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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Meines Blumengartens schönste Pflanze
Brächt' ich gerne dir zum Opfer dar;
Flöchte gern' aus meinem Dichterkranze
Einen Lorbeer in dein blondes Haar;
Führte gerne dich zum Reihentanze
In der Grazien und Musen Schaar;
Reichte gerne dir beym Göttermahle
Der Unsterblichkeit kristallne Nektarschale.
Doch ein Geist, durchglüht von Dichterfeuer,
Ist nicht edler, als ein reines Herz.
Edel, wie Gefühl für Harf' und Leyer
Ist Gefühl für Menschenwohl und Schmerz.
Theu'r dem Engel und dem Menschen theuer
Ist ein zartes ungefärbtes Herz,
Dessen Einfalt noch kein Wahn verschraubte,
Dem noch Thorheit nicht die schöne Unschuld
raubte.
Schöner ist, als Klopstocks schönste Ode,
Eine That der reinen Menschlichkeit;
Sie beschämt den Putz der schönsten Mode,
Lohnt mit himmlischer Zufriedenheit,
Lächelt, wie ein Engel, Trost im Tode,
Und geleitet in die Ewigkeit.
Solcher Thaten viel dir zu erstreben,
Freundin, sey dein Preis, dein Kranz, dein Heil
im Leben!
Meines Blumengartens schönste Pflanze
Brächt' ich gerne dir zum Opfer dar;
Flöchte gern' aus meinem Dichterkranze
Einen Lorbeer in dein blondes Haar;
Führte gerne dich zum Reihentanze
In der Grazien und Musen Schaar;
Reichte gerne dir beym Göttermahle
Der Unsterblichkeit kristallne Nektarschale.
Doch ein Geist, durchglüht von Dichterfeuer,
Ist nicht edler, als ein reines Herz.
Edel, wie Gefühl für Harf' und Leyer
Ist Gefühl für Menschenwohl und Schmerz.
Theu'r dem Engel und dem Menschen theuer
Ist ein zartes ungefärbtes Herz,
Dessen Einfalt noch kein Wahn verschraubte,
Dem noch Thorheit nicht die schöne Unschuld
raubte.
Schöner ist, als Klopstocks schönste Ode,
Eine That der reinen Menschlichkeit;
Sie beschämt den Putz der schönsten Mode,
Lohnt mit himmlischer Zufriedenheit,
Lächelt, wie ein Engel, Trost im Tode,
Und geleitet in die Ewigkeit.
Solcher Thaten viel dir zu erstreben,
Freundin, sey dein Preis, dein Kranz, dein Heil
im Leben!
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[88/0128] Meines Blumengartens schönste Pflanze Brächt' ich gerne dir zum Opfer dar; Flöchte gern' aus meinem Dichterkranze Einen Lorbeer in dein blondes Haar; Führte gerne dich zum Reihentanze In der Grazien und Musen Schaar; Reichte gerne dir beym Göttermahle Der Unsterblichkeit kristallne Nektarschale. Doch ein Geist, durchglüht von Dichterfeuer, Ist nicht edler, als ein reines Herz. Edel, wie Gefühl für Harf' und Leyer Ist Gefühl für Menschenwohl und Schmerz. Theu'r dem Engel und dem Menschen theuer Ist ein zartes ungefärbtes Herz, Dessen Einfalt noch kein Wahn verschraubte, Dem noch Thorheit nicht die schöne Unschuld raubte. Schöner ist, als Klopstocks schönste Ode, Eine That der reinen Menschlichkeit; Sie beschämt den Putz der schönsten Mode, Lohnt mit himmlischer Zufriedenheit, Lächelt, wie ein Engel, Trost im Tode, Und geleitet in die Ewigkeit. Solcher Thaten viel dir zu erstreben, Freundin, sey dein Preis, dein Kranz, dein Heil im Leben!

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/128>, abgerufen am 11.05.2024.