei&#x017F;er Rathsherr.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="7">
            <l>7. Er lieh gern Du&#x0364;rftigen und Elenden</l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ie etwas hatten zu verpfa&#x0364;nden,</l><lb/>
            <l>Nahm ho&#x0364;ch&#x017F;tens zwo&#x0364;lf pro Cent davon</l><lb/>
            <l>Und war &#x017F;ehr dick und klein von Kon&#x017F;titution.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="8">
            <l>8. Aß u&#x0364;brigens und trank nach Appetite</l><lb/>
            <l>Und bei &#x017F;einem phlegmati&#x017F;chen Geblu&#x0364;te,</l><lb/>
            <l>Rauchte er manche Pfeife Tabak,</l><lb/>
            <l>Und fand an Zeitungsle&#x017F;en Ge&#x017F;chmack.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">9. <hi rendition="#g">Doch</hi></fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0030] 3. Er war reich, hatte Schafe, Kuͤhe und Rinder, Auch auſſer unſerm Helden noch viele Kinder, Sowohl von maͤnnlich ‒ als weiblichem Ge- ſchlecht, Und lebte uͤbrigens ſchlecht und recht. 4. Hatte dabei einen kleinen Weinhandel, War aufrichtig im Leben und Wandel, Und ſowohl im Rathhaus als daheim fromm, Dabei auch ein großer Oekonom. 5. Er war von Religion ein aͤchter Lutheraner, In der Philoſophie aber nicht Karteſian- noch Wolfianer, Weil er uͤberhaupt weder Kartes, Wolf oder Kant Noch ſonſt eigentlich Philoſophie verſtand. 6. Jedoch hatte er ein wenig ſtudiret Und ein Jahr lang das Gymnaſium frequentiret, Wußte folglich in ſo weit viel mehr Als ſonſt gewoͤhnlich ein hochweiſer Rathsherr. 7. Er lieh gern Duͤrftigen und Elenden Wenn ſie etwas hatten zu verpfaͤnden, Nahm hoͤchſtens zwoͤlf pro Cent davon Und war ſehr dick und klein von Konſtitution. 8. Aß uͤbrigens und trank nach Appetite Und bei ſeinem phlegmatiſchen Gebluͤte, Rauchte er manche Pfeife Tabak, Und fand an Zeitungsleſen Geſchmack. 9. Doch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade01_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade01_1799/30
Zitationshilfe: Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 1. Dortmund, 1799, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade01_1799/30>, abgerufen am 24.11.2024.