Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.rung in sein Vaterland zurückzukehren. Vor Kurzem besuch- rung in sein Vaterland zuruͤckzukehren. Vor Kurzem besuch- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0197" n="197"/> rung in sein Vaterland zuruͤckzukehren. Vor Kurzem besuch-<lb/> te er den Maire zu Villemamble, einem Dorfe, welches in<lb/> der Nachbarschaft von Gaguy liegt. Da er seinem vorma-<lb/> ligen Wohnorte so nahe war, ergriff ihn eine unwiderstehli-<lb/> che Begierde, seinen alten Glockenthurm wieder zu sehen.<lb/> Der Maire begleitete ihn. Beim Anblicke des Dorfes in<lb/> der Ferne gerieth der Greis in große Bewegung, und<lb/> konnte nur, von seinem Freunde gestuͤtzt, weiter wanken.<lb/> Kaum hat er aber die ersten Haͤuser erreicht, kaum ha-<lb/> ben einige Einwohner ihn erkannt, als ein Jubelgeschrei<lb/> von Straße zu Straße laͤuft: <hi rendition="#g">unser alte Pfarrer<lb/> ist wieder da!</hi> Maͤnner und Weiber, Kinder und<lb/> Greise stuͤrzen herzu, er ist umringt, wird fast erstickt<lb/> von Liebkosungen und Segenswuͤnschen. Jeder will ihn<lb/> bewirthen, der Eine zieht ihn in dieses Haus, der An-<lb/> dere in jenes, man bringt ihm die Kinder, die unterdes-<lb/> sen gebohren worden; man laͤßt ihn nicht eher wieder<lb/> fort, bis er verspricht, am naͤchsten Sonntage wieder zu<lb/> kommen, und Messe zu lesen. Er verspricht es, er haͤlt<lb/> Wort. Zwar findet er seine geistliche Amtskleidung nicht<lb/> mehr, und die vormaligen Kirchenzierrathen sind ver-<lb/> schwunden; aber der ganze Altar ist mit Blumen ge-<lb/> schmuͤckt, und das ganze Dorf ist in der Kirche versam-<lb/> melt. Er verwaltet sein Amt mit inniger Ruͤhrung. Als<lb/> er vollendet hat, wird ploͤtzlich ein Te Deum angestimmt.<lb/> Er fragt, weßwegen? — Seine Ruͤckkunft ist es, die<lb/> man feiert. Kaum kann er so viel Liebe ertragen. Er<lb/> verlaͤßt die Kirche. Eine feierliche Deputation der Ge-<lb/> meinde wartet seiner, ihn flehendlich zu bitten, seine Woh-<lb/> nung wieder zu beziehen, und seine Tage unter seinen<lb/> Kindern zu beschließen. Es war nicht seine Absicht ge-<lb/> wesen; der Greis hatte sich Ruhe gewuͤnscht, aber wie<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [197/0197]
rung in sein Vaterland zuruͤckzukehren. Vor Kurzem besuch-
te er den Maire zu Villemamble, einem Dorfe, welches in
der Nachbarschaft von Gaguy liegt. Da er seinem vorma-
ligen Wohnorte so nahe war, ergriff ihn eine unwiderstehli-
che Begierde, seinen alten Glockenthurm wieder zu sehen.
Der Maire begleitete ihn. Beim Anblicke des Dorfes in
der Ferne gerieth der Greis in große Bewegung, und
konnte nur, von seinem Freunde gestuͤtzt, weiter wanken.
Kaum hat er aber die ersten Haͤuser erreicht, kaum ha-
ben einige Einwohner ihn erkannt, als ein Jubelgeschrei
von Straße zu Straße laͤuft: unser alte Pfarrer
ist wieder da! Maͤnner und Weiber, Kinder und
Greise stuͤrzen herzu, er ist umringt, wird fast erstickt
von Liebkosungen und Segenswuͤnschen. Jeder will ihn
bewirthen, der Eine zieht ihn in dieses Haus, der An-
dere in jenes, man bringt ihm die Kinder, die unterdes-
sen gebohren worden; man laͤßt ihn nicht eher wieder
fort, bis er verspricht, am naͤchsten Sonntage wieder zu
kommen, und Messe zu lesen. Er verspricht es, er haͤlt
Wort. Zwar findet er seine geistliche Amtskleidung nicht
mehr, und die vormaligen Kirchenzierrathen sind ver-
schwunden; aber der ganze Altar ist mit Blumen ge-
schmuͤckt, und das ganze Dorf ist in der Kirche versam-
melt. Er verwaltet sein Amt mit inniger Ruͤhrung. Als
er vollendet hat, wird ploͤtzlich ein Te Deum angestimmt.
Er fragt, weßwegen? — Seine Ruͤckkunft ist es, die
man feiert. Kaum kann er so viel Liebe ertragen. Er
verlaͤßt die Kirche. Eine feierliche Deputation der Ge-
meinde wartet seiner, ihn flehendlich zu bitten, seine Woh-
nung wieder zu beziehen, und seine Tage unter seinen
Kindern zu beschließen. Es war nicht seine Absicht ge-
wesen; der Greis hatte sich Ruhe gewuͤnscht, aber wie
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