Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802.Was wir ersehnten, erflehten, Es hat, es hat mich ergriffen, Wie den Jüngling die Eidschwurgewissheit, Dass, die er liebet, ihn liebe. Wie den Sünder die Gnade ergreift, Wie den Büsser der Vergebung Gefühl, So ergriff den Vernichtungscheuen Unsterblichkeit, dein grosses Gefühl. Ich ahnet', ich hofft' es, jetzt glaub' ich, dass ich bin! Ich glaub' es, ich schau' es, dass ich ewig bin! -- Neige deine Wipfel, Eiche! Ein Unsterblicher wandelt unter dir. Ründe die silberne Scheibe, Mond! Entblinket dem Nachtgedüft, schimmeräugige Sterne! Sirius, wälze dein Flammenrad! Glanzge- gürteter Orion, Wandle stattlich den Riesengang! Minder, ihr Stolzen, als ich, Seyd ihr, ihr seyd vergänglich! Mehr als die Eich' und der Mond, mehr als Orion und Sirius Bin ich -- bin unvergänglich. Was wir ersehnten, erflehten, Es hat, es hat mich ergriffen, Wie den Jüngling die Eidschwurgewiſsheit, Daſs, die er liebet, ihn liebe. Wie den Sünder die Gnade ergreift, Wie den Büſser der Vergebung Gefühl, So ergriff den Vernichtungscheuen Unsterblichkeit, dein groſses Gefühl. Ich ahnet', ich hofft' es, jetzt glaub' ich, daſs ich bin! Ich glaub' es, ich schau' es, daſs ich ewig bin! — Neige deine Wipfel, Eiche! Ein Unsterblicher wandelt unter dir. Ründe die silberne Scheibe, Mond! Entblinket dem Nachtgedüft, schimmeräugige Sterne! Sirius, wälze dein Flammenrad! Glanzge- gürteter Orion, Wandle stattlich den Riesengang! Minder, ihr Stolzen, als ich, Seyd ihr, ihr seyd vergänglich! Mehr als die Eich' und der Mond, mehr als Orion und Sirius Bin ich — bin unvergänglich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0274" n="248"/> <lg n="3"> <l>Was wir ersehnten, erflehten,</l><lb/> <l>Es hat, es hat mich ergriffen,</l><lb/> <l>Wie den Jüngling die Eidschwurgewiſsheit,</l><lb/> <l>Daſs, die er liebet, ihn liebe.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wie den Sünder die Gnade ergreift,</l><lb/> <l>Wie den Büſser der Vergebung Gefühl,</l><lb/> <l>So ergriff den Vernichtungscheuen</l><lb/> <l>Unsterblichkeit, dein groſses Gefühl.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Ich ahnet', ich hofft' es, jetzt glaub' ich, daſs ich bin!</l><lb/> <l>Ich glaub' es, ich schau' es, daſs ich ewig</l><lb/> <l>bin! —</l><lb/> <l>Neige deine Wipfel, Eiche!</l><lb/> <l>Ein Unsterblicher wandelt unter dir.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Ründe die silberne Scheibe, Mond!</l><lb/> <l>Entblinket dem Nachtgedüft, schimmeräugige</l><lb/> <l>Sterne!</l><lb/> <l>Sirius, wälze dein Flammenrad! Glanzge-<lb/> gürteter Orion,</l><lb/> <l>Wandle stattlich den Riesengang!</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Minder, ihr Stolzen, als ich,</l><lb/> <l>Seyd ihr, ihr seyd vergänglich!</l><lb/> <l>Mehr als die Eich' und der Mond, mehr</l><lb/> <l>als Orion und Sirius</l><lb/> <l>Bin ich — bin unvergänglich.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [248/0274]
Was wir ersehnten, erflehten,
Es hat, es hat mich ergriffen,
Wie den Jüngling die Eidschwurgewiſsheit,
Daſs, die er liebet, ihn liebe.
Wie den Sünder die Gnade ergreift,
Wie den Büſser der Vergebung Gefühl,
So ergriff den Vernichtungscheuen
Unsterblichkeit, dein groſses Gefühl.
Ich ahnet', ich hofft' es, jetzt glaub' ich, daſs ich bin!
Ich glaub' es, ich schau' es, daſs ich ewig
bin! —
Neige deine Wipfel, Eiche!
Ein Unsterblicher wandelt unter dir.
Ründe die silberne Scheibe, Mond!
Entblinket dem Nachtgedüft, schimmeräugige
Sterne!
Sirius, wälze dein Flammenrad! Glanzge-
gürteter Orion,
Wandle stattlich den Riesengang!
Minder, ihr Stolzen, als ich,
Seyd ihr, ihr seyd vergänglich!
Mehr als die Eich' und der Mond, mehr
als Orion und Sirius
Bin ich — bin unvergänglich.
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