Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
Und sieh, dem Hayn entschwebte
Ein Mägdlein sonnenklar.
Ein weisser Schleyer webte
Um ihr nussbraunes Haar.
Dem hellen Aug' entglänzte
Des Äthers reinstes Blau.
Die frischen Wangen kränzte
Die schönste Rosenau.
Um ihre Lippen schwebte
Ein Lächeln hold und gut.
An ihren Wimpern bebte
Der Thau der Wehemuth.
Ihr Auge mild' und thränend,
So wähnt' ich, meinte mich --
Wer war, wie ich, so wähnend!
So selig, wer, wie ich!
Ich auf, sie zu umfassen --
Und ach! sie trat zurück.
Ich sah sie schnell erblassen,
Und trüber ward ihr Blick.
Sie sah mich an so innig,
Sie wies mit ihrer Hand
Erhaben und tiefsinnig
Gen Himmel, und verschwand.

Und sieh, dem Hayn entschwebte
Ein Mägdlein sonnenklar.
Ein weisser Schleyer webte
Um ihr nussbraunes Haar.
Dem hellen Aug' entglänzte
Des Äthers reinstes Blau.
Die frischen Wangen kränzte
Die schönste Rosenau.
Um ihre Lippen schwebte
Ein Lächeln hold und gut.
An ihren Wimpern bebte
Der Thau der Wehemuth.
Ihr Auge mild' und thränend,
So wähnt' ich, meinte mich —
Wer war, wie ich, so wähnend!
So selig, wer, wie ich!
Ich auf, sie zu umfassen —
Und ach! sie trat zurück.
Ich sah sie schnell erblassen,
Und trüber ward ihr Blick.
Sie sah mich an so innig,
Sie wies mit ihrer Hand
Erhaben und tiefsinnig
Gen Himmel, und verschwand.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0060" n="44"/>
            </l>
            <lg n="2">
              <l>Und sieh, dem Hayn entschwebte</l><lb/>
              <l>Ein Mägdlein sonnenklar.</l><lb/>
              <l>Ein weisser Schleyer webte</l><lb/>
              <l>Um ihr nussbraunes Haar.</l><lb/>
              <l>Dem hellen Aug' entglänzte</l><lb/>
              <l>Des Äthers reinstes Blau.</l><lb/>
              <l>Die frischen Wangen kränzte</l><lb/>
              <l>Die schönste Rosenau.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Um ihre Lippen schwebte</l><lb/>
              <l>Ein Lächeln hold und gut.</l><lb/>
              <l>An ihren Wimpern bebte</l><lb/>
              <l>Der Thau der Wehemuth.</l><lb/>
              <l>Ihr Auge mild' und thränend,</l><lb/>
              <l>So wähnt' ich, meinte mich &#x2014;</l><lb/>
              <l>Wer war, wie ich, so wähnend!</l><lb/>
              <l>So selig, wer, wie ich!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Ich auf, sie zu umfassen &#x2014;</l><lb/>
              <l>Und ach! sie trat zurück.</l><lb/>
              <l>Ich sah sie schnell erblassen,</l><lb/>
              <l>Und trüber ward ihr Blick.</l><lb/>
              <l>Sie sah mich an so innig,</l><lb/>
              <l>Sie wies mit ihrer Hand</l><lb/>
              <l>Erhaben und tiefsinnig</l><lb/>
              <l>Gen Himmel, und verschwand.</l>
            </lg><lb/>
            <l>
</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0060] Und sieh, dem Hayn entschwebte Ein Mägdlein sonnenklar. Ein weisser Schleyer webte Um ihr nussbraunes Haar. Dem hellen Aug' entglänzte Des Äthers reinstes Blau. Die frischen Wangen kränzte Die schönste Rosenau. Um ihre Lippen schwebte Ein Lächeln hold und gut. An ihren Wimpern bebte Der Thau der Wehemuth. Ihr Auge mild' und thränend, So wähnt' ich, meinte mich — Wer war, wie ich, so wähnend! So selig, wer, wie ich! Ich auf, sie zu umfassen — Und ach! sie trat zurück. Ich sah sie schnell erblassen, Und trüber ward ihr Blick. Sie sah mich an so innig, Sie wies mit ihrer Hand Erhaben und tiefsinnig Gen Himmel, und verschwand.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/60
Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/60>, abgerufen am 21.11.2024.