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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.

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wissen, in einen Bilderladen, man bot, ohne sie zu
kennen, ihr das Zerrbild zum Verkauf an; sie stutzte,
aber sie betrachtete es sehr gefaßt. "Vermuthlich"
fragte sie den Bilderhändler, "ist es eine Person von
"üblem Rufe?" -- "O bewahre der Himmel!" ant-
wortete dieser hastig, "es ist eine Frau, gegen deren
Ruf nichts einzuwenden ist." -- Und nun fuhr er fort
sich in Lobeserhebungen über sie zu ergießen, die, weil sie
ganz unverdächtig waren, sie leicht über das Zerrbild
in seiner Hand trösteten.

Jch könnte noch viel von ihr erzählen, viele kleine
Züge, die nur ein geübter Beobachter bemerkt, und
die doch oft schnelle, tiefe Blicke in das Herz zu thun
erlauben; aber manches würde zu sagen unschicklich
seyn, da der Freund kein Recht hat, die innere Häus-
lichkeit auch der edelsten Frau gerade vor dem Publikum
zur Schau zu stellen. Jch hoffe genug gesagt zu ha-
ben, um die deutschen Journalisten zu beschämen, und
jedes Vorurtheil gegen Madame Recamier zu zerstören.

Möge Sie noch lange des Glücks genießen, das
sie weit mehr ihrem Herzen, ihrer Tugend und Sitt-
samkeit, als dem Reichthum und der Schönheit verdankt.

Das Museum der französischen Denkmäler

ist jetzt unstreitig eine der vorzüglichsten Merkwürdigkei-
ten von Paris. Herz, Geist, Kunstsinn, Phantasie,
alles wird in Bewegung gesetzt, sobald man dies Hei-
ligthum betritt. Alexander Lenoir, der von glü-
hendem Eifer beseelte Stifter und Vorsteher des Mu-
seums, hat, einem von der Regierung erhaltenen

wissen, in einen Bilderladen, man bot, ohne sie zu
kennen, ihr das Zerrbild zum Verkauf an; sie stutzte,
aber sie betrachtete es sehr gefaßt. „Vermuthlich“
fragte sie den Bilderhaͤndler, „ist es eine Person von
„uͤblem Rufe?“ — „O bewahre der Himmel!“ ant-
wortete dieser hastig, „es ist eine Frau, gegen deren
Ruf nichts einzuwenden ist.“ — Und nun fuhr er fort
sich in Lobeserhebungen uͤber sie zu ergießen, die, weil sie
ganz unverdaͤchtig waren, sie leicht uͤber das Zerrbild
in seiner Hand troͤsteten.

Jch koͤnnte noch viel von ihr erzaͤhlen, viele kleine
Zuͤge, die nur ein geuͤbter Beobachter bemerkt, und
die doch oft schnelle, tiefe Blicke in das Herz zu thun
erlauben; aber manches wuͤrde zu sagen unschicklich
seyn, da der Freund kein Recht hat, die innere Haͤus-
lichkeit auch der edelsten Frau gerade vor dem Publikum
zur Schau zu stellen. Jch hoffe genug gesagt zu ha-
ben, um die deutschen Journalisten zu beschaͤmen, und
jedes Vorurtheil gegen Madame Recamier zu zerstoͤren.

Moͤge Sie noch lange des Gluͤcks genießen, das
sie weit mehr ihrem Herzen, ihrer Tugend und Sitt-
samkeit, als dem Reichthum und der Schoͤnheit verdankt.

Das Museum der franzoͤsischen Denkmaͤler

ist jetzt unstreitig eine der vorzuͤglichsten Merkwuͤrdigkei-
ten von Paris. Herz, Geist, Kunstsinn, Phantasie,
alles wird in Bewegung gesetzt, sobald man dies Hei-
ligthum betritt. Alexander Lenoir, der von gluͤ-
hendem Eifer beseelte Stifter und Vorsteher des Mu-
seums, hat, einem von der Regierung erhaltenen

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[118/0122] wissen, in einen Bilderladen, man bot, ohne sie zu kennen, ihr das Zerrbild zum Verkauf an; sie stutzte, aber sie betrachtete es sehr gefaßt. „Vermuthlich“ fragte sie den Bilderhaͤndler, „ist es eine Person von „uͤblem Rufe?“ — „O bewahre der Himmel!“ ant- wortete dieser hastig, „es ist eine Frau, gegen deren Ruf nichts einzuwenden ist.“ — Und nun fuhr er fort sich in Lobeserhebungen uͤber sie zu ergießen, die, weil sie ganz unverdaͤchtig waren, sie leicht uͤber das Zerrbild in seiner Hand troͤsteten. Jch koͤnnte noch viel von ihr erzaͤhlen, viele kleine Zuͤge, die nur ein geuͤbter Beobachter bemerkt, und die doch oft schnelle, tiefe Blicke in das Herz zu thun erlauben; aber manches wuͤrde zu sagen unschicklich seyn, da der Freund kein Recht hat, die innere Haͤus- lichkeit auch der edelsten Frau gerade vor dem Publikum zur Schau zu stellen. Jch hoffe genug gesagt zu ha- ben, um die deutschen Journalisten zu beschaͤmen, und jedes Vorurtheil gegen Madame Recamier zu zerstoͤren. Moͤge Sie noch lange des Gluͤcks genießen, das sie weit mehr ihrem Herzen, ihrer Tugend und Sitt- samkeit, als dem Reichthum und der Schoͤnheit verdankt. Das Museum der franzoͤsischen Denkmaͤler ist jetzt unstreitig eine der vorzuͤglichsten Merkwuͤrdigkei- ten von Paris. Herz, Geist, Kunstsinn, Phantasie, alles wird in Bewegung gesetzt, sobald man dies Hei- ligthum betritt. Alexander Lenoir, der von gluͤ- hendem Eifer beseelte Stifter und Vorsteher des Mu- seums, hat, einem von der Regierung erhaltenen

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/122>, abgerufen am 23.11.2024.