Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 1. Dortmund, 1799.5. Sie schien alt zu seyn etwa zwanzig Jahre, Schön von Gesicht, schwarz von Augen und Haare, Und rosenroth von Wangen und Mund, Dabei auch von schönem Wuchse, und 6. Kurz zu sagen, in ihrem ganzen Wesen, Konnte man nichts als lauter Anmuth lesen; Sie erkundigte sich in Kurzweil und Scherz Alsbald nach des traurigen Hieronimi Schmerz. 7. Wobei sie denselben freundlich anlachte; Dies Lächeln that gute Wirkung und machte, Daß er, da er dichte neben ihr saß, Seinen Verlust des Päckleins vergaß. 8. Er gerieth auch wirklich fast in Entzücken, Weil er in ihrer ganzen Person und Blicken So viel treffliche Reize fand, Gefährlich vor sein bischen Verstand. 9. Es hatte noch keine halbe Stunde gewähret, Als er schon die Lieb', in bester Form, ihr erkläret, So bündig, als je ein Held im Roman Die Brunst seiner Schönen erklären kann. 10. Sie schien nicht ungern ihn anzuhören, Und that ihn gar nicht im Vortrage stören, Hieronimus ward also endlich so frei Und rückte näher zu ihr herbei. 11. Ich
5. Sie ſchien alt zu ſeyn etwa zwanzig Jahre, Schoͤn von Geſicht, ſchwarz von Augen und Haare, Und roſenroth von Wangen und Mund, Dabei auch von ſchoͤnem Wuchſe, und 6. Kurz zu ſagen, in ihrem ganzen Weſen, Konnte man nichts als lauter Anmuth leſen; Sie erkundigte ſich in Kurzweil und Scherz Alsbald nach des traurigen Hieronimi Schmerz. 7. Wobei ſie denſelben freundlich anlachte; Dies Laͤcheln that gute Wirkung und machte, Daß er, da er dichte neben ihr ſaß, Seinen Verluſt des Paͤckleins vergaß. 8. Er gerieth auch wirklich faſt in Entzuͤcken, Weil er in ihrer ganzen Perſon und Blicken So viel treffliche Reize fand, Gefaͤhrlich vor ſein bischen Verſtand. 9. Es hatte noch keine halbe Stunde gewaͤhret, Als er ſchon die Lieb’, in beſter Form, ihr erklaͤret, So buͤndig, als je ein Held im Roman Die Brunſt ſeiner Schoͤnen erklaͤren kann. 10. Sie ſchien nicht ungern ihn anzuhoͤren, Und that ihn gar nicht im Vortrage ſtoͤren, Hieronimus ward alſo endlich ſo frei Und ruͤckte naͤher zu ihr herbei. 11. Ich
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5. Sie ſchien alt zu ſeyn etwa zwanzig Jahre,
Schoͤn von Geſicht, ſchwarz von Augen und
Haare,
Und roſenroth von Wangen und Mund,
Dabei auch von ſchoͤnem Wuchſe, und
6. Kurz zu ſagen, in ihrem ganzen Weſen,
Konnte man nichts als lauter Anmuth leſen;
Sie erkundigte ſich in Kurzweil und Scherz
Alsbald nach des traurigen Hieronimi
Schmerz.
7. Wobei ſie denſelben freundlich anlachte;
Dies Laͤcheln that gute Wirkung und machte,
Daß er, da er dichte neben ihr ſaß,
Seinen Verluſt des Paͤckleins vergaß.
8. Er gerieth auch wirklich faſt in Entzuͤcken,
Weil er in ihrer ganzen Perſon und Blicken
So viel treffliche Reize fand,
Gefaͤhrlich vor ſein bischen Verſtand.
9. Es hatte noch keine halbe Stunde gewaͤhret,
Als er ſchon die Lieb’, in beſter Form, ihr erklaͤret,
So buͤndig, als je ein Held im Roman
Die Brunſt ſeiner Schoͤnen erklaͤren kann.
10. Sie ſchien nicht ungern ihn anzuhoͤren,
Und that ihn gar nicht im Vortrage ſtoͤren,
Hieronimus ward alſo endlich ſo frei
Und ruͤckte naͤher zu ihr herbei.
11. Ich
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