Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Elwill, wärmt auch Liebe Euer ödes Reich? Weht auch Liebesodem Durch die Schattenwelt? "Wohl wärmet Liebe auch die Schattenwelt; Wohl haucht ihr Lebensathem Geister an. Doch jene arme Erdenliebe nicht, Die durch der Formen sanfte Schwingungen, Und durch der Farben holde Mischungen, Durch Umriss, Füll' und Blüth' und Gluth geweckt, Den Staub zu Staube zieht, dem Einzigen Sich eignet, und die ganze weite Welt Armselig in dem Einzigen vergisst -- Die arme enge Liebe wohnt nicht hier, Wohl aber jene reichre, edlere, Die nur dem All sich eignet, sich das All, Sich selig fühlt, nur in der Seligkeit Des grossen Alls, und dessen Seligkeit Rastlos zu fördern, höchste Wollust achtet. Die Liebe kennen wir. Sie gastet nicht, Sie wohnt und hauset unter uns. Sie ist Bey uns daheim -- Doch Telynhard, fahr wohl! Fahr wohl! Des Hades Zug entzeucht mich dir. Fahr wohl! und nimmer werde lass zu forschen, Und nimmer lass zu lehren, was du forschtest, Und nimmer lass zu üben, was du lehrtest, Bis dir der Wahrheit Urlicht strahlt, der hohen Elwill, wärmt auch Liebe Euer ödes Reich? Weht auch Liebesodem Durch die Schattenwelt? „Wohl wärmet Liebe auch die Schattenwelt; Wohl haucht ihr Lebensathem Geister an. Doch jene arme Erdenliebe nicht, Die durch der Formen sanfte Schwingungen, Und durch der Farben holde Mischungen, Durch Umriss, Füll' und Blüth' und Gluth geweckt, Den Staub zu Staube zieht, dem Einzigen Sich eignet, und die ganze weite Welt Armselig in dem Einzigen vergisst — Die arme enge Liebe wohnt nicht hier, Wohl aber jene reichre, edlere, Die nur dem All sich eignet, sich das All, Sich selig fühlt, nur in der Seligkeit Des grossen Alls, und dessen Seligkeit Rastlos zu fördern, höchste Wollust achtet. Die Liebe kennen wir. Sie gastet nicht, Sie wohnt und hauset unter uns. Sie ist Bey uns daheim — Doch Telynhard, fahr wohl! Fahr wohl! Des Hades Zug entzeucht mich dir. Fahr wohl! und nimmer werde lass zu forschen, Und nimmer lass zu lehren, was du forschtest, Und nimmer lass zu üben, was du lehrtest, Bis dir der Wahrheit Urlicht strahlt, der hohen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0138" n="122"/> </l> <lg n="16"> <l>Elwill, wärmt auch Liebe</l><lb/> <l>Euer ödes Reich?</l><lb/> <l>Weht auch Liebesodem</l><lb/> <l>Durch die Schattenwelt?</l> </lg><lb/> <lg n="17"> <l>„Wohl wärmet Liebe auch die Schattenwelt;</l><lb/> <l>Wohl haucht ihr Lebensathem Geister an.</l><lb/> <l>Doch jene arme Erdenliebe nicht,</l><lb/> <l>Die durch der Formen sanfte Schwingungen,</l><lb/> <l>Und durch der Farben holde Mischungen,</l><lb/> <l>Durch Umriss, Füll' und Blüth' und Gluth geweckt,</l><lb/> <l>Den Staub zu Staube zieht, dem Einzigen</l><lb/> <l>Sich eignet, und die ganze weite Welt</l><lb/> <l>Armselig in dem Einzigen vergisst —</l><lb/> <l>Die arme enge Liebe wohnt nicht hier,</l><lb/> <l>Wohl aber jene reichre, edlere,</l><lb/> <l>Die nur dem All sich eignet, sich das All,</l><lb/> <l>Sich selig fühlt, nur in der Seligkeit</l><lb/> <l>Des grossen Alls, und dessen Seligkeit</l><lb/> <l>Rastlos zu fördern, höchste Wollust achtet.</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Die</hi> Liebe kennen wir. Sie gastet nicht,</l><lb/> <l>Sie wohnt und hauset unter uns. Sie ist</l><lb/> <l>Bey uns daheim — Doch Telynhard, fahr wohl!</l><lb/> <l>Fahr wohl! Des Hades Zug entzeucht mich dir.</l><lb/> <l>Fahr wohl! und nimmer werde lass zu forschen,</l><lb/> <l>Und nimmer lass zu lehren, was du forschtest,</l><lb/> <l>Und nimmer lass zu üben, was du lehrtest,</l><lb/> <l>Bis dir der Wahrheit Urlicht strahlt, der hohen</l><lb/> <l> </l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [122/0138]
Elwill, wärmt auch Liebe
Euer ödes Reich?
Weht auch Liebesodem
Durch die Schattenwelt?
„Wohl wärmet Liebe auch die Schattenwelt;
Wohl haucht ihr Lebensathem Geister an.
Doch jene arme Erdenliebe nicht,
Die durch der Formen sanfte Schwingungen,
Und durch der Farben holde Mischungen,
Durch Umriss, Füll' und Blüth' und Gluth geweckt,
Den Staub zu Staube zieht, dem Einzigen
Sich eignet, und die ganze weite Welt
Armselig in dem Einzigen vergisst —
Die arme enge Liebe wohnt nicht hier,
Wohl aber jene reichre, edlere,
Die nur dem All sich eignet, sich das All,
Sich selig fühlt, nur in der Seligkeit
Des grossen Alls, und dessen Seligkeit
Rastlos zu fördern, höchste Wollust achtet.
Die Liebe kennen wir. Sie gastet nicht,
Sie wohnt und hauset unter uns. Sie ist
Bey uns daheim — Doch Telynhard, fahr wohl!
Fahr wohl! Des Hades Zug entzeucht mich dir.
Fahr wohl! und nimmer werde lass zu forschen,
Und nimmer lass zu lehren, was du forschtest,
Und nimmer lass zu üben, was du lehrtest,
Bis dir der Wahrheit Urlicht strahlt, der hohen
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