Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Jegliche Falt' im Herzen der Menschen entblättert
sie; jede
Chiffer im offenen Buch des Menschengesichts liest
sie.
Jeder leisen Begier und jeder dämmernden Ahn-
dung
Folgt sie durch labyrinthische Gäng' in das heilige
Dunkel
Ihrer Geburt. Sie ergründet des Wissens schwin-
delnden Abgrund,
Misst die Kräfte, und reiht die Geschlechter, und
ordnet die Arten,
Unermüdsam besorgt, zu fassen die Regel des
Ganzen,
Einzugreifen mit rüstiger Kraft in der herrlichen
Schöpfung
Starkes Getrieb', in die Axe des unermesslichen
Weltalls --
Wachsende Sittlichkeit zu fördern, und steigende
Gnüge.

Siehe die Zwillingsschwester der Weisheit; die
Mutter gebar sie
Neben der frühern, und nannte sie Mässigkeit.
Frisch ist ihr Ansehn;
Schlank ihr Wuchs; behend ihr Bewegen; die Gluth
der Gesundheit

Jegliche Falt' im Herzen der Menschen entblättert
sie; jede
Chiffer im offenen Buch des Menschengesichts liest
sie.
Jeder leisen Begier und jeder dämmernden Ahn-
dung
Folgt sie durch labyrinthische Gäng' in das heilige
Dunkel
Ihrer Geburt. Sie ergründet des Wissens schwin-
delnden Abgrund,
Miſst die Kräfte, und reiht die Geschlechter, und
ordnet die Arten,
Unermüdsam besorgt, zu fassen die Regel des
Ganzen,
Einzugreifen mit rüstiger Kraft in der herrlichen
Schöpfung
Starkes Getrieb', in die Axe des unermeſslichen
Weltalls —
Wachsende Sittlichkeit zu fördern, und steigende
Gnüge.

Siehe die Zwillingsschwester der Weisheit; die
Mutter gebar sie
Neben der frühern, und nannte sie Mäſsigkeit.
Frisch ist ihr Ansehn;
Schlank ihr Wuchs; behend ihr Bewegen; die Gluth
der Gesundheit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="19">
              <pb facs="#f0063" n="23"/>
              <l>Jegliche Falt' im Herzen der Menschen entblättert</l><lb/>
              <l>sie; jede</l><lb/>
              <l>Chiffer im offenen Buch des Menschengesichts liest</l><lb/>
              <l>sie.</l><lb/>
              <l>Jeder leisen Begier und jeder dämmernden Ahn-</l><lb/>
              <l>dung</l><lb/>
              <l>Folgt sie durch labyrinthische Gäng' in das heilige</l><lb/>
              <l>Dunkel</l><lb/>
              <l>Ihrer Geburt. Sie ergründet des Wissens schwin-</l><lb/>
              <l>delnden Abgrund,</l><lb/>
              <l>Mi&#x017F;st die Kräfte, und reiht die Geschlechter, und</l><lb/>
              <l>ordnet die Arten,</l><lb/>
              <l>Unermüdsam besorgt, zu fassen die Regel des</l><lb/>
              <l>Ganzen,</l><lb/>
              <l>Einzugreifen mit rüstiger Kraft in der herrlichen</l><lb/>
              <l>Schöpfung</l><lb/>
              <l>Starkes Getrieb', in die Axe des unerme&#x017F;slichen</l><lb/>
              <l>Weltalls &#x2014;</l><lb/>
              <l>Wachsende Sittlichkeit zu fördern, und steigende</l><lb/>
              <l>Gnüge.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="20">
              <l>Siehe die Zwillingsschwester der Weisheit; die</l><lb/>
              <l>Mutter gebar sie</l><lb/>
              <l>Neben der frühern, und nannte sie <hi rendition="#g">&#x017F;sigkeit</hi>.</l><lb/>
              <l>Frisch ist ihr Ansehn;</l><lb/>
              <l>Schlank ihr Wuchs; behend ihr Bewegen; die Gluth</l><lb/>
              <l>der Gesundheit</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0063] Jegliche Falt' im Herzen der Menschen entblättert sie; jede Chiffer im offenen Buch des Menschengesichts liest sie. Jeder leisen Begier und jeder dämmernden Ahn- dung Folgt sie durch labyrinthische Gäng' in das heilige Dunkel Ihrer Geburt. Sie ergründet des Wissens schwin- delnden Abgrund, Miſst die Kräfte, und reiht die Geschlechter, und ordnet die Arten, Unermüdsam besorgt, zu fassen die Regel des Ganzen, Einzugreifen mit rüstiger Kraft in der herrlichen Schöpfung Starkes Getrieb', in die Axe des unermeſslichen Weltalls — Wachsende Sittlichkeit zu fördern, und steigende Gnüge. Siehe die Zwillingsschwester der Weisheit; die Mutter gebar sie Neben der frühern, und nannte sie Mäſsigkeit. Frisch ist ihr Ansehn; Schlank ihr Wuchs; behend ihr Bewegen; die Gluth der Gesundheit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/63
Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/63>, abgerufen am 13.05.2024.