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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.

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her, der foyer heißt, wo sie beschaut und bedungen
werden. Als ich in Paris war, entstand eines Abends
in diesem Saale ein Faustkampf zwischen zwei eifersüch-
tigen Schönen, der damit endete, daß beider ohnehin
karge Bekleidung vollends Stückweise heruntergerissen
wurde. Dieser Skandal, von dem ganz Paris einen
ganzen Tag lang
sprach, veranlaßte die Polizey,
die Ausstellung der Waaren im foyer gänzlich zu ver-
bieten, ein Verboth, welches natürlich nur einige Tage
lang beobachtet wurde.

Die Lustmädchen wohnen größtentheils im Palais
royal in den Entresols des ersten Stockwerks, wo sie
am Tage an den offenen Fenstern stehen und laut singen,
welches ihnen Niemand verwehrt. Das ist denn der
wahre Syrenen-Gesang. Bekanntlich hat jeder Pal-
last eine unendliche Menge von Abtheilungen, deren ei-
ne mir besonders merkwürdig gewesen, weil der ganze
Roman eines Liederlichen sich ohne allen Zeitverlust da-
rin spielen läßt. Hoch oben nemlich, im dritten Stocke,
ist ein Leihhaus, wo der Lüderliche gegen gutes Pfand
den Beutel füllen kann. Von da steigt er eine Treppe
tiefer, und findet ein Spielhaus, wo man ihm das
Geld wieder abnimmt. Jetzt darf er nur eine halbe
Treppe tiefer steigen, um seine Gesundheit bei ei-
nem Freudenmädchen los zu werden; wenn er von ihr
geht, so erwartet ihn ein neuer Gefährte, die Ver-
zweiflung,
mit diesem begiebt er sich die Treppe vol-
lends hinab in die parterre befindliche Bude, wo man
Dolche, Pistolen und dergleichen verkauft; da kann er
denn seinen letzten Heller anbringen, und sich ohne wei-
tere Umstände vor den Kopf schießen. Man muß be-

her, der foyer heißt, wo sie beschaut und bedungen
werden. Als ich in Paris war, entstand eines Abends
in diesem Saale ein Faustkampf zwischen zwei eifersuͤch-
tigen Schoͤnen, der damit endete, daß beider ohnehin
karge Bekleidung vollends Stuͤckweise heruntergerissen
wurde. Dieser Skandal, von dem ganz Paris einen
ganzen Tag lang
sprach, veranlaßte die Polizey,
die Ausstellung der Waaren im foyer gaͤnzlich zu ver-
bieten, ein Verboth, welches natuͤrlich nur einige Tage
lang beobachtet wurde.

Die Lustmaͤdchen wohnen groͤßtentheils im Palais
royal in den Entresols des ersten Stockwerks, wo sie
am Tage an den offenen Fenstern stehen und laut singen,
welches ihnen Niemand verwehrt. Das ist denn der
wahre Syrenen-Gesang. Bekanntlich hat jeder Pal-
last eine unendliche Menge von Abtheilungen, deren ei-
ne mir besonders merkwuͤrdig gewesen, weil der ganze
Roman eines Liederlichen sich ohne allen Zeitverlust da-
rin spielen laͤßt. Hoch oben nemlich, im dritten Stocke,
ist ein Leihhaus, wo der Luͤderliche gegen gutes Pfand
den Beutel fuͤllen kann. Von da steigt er eine Treppe
tiefer, und findet ein Spielhaus, wo man ihm das
Geld wieder abnimmt. Jetzt darf er nur eine halbe
Treppe tiefer steigen, um seine Gesundheit bei ei-
nem Freudenmaͤdchen los zu werden; wenn er von ihr
geht, so erwartet ihn ein neuer Gefaͤhrte, die Ver-
zweiflung,
mit diesem begiebt er sich die Treppe vol-
lends hinab in die parterre befindliche Bude, wo man
Dolche, Pistolen und dergleichen verkauft; da kann er
denn seinen letzten Heller anbringen, und sich ohne wei-
tere Umstaͤnde vor den Kopf schießen. Man muß be-

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[195/0199] her, der foyer heißt, wo sie beschaut und bedungen werden. Als ich in Paris war, entstand eines Abends in diesem Saale ein Faustkampf zwischen zwei eifersuͤch- tigen Schoͤnen, der damit endete, daß beider ohnehin karge Bekleidung vollends Stuͤckweise heruntergerissen wurde. Dieser Skandal, von dem ganz Paris einen ganzen Tag lang sprach, veranlaßte die Polizey, die Ausstellung der Waaren im foyer gaͤnzlich zu ver- bieten, ein Verboth, welches natuͤrlich nur einige Tage lang beobachtet wurde. Die Lustmaͤdchen wohnen groͤßtentheils im Palais royal in den Entresols des ersten Stockwerks, wo sie am Tage an den offenen Fenstern stehen und laut singen, welches ihnen Niemand verwehrt. Das ist denn der wahre Syrenen-Gesang. Bekanntlich hat jeder Pal- last eine unendliche Menge von Abtheilungen, deren ei- ne mir besonders merkwuͤrdig gewesen, weil der ganze Roman eines Liederlichen sich ohne allen Zeitverlust da- rin spielen laͤßt. Hoch oben nemlich, im dritten Stocke, ist ein Leihhaus, wo der Luͤderliche gegen gutes Pfand den Beutel fuͤllen kann. Von da steigt er eine Treppe tiefer, und findet ein Spielhaus, wo man ihm das Geld wieder abnimmt. Jetzt darf er nur eine halbe Treppe tiefer steigen, um seine Gesundheit bei ei- nem Freudenmaͤdchen los zu werden; wenn er von ihr geht, so erwartet ihn ein neuer Gefaͤhrte, die Ver- zweiflung, mit diesem begiebt er sich die Treppe vol- lends hinab in die parterre befindliche Bude, wo man Dolche, Pistolen und dergleichen verkauft; da kann er denn seinen letzten Heller anbringen, und sich ohne wei- tere Umstaͤnde vor den Kopf schießen. Man muß be-

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/199>, abgerufen am 21.11.2024.