Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.
"Als der blasse, der manche Nacht mit fliessendem Lächelnd durch ihre Thränen sprach Zilia: "Lieb- liches Mägdlein, "Was du schauest, ist nicht der Mond, der ein- stens die Küssen "Deines Bettchens umflittert'. Es ist die Wiege, Geliebte, "Drin du den Traum geträumt des schnellverflat- terten Lebens." Cidli schauerte sanft zusammen. Ihr helles Ge- burtsland Sahe sie schweben im glänzenden Blau. Sie schmiegte sich innigst In der Führerin Arm, und sprach mit seufzender Sehnsucht: "Soll ich dir sagen, o Gute, wie deiner Cidli ums Herz ist? "Schön, unnennbar schön, ist dieses blühende Ei- land, "Jenes Smaragdgebirg', und diese Lilienebne.
„Als der blasse, der manche Nacht mit fliessendem Lächelnd durch ihre Thränen sprach Zilia: „Lieb- liches Mägdlein, „Was du schauest, ist nicht der Mond, der ein- stens die Küssen „Deines Bettchens umflittert'. Es ist die Wiege, Geliebte, „Drin du den Traum geträumt des schnellverflat- terten Lebens.“ Cidli schauerte sanft zusammen. Ihr helles Ge- burtsland Sahe sie schweben im glänzenden Blau. Sie schmiegte sich innigst In der Führerin Arm, und sprach mit seufzender Sehnsucht: „Soll ich dir sagen, o Gute, wie deiner Cidli ums Herz ist? „Schön, unnennbar schön, ist dieses blühende Ei- land, „Jenes Smaragdgebirg', und diese Lilienebne. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="3"> <l> <pb facs="#f0368" n="346"/> </l> <l>„Als der blasse, der manche Nacht mit fliessendem</l><lb/> <l>Silber</l><lb/> <l>„Unsre Wände daheim besprengt' und mein schwel-</l><lb/> <l>lendes Lager.</l><lb/> <l>„Lieb war jener und gut; doch grösser ist dieser</l><lb/> <l>und schöner.“</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Lächelnd durch ihre Thränen sprach Zilia: „Lieb-</l><lb/> <l>liches Mägdlein,</l><lb/> <l>„Was du schauest, ist nicht der Mond, der ein-</l><lb/> <l>stens die Küssen</l><lb/> <l>„Deines Bettchens umflittert'. Es ist die Wiege,</l><lb/> <l>Geliebte,</l><lb/> <l>„Drin du den Traum geträumt des schnellverflat-</l><lb/> <l>terten Lebens.“</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Cidli schauerte sanft zusammen. Ihr helles Ge-</l><lb/> <l>burtsland</l><lb/> <l>Sahe sie schweben im glänzenden Blau. Sie schmiegte</l><lb/> <l>sich innigst</l><lb/> <l>In der Führerin Arm, und sprach mit seufzender</l><lb/> <l>Sehnsucht:</l><lb/> <l>„Soll ich dir sagen, o Gute, wie deiner Cidli ums</l><lb/> <l>Herz ist?</l><lb/> <l>„Schön, unnennbar schön, ist dieses blühende Ei-</l><lb/> <l>land,</l><lb/> <l>„Jenes Smaragdgebirg', und diese Lilienebne.</l><lb/> <l> </l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [346/0368]
„Als der blasse, der manche Nacht mit fliessendem
Silber
„Unsre Wände daheim besprengt' und mein schwel-
lendes Lager.
„Lieb war jener und gut; doch grösser ist dieser
und schöner.“
Lächelnd durch ihre Thränen sprach Zilia: „Lieb-
liches Mägdlein,
„Was du schauest, ist nicht der Mond, der ein-
stens die Küssen
„Deines Bettchens umflittert'. Es ist die Wiege,
Geliebte,
„Drin du den Traum geträumt des schnellverflat-
terten Lebens.“
Cidli schauerte sanft zusammen. Ihr helles Ge-
burtsland
Sahe sie schweben im glänzenden Blau. Sie schmiegte
sich innigst
In der Führerin Arm, und sprach mit seufzender
Sehnsucht:
„Soll ich dir sagen, o Gute, wie deiner Cidli ums
Herz ist?
„Schön, unnennbar schön, ist dieses blühende Ei-
land,
„Jenes Smaragdgebirg', und diese Lilienebne.
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