Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
Da ging im Dämmerschatten
Der schlummertrunknen Welt
Allwina mit dem Gatten,
Mit Allwill fern' ins Feld.
Zwey schönre Blumen zeugte
Noch nie die Blumenflur.
Zwey liebevoll're säugte
Noch nimmer die Natur.
Die schlankste Tann' im Hayne
Wich ihm an schlanker Höh.
Ihr wich an Duft und Reine
Die reinste Lilie.
Ihm flammt' auf braunen Wangen
Der Jugend Kraft und Muth.
Ihr wölkte blödes Bangen
Der Augen Glanz und Gluth.
Sie gehn, und Kuss und Kosen
Täuscht Weg und Stunden hin.
Schon schüttet blässre Rosen
Auf sie das Spätroth hin.
Die Schöpfung schläft; die Auen
Umflügelt Mitternacht.
Doch darf der Unschuld grauen,
Wenn sie im Finstern wacht?
Da ging im Dämmerschatten
Der schlummertrunknen Welt
Allwina mit dem Gatten,
Mit Allwill fern' ins Feld.
Zwey schönre Blumen zeugte
Noch nie die Blumenflur.
Zwey liebevoll're säugte
Noch nimmer die Natur.
Die schlankste Tann' im Hayne
Wich ihm an schlanker Höh.
Ihr wich an Duft und Reine
Die reinste Lilie.
Ihm flammt' auf braunen Wangen
Der Jugend Kraft und Muth.
Ihr wölkte blödes Bangen
Der Augen Glanz und Gluth.
Sie gehn, und Kuſs und Kosen
Täuscht Weg und Stunden hin.
Schon schüttet bläſsre Rosen
Auf sie das Spätroth hin.
Die Schöpfung schläft; die Auen
Umflügelt Mitternacht.
Doch darf der Unschuld grauen,
Wenn sie im Finstern wacht?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0243" n="201"/>
            <lg n="2">
              <l>Da ging im Dämmerschatten</l><lb/>
              <l>Der schlummertrunknen Welt</l><lb/>
              <l>Allwina mit dem Gatten,</l><lb/>
              <l>Mit Allwill fern' ins Feld.</l><lb/>
              <l>Zwey schönre Blumen zeugte</l><lb/>
              <l>Noch nie die Blumenflur.</l><lb/>
              <l>Zwey liebevoll're säugte</l><lb/>
              <l>Noch nimmer die Natur.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Die schlankste Tann' im Hayne</l><lb/>
              <l>Wich ihm an schlanker Höh.</l><lb/>
              <l>Ihr wich an Duft und Reine</l><lb/>
              <l>Die reinste Lilie.</l><lb/>
              <l>Ihm flammt' auf braunen Wangen</l><lb/>
              <l>Der Jugend Kraft und Muth.</l><lb/>
              <l>Ihr wölkte blödes Bangen</l><lb/>
              <l>Der Augen Glanz und Gluth.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Sie gehn, und Ku&#x017F;s und Kosen</l><lb/>
              <l>Täuscht Weg und Stunden hin.</l><lb/>
              <l>Schon schüttet blä&#x017F;sre Rosen</l><lb/>
              <l>Auf sie das Spätroth hin.</l><lb/>
              <l>Die Schöpfung schläft; die Auen</l><lb/>
              <l>Umflügelt Mitternacht.</l><lb/>
              <l>Doch darf der Unschuld grauen,</l><lb/>
              <l>Wenn sie im Finstern wacht?</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201/0243] Da ging im Dämmerschatten Der schlummertrunknen Welt Allwina mit dem Gatten, Mit Allwill fern' ins Feld. Zwey schönre Blumen zeugte Noch nie die Blumenflur. Zwey liebevoll're säugte Noch nimmer die Natur. Die schlankste Tann' im Hayne Wich ihm an schlanker Höh. Ihr wich an Duft und Reine Die reinste Lilie. Ihm flammt' auf braunen Wangen Der Jugend Kraft und Muth. Ihr wölkte blödes Bangen Der Augen Glanz und Gluth. Sie gehn, und Kuſs und Kosen Täuscht Weg und Stunden hin. Schon schüttet bläſsre Rosen Auf sie das Spätroth hin. Die Schöpfung schläft; die Auen Umflügelt Mitternacht. Doch darf der Unschuld grauen, Wenn sie im Finstern wacht?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/243
Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/243>, abgerufen am 13.05.2024.