Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Erwin. Meine Geliebte, mir klingt so melancholisch die Freude. Sinket der Jauchzenden nicht weinend die Schwermuth in Arm? Siehe die blutige Brust der Federnelke. Wie diese Trägst du in blutiger Schooss, Freude, den Samen des Grams. Ellwina. Nicht die Freude, mein Erwin. Dein Geist nur gleicht dem Gewitter, Welches aus düsterem Schooss Schlossen und Leuchtungen sprüht. Aber die Wetter verziehn, und freundlicher schim- mert der Abend. Würziger duftet die Flur. Freue dich, Erwin, mit uns! Erwin. Würd' ich lieben, Geliebte, wenn ich so stürmisch mich freute? Wahrlich der taumelnden Lust ahnt' es von Liebe noch nie! Hoffende Liebe, du bist zur wilden Freude zu selig. Hoffnungslose, zu tief ritzt dein vergifteter Pfeil. Erwin. Meine Geliebte, mir klingt so melancholisch die Freude. Sinket der Jauchzenden nicht weinend die Schwermuth in Arm? Siehe die blutige Brust der Federnelke. Wie diese Trägst du in blutiger Schooss, Freude, den Samen des Grams. Ellwina. Nicht die Freude, mein Erwin. Dein Geist nur gleicht dem Gewitter, Welches aus düsterem Schooss Schlossen und Leuchtungen sprüht. Aber die Wetter verziehn, und freundlicher schim- mert der Abend. Würziger duftet die Flur. Freue dich, Erwin, mit uns! Erwin. Würd' ich lieben, Geliebte, wenn ich so stürmisch mich freute? Wahrlich der taumelnden Lust ahnt' es von Liebe noch nie! Hoffende Liebe, du bist zur wilden Freude zu selig. Hoffnungslose, zu tief ritzt dein vergifteter Pfeil. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0240" n="222"/> </l> <lg n="2"> <l><hi rendition="#g">Erwin</hi>.</l><lb/> <l>Meine Geliebte, mir klingt so melancholisch die</l><lb/> <l>Freude.</l><lb/> <l>Sinket der Jauchzenden nicht weinend die</l><lb/> <l>Schwermuth in Arm?</l><lb/> <l>Siehe die blutige Brust der Federnelke. Wie diese</l><lb/> <l>Trägst du in blutiger Schooss, Freude, den</l><lb/> <l>Samen des Grams.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l><hi rendition="#g">Ellwina</hi>.</l><lb/> <l>Nicht die Freude, mein Erwin. Dein Geist nur</l><lb/> <l>gleicht dem Gewitter,</l><lb/> <l>Welches aus düsterem Schooss Schlossen und</l><lb/> <l>Leuchtungen sprüht.</l><lb/> <l>Aber die Wetter verziehn, und freundlicher schim-</l><lb/> <l>mert der Abend.</l><lb/> <l>Würziger duftet die Flur. Freue dich,</l><lb/> <l>Erwin, mit uns!</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l><hi rendition="#g">Erwin</hi>.</l><lb/> <l>Würd' ich lieben, Geliebte, wenn ich so stürmisch</l><lb/> <l>mich freute?</l><lb/> <l>Wahrlich der taumelnden Lust ahnt' es von</l><lb/> <l>Liebe noch nie!</l><lb/> <l>Hoffende Liebe, du bist zur wilden Freude zu</l><lb/> <l>selig.</l><lb/> <l>Hoffnungslose, zu tief ritzt dein vergifteter</l><lb/> <l>Pfeil.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [222/0240]
Erwin.
Meine Geliebte, mir klingt so melancholisch die
Freude.
Sinket der Jauchzenden nicht weinend die
Schwermuth in Arm?
Siehe die blutige Brust der Federnelke. Wie diese
Trägst du in blutiger Schooss, Freude, den
Samen des Grams.
Ellwina.
Nicht die Freude, mein Erwin. Dein Geist nur
gleicht dem Gewitter,
Welches aus düsterem Schooss Schlossen und
Leuchtungen sprüht.
Aber die Wetter verziehn, und freundlicher schim-
mert der Abend.
Würziger duftet die Flur. Freue dich,
Erwin, mit uns!
Erwin.
Würd' ich lieben, Geliebte, wenn ich so stürmisch
mich freute?
Wahrlich der taumelnden Lust ahnt' es von
Liebe noch nie!
Hoffende Liebe, du bist zur wilden Freude zu
selig.
Hoffnungslose, zu tief ritzt dein vergifteter
Pfeil.
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