Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.schaue, welches Charles le Brun seiner Mutter errich- Dank dir, wackerer Girardon, für die große Leh- Die beiden französischen Zeilen, welche der lateini- Cy geit le celebre Santeuil! Muses et fous, prenez le deuil. Eine in ihrer Art einzige Zusammensetzung. Diese Melpomene, die sich weinend über Crebil- schaue, welches Charles le Brun seiner Mutter errich- Dank dir, wackerer Girardon, fuͤr die große Leh- Die beiden franzoͤsischen Zeilen, welche der lateini- Cy gît le célèbre Santeuil! Muses et fous, prenez le deuil. Eine in ihrer Art einzige Zusammensetzung. Diese Melpomene, die sich weinend uͤber Crebil- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0138" n="134"/> schaue, welches Charles le Brun seiner Mutter errich-<lb/> tete. Ein Engel mit der Tuba schwebt uͤber ihrem Sar-<lb/> ge, der Ruf zur Auferstehung erschallt, die Matrone<lb/> hoͤrt ihn, und hebt den Deckel des Sarges und steigt,<lb/> nach langem Schlummer froͤhlich erwachend aus dem<lb/> Grabe. Die Kunst hat der kindlichen Liebe die Hand<lb/> geboten; der Ausdruck der Gestalt ist bewundernswuͤr-<lb/> dig; ein heißes Verlangen nach himmlischem Lichte scheint<lb/> das Gesicht der Auferstehenden zu verklaͤren. —</p><lb/> <p>Dank dir, wackerer Girardon, fuͤr die große Leh-<lb/> re, die du hier, auf Louvois Denkmal, allen Staats-<lb/> ministern gegeben. Die <hi rendition="#g">Geschichte,</hi> ein offenes Buch<lb/> haltend, wendet bethraͤnte Augen gegen Louvois, und<lb/> scheint ihm in ihren Annalen die Stelle zu zeigen, <hi rendition="#g">wel-<lb/> che seine Grausamkeit gegen die Pfalz ver-<lb/> ewigt.</hi></p><lb/> <p>Die beiden franzoͤsischen Zeilen, welche der lateini-<lb/> schen Jnschrift auf des Dichters Santeuil Grabe folgen,<lb/> sind mehr auffallend als verstaͤndlich:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Cy gît le célèbre Santeuil!</l><lb/> <l>Muses et fous, prenez le deuil.</l> </lg><lb/> <p>Eine in ihrer Art einzige Zusammensetzung.</p><lb/> <p>Diese Melpomene, die sich weinend uͤber Crebil-<lb/> lons Buͤste herabbeugt, erinnert an eine drollige Anek-<lb/> dote. Das Denkmal war fuͤr die Kirche St. Gervais<lb/> bestimmt, wo Crebillon begraben liegt, allein der Prie-<lb/> ster erklaͤrte, er werde nicht dulden, daß sein Heilig-<lb/> thum durch ein so profanes Denkmal entweiht werde,<lb/> wenn nicht die <hi rendition="#g">Muse</hi> und <hi rendition="#g">Crebillons Buͤste</hi> weg-<lb/> gelassen wuͤrden. — So wollte man einst auf dem hei-<lb/> ligen Theater zu D * * die Vorstellung von Schillers<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [134/0138]
schaue, welches Charles le Brun seiner Mutter errich-
tete. Ein Engel mit der Tuba schwebt uͤber ihrem Sar-
ge, der Ruf zur Auferstehung erschallt, die Matrone
hoͤrt ihn, und hebt den Deckel des Sarges und steigt,
nach langem Schlummer froͤhlich erwachend aus dem
Grabe. Die Kunst hat der kindlichen Liebe die Hand
geboten; der Ausdruck der Gestalt ist bewundernswuͤr-
dig; ein heißes Verlangen nach himmlischem Lichte scheint
das Gesicht der Auferstehenden zu verklaͤren. —
Dank dir, wackerer Girardon, fuͤr die große Leh-
re, die du hier, auf Louvois Denkmal, allen Staats-
ministern gegeben. Die Geschichte, ein offenes Buch
haltend, wendet bethraͤnte Augen gegen Louvois, und
scheint ihm in ihren Annalen die Stelle zu zeigen, wel-
che seine Grausamkeit gegen die Pfalz ver-
ewigt.
Die beiden franzoͤsischen Zeilen, welche der lateini-
schen Jnschrift auf des Dichters Santeuil Grabe folgen,
sind mehr auffallend als verstaͤndlich:
Cy gît le célèbre Santeuil!
Muses et fous, prenez le deuil.
Eine in ihrer Art einzige Zusammensetzung.
Diese Melpomene, die sich weinend uͤber Crebil-
lons Buͤste herabbeugt, erinnert an eine drollige Anek-
dote. Das Denkmal war fuͤr die Kirche St. Gervais
bestimmt, wo Crebillon begraben liegt, allein der Prie-
ster erklaͤrte, er werde nicht dulden, daß sein Heilig-
thum durch ein so profanes Denkmal entweiht werde,
wenn nicht die Muse und Crebillons Buͤste weg-
gelassen wuͤrden. — So wollte man einst auf dem hei-
ligen Theater zu D * * die Vorstellung von Schillers
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |