Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Und, o der schmerzlichen, der nie vergessnen Stunde, Wo ich zu früh entwinkt dem schönen Schwester- bunde, Zum letztenmal sie sah, sie in den Arm mir sank, Heissweinend mich umfing, lautschluchzend mich umschlang; Wo ich, dem finstrer Gram das starre Auge nässte, Das herbe Lebewohl auf ihre Lippen presste, Dann schnell mich losriss -- Ha, wann strahlst, wann winkst du, ach! Des Wiedersehens Tag! Tagt es im Grabe? -- Nie, nie werd' ich Rosa schauen. Die Ausgeprüfte wallt auf ewiggrünen Auen. Heil ihr! Getauscht hat sie der Erde Brodem- luft Mit Edens lindem Wehn und Amaranthenduft. Geküsst vom lauen Strahl, erfrischt vom leisen Kosen Des Athers, schau, wie blühn die gramerblichnen Rosen Der Wange! sieh, wie schwillt vom Athem höh'rer Lust Die schmerzgebrochne Brust! Und, o der schmerzlichen, der nie vergessnen Stunde, Wo ich zu früh entwinkt dem schönen Schwester- bunde, Zum letztenmal sie sah, sie in den Arm mir sank, Heissweinend mich umfing, lautschluchzend mich umschlang; Wo ich, dem finstrer Gram das starre Auge nässte, Das herbe Lebewohl auf ihre Lippen presste, Dann schnell mich losriss — Ha, wann strahlst, wann winkst du, ach! Des Wiedersehens Tag! Tagt es im Grabe? — Nie, nie werd' ich Rosa schauen. Die Ausgeprüfte wallt auf ewiggrünen Auen. Heil ihr! Getauscht hat sie der Erde Brodem- luft Mit Edens lindem Wehn und Amaranthenduft. Geküsst vom lauen Strahl, erfrischt vom leisen Kosen Des Athers, schau, wie blühn die gramerblichnen Rosen Der Wange! sieh, wie schwillt vom Athem höh'rer Lust Die schmerzgebrochne Brust! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0328" n="308"/> </l> <lg n="6"> <l>Und, o der schmerzlichen, der nie vergessnen</l><lb/> <l>Stunde,</l><lb/> <l>Wo ich zu früh entwinkt dem schönen Schwester-</l><lb/> <l>bunde,</l><lb/> <l>Zum letztenmal sie sah, sie in den Arm mir</l><lb/> <l>sank,</l><lb/> <l>Heissweinend mich umfing, lautschluchzend mich</l><lb/> <l>umschlang;</l><lb/> <l>Wo ich, dem finstrer Gram das starre Auge nässte,</l><lb/> <l>Das herbe Lebewohl auf ihre Lippen presste,</l><lb/> <l>Dann schnell mich losriss — Ha, wann strahlst,</l><lb/> <l>wann winkst du, ach!</l><lb/> <l>Des Wiedersehens Tag!</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Tagt es im Grabe? — Nie, nie werd' ich Rosa</l><lb/> <l>schauen.</l><lb/> <l>Die Ausgeprüfte wallt auf ewiggrünen Auen.</l><lb/> <l>Heil ihr! Getauscht hat sie der Erde Brodem-</l><lb/> <l>luft</l><lb/> <l>Mit Edens lindem Wehn und Amaranthenduft.</l><lb/> <l>Geküsst vom lauen Strahl, erfrischt vom leisen</l><lb/> <l>Kosen</l><lb/> <l>Des Athers, schau, wie blühn die gramerblichnen</l><lb/> <l>Rosen</l><lb/> <l>Der Wange! sieh, wie schwillt vom Athem höh'rer</l><lb/> <l>Lust</l><lb/> <l>Die schmerzgebrochne Brust!</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [308/0328]
Und, o der schmerzlichen, der nie vergessnen
Stunde,
Wo ich zu früh entwinkt dem schönen Schwester-
bunde,
Zum letztenmal sie sah, sie in den Arm mir
sank,
Heissweinend mich umfing, lautschluchzend mich
umschlang;
Wo ich, dem finstrer Gram das starre Auge nässte,
Das herbe Lebewohl auf ihre Lippen presste,
Dann schnell mich losriss — Ha, wann strahlst,
wann winkst du, ach!
Des Wiedersehens Tag!
Tagt es im Grabe? — Nie, nie werd' ich Rosa
schauen.
Die Ausgeprüfte wallt auf ewiggrünen Auen.
Heil ihr! Getauscht hat sie der Erde Brodem-
luft
Mit Edens lindem Wehn und Amaranthenduft.
Geküsst vom lauen Strahl, erfrischt vom leisen
Kosen
Des Athers, schau, wie blühn die gramerblichnen
Rosen
Der Wange! sieh, wie schwillt vom Athem höh'rer
Lust
Die schmerzgebrochne Brust!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |