Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.auf einem Ruhebette, einige Schritte vor ihm steht seine auf einem Ruhebette, einige Schritte vor ihm steht seine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0125" n="125"/> auf einem Ruhebette, einige Schritte vor ihm steht seine<lb/> goldene Dose auf dem Tische; ein Spitzbube kommt her-<lb/> ein, und nimmt sie ihm vor seinen Augen weg, ohne<lb/> daß er es hindern kann. (Hier wurde stark gepfiffen.)<lb/> Seine Geliebte, die ihn aufsucht, ist im Nebenzimmer,<lb/> ohne daß Beyde von einander wissen. Sie sieht von un-<lb/> gefaͤhr die Dose in fremden Haͤnden, die sie einst selbst<lb/> ihrem Liebhaber schenkte, und kauft sie. Jhr Vater, der<lb/> die Dose nicht kennt, freut sich uͤber den wohlfeilen Kauf,<lb/> und nimmt sie ihr weg. (Gepfiffen.) Er hat Lange-<lb/> weile im Wirthshause, und moͤchte gern Schach spielen.<lb/> Der Wirth fuͤhrt ihn zu dem Kranken, der auch dieß<lb/> Spiel liebt, und auch Langeweile hat; Beyde kennen sich<lb/> aber nicht. Sie spielen, der Alte setzt zufaͤllig die Dose<lb/> neben sich, der Juͤngling erkennt sie auf den ersten Blick,<lb/> und giebt seinem Gaste den Diebstahl Schuld. (Gepfif-<lb/> fen.) Zum Beweise, daß die Dose ihm wirklich gehoͤre,<lb/> oͤffnet er einen verborgenen Deckel, und zeigt ihm das<lb/> Portrait seiner Tochter. (Geklatscht.) Wie sich das Stuͤck<lb/> nun endigen werde, erraͤth Jedermann leicht. Einmal<lb/> wurde so entsetzlich gepfiffen, daß die spielenden Perso-<lb/> nen sich endlich genoͤthigt sahen, die Buͤhne zu verlassen<lb/> nachdem sie schon lange genug die Musik mit angehoͤrt<lb/> hatten. Nun aber fieng ein Theil des Publikums an zu<lb/> klatschen, der andere fuhr fort mit dem Pfeifen, es war,<lb/> um das Gehoͤr zu verlieren. Nach einer Weile kam Bap-<lb/> tiste, der den Vater spielte, und fragte bescheiden, ob<lb/> man erlauben wolle, fortzuspielen oder nicht? Ja! ja!<lb/> schrie Alles. — Man fuhr also fort, und alsobald toͤn-<lb/> ten die Pfeifen wieder so schmetternd, daß die letzte<lb/> Szene gaͤnzlich verloren gieng. Dazwischen schrie man<lb/> hier: C'est mauvais! dort: Paix! Silence! und dann<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [125/0125]
auf einem Ruhebette, einige Schritte vor ihm steht seine
goldene Dose auf dem Tische; ein Spitzbube kommt her-
ein, und nimmt sie ihm vor seinen Augen weg, ohne
daß er es hindern kann. (Hier wurde stark gepfiffen.)
Seine Geliebte, die ihn aufsucht, ist im Nebenzimmer,
ohne daß Beyde von einander wissen. Sie sieht von un-
gefaͤhr die Dose in fremden Haͤnden, die sie einst selbst
ihrem Liebhaber schenkte, und kauft sie. Jhr Vater, der
die Dose nicht kennt, freut sich uͤber den wohlfeilen Kauf,
und nimmt sie ihr weg. (Gepfiffen.) Er hat Lange-
weile im Wirthshause, und moͤchte gern Schach spielen.
Der Wirth fuͤhrt ihn zu dem Kranken, der auch dieß
Spiel liebt, und auch Langeweile hat; Beyde kennen sich
aber nicht. Sie spielen, der Alte setzt zufaͤllig die Dose
neben sich, der Juͤngling erkennt sie auf den ersten Blick,
und giebt seinem Gaste den Diebstahl Schuld. (Gepfif-
fen.) Zum Beweise, daß die Dose ihm wirklich gehoͤre,
oͤffnet er einen verborgenen Deckel, und zeigt ihm das
Portrait seiner Tochter. (Geklatscht.) Wie sich das Stuͤck
nun endigen werde, erraͤth Jedermann leicht. Einmal
wurde so entsetzlich gepfiffen, daß die spielenden Perso-
nen sich endlich genoͤthigt sahen, die Buͤhne zu verlassen
nachdem sie schon lange genug die Musik mit angehoͤrt
hatten. Nun aber fieng ein Theil des Publikums an zu
klatschen, der andere fuhr fort mit dem Pfeifen, es war,
um das Gehoͤr zu verlieren. Nach einer Weile kam Bap-
tiste, der den Vater spielte, und fragte bescheiden, ob
man erlauben wolle, fortzuspielen oder nicht? Ja! ja!
schrie Alles. — Man fuhr also fort, und alsobald toͤn-
ten die Pfeifen wieder so schmetternd, daß die letzte
Szene gaͤnzlich verloren gieng. Dazwischen schrie man
hier: C'est mauvais! dort: Paix! Silence! und dann
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