Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.Sey mir gegrüsst, geweihter Hayn! Mit heilger Scheu, mit leisem Graun Beschreit' ich deine Nacht. Wie dunkel ist die Nacht! Es flammt Am Himmel hoch die Mittagssonn'. Im Wald' ist Mitternacht. Und tiefer in den tiefen Wald Verloren irr' ich. Rings umher Ist feyerliches Still. Jtzt wimmert es aus hohler Schlucht; Jtzt lispelt es im Buchenlaub; Jtzt flistert's in dem Schilf. -- Es öffnet sich des Walles Ring, Den rings die Väter schütteten Zum Schirm des Heiligthums. Des Tempels Thore thun sich auf. Das Allerheiligste empfängt Den bangen Wanderer. Wie brüllt das Meer! Wie saust der Wald! Wie raucht der blut'ge Opferstein! Der schwarze Pfuhl erdampft. Das Messer blinkt. Der Stein erdampft Von lauem Menschenblut. Das Meer Erbrüllt. Es braust der Wald. Sey mir gegrüſst, geweihter Hayn! Mit heilger Scheu, mit leisem Graun Beschreit' ich deine Nacht. Wie dunkel ist die Nacht! Es flammt Am Himmel hoch die Mittagssonn'. Im Wald' ist Mitternacht. Und tiefer in den tiefen Wald Verloren irr' ich. Rings umher Ist feyerliches Still. Jtzt wimmert es aus hohler Schlucht; Jtzt lispelt es im Buchenlaub; Jtzt flistert's in dem Schilf. — Es öffnet sich des Walles Ring, Den rings die Väter schütteten Zum Schirm des Heiligthums. Des Tempels Thore thun sich auf. Das Allerheiligste empfängt Den bangen Wanderer. Wie brüllt das Meer! Wie saust der Wald! Wie raucht der blut'ge Opferstein! Der schwarze Pfuhl erdampft. Das Messer blinkt. Der Stein erdampft Von lauem Menschenblut. Das Meer Erbrüllt. Es braust der Wald. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0223" n="181"/> <lg n="2"> <l>Sey mir gegrüſst, geweihter Hayn!</l><lb/> <l>Mit heilger Scheu, mit leisem Graun</l><lb/> <l>Beschreit' ich deine Nacht.</l><lb/> <l>Wie dunkel ist die Nacht! Es flammt</l><lb/> <l>Am Himmel hoch die Mittagssonn'.</l><lb/> <l>Im Wald' ist Mitternacht.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Und tiefer in den tiefen Wald</l><lb/> <l>Verloren irr' ich. Rings umher</l><lb/> <l>Ist feyerliches Still.</l><lb/> <l>Jtzt wimmert es aus hohler Schlucht;</l><lb/> <l>Jtzt lispelt es im Buchenlaub;</l><lb/> <l>Jtzt flistert's in dem Schilf. —</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Es öffnet sich des Walles Ring,</l><lb/> <l>Den rings die Väter schütteten</l><lb/> <l>Zum Schirm des Heiligthums.</l><lb/> <l>Des Tempels Thore thun sich auf.</l><lb/> <l>Das Allerheiligste empfängt</l><lb/> <l>Den bangen Wanderer.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Wie brüllt das Meer! Wie saust der Wald!</l><lb/> <l>Wie raucht der blut'ge Opferstein!</l><lb/> <l>Der schwarze Pfuhl erdampft.</l><lb/> <l>Das Messer blinkt. Der Stein erdampft</l><lb/> <l>Von lauem Menschenblut. Das Meer</l><lb/> <l>Erbrüllt. Es braust der Wald.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [181/0223]
Sey mir gegrüſst, geweihter Hayn!
Mit heilger Scheu, mit leisem Graun
Beschreit' ich deine Nacht.
Wie dunkel ist die Nacht! Es flammt
Am Himmel hoch die Mittagssonn'.
Im Wald' ist Mitternacht.
Und tiefer in den tiefen Wald
Verloren irr' ich. Rings umher
Ist feyerliches Still.
Jtzt wimmert es aus hohler Schlucht;
Jtzt lispelt es im Buchenlaub;
Jtzt flistert's in dem Schilf. —
Es öffnet sich des Walles Ring,
Den rings die Väter schütteten
Zum Schirm des Heiligthums.
Des Tempels Thore thun sich auf.
Das Allerheiligste empfängt
Den bangen Wanderer.
Wie brüllt das Meer! Wie saust der Wald!
Wie raucht der blut'ge Opferstein!
Der schwarze Pfuhl erdampft.
Das Messer blinkt. Der Stein erdampft
Von lauem Menschenblut. Das Meer
Erbrüllt. Es braust der Wald.
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