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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.

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Der Saal, im welchem der Erhaltungssenat seine
Sitzungen hält, ist recht schön, aber zeichnet sich eben
nicht aus. Er ist auch wohl zu klein, und man soll be-
reits die Veranstaltung getroffen haben, ein größeres Lo-
kal einzuräumen. -- Das Merkwürdigste im Palais de
Luxembourg ist das Zimmer, wo vormals das Direk-
torium sich versammelte, vor der Revoluzion das Schlaf-
zimmer von Madam, der Gemahlinn Ludwig XVJJJ.
Hier sieht man noch eine große Charte von Deutschland
und den angränzenden Ländern, auf welcher noch die Po-
sitionen der französischen Armeen in dem Augenblicke des
Friedensschlusses von Campo Formio mit kleinen
bunten Stückchen Papier und seidenen Fäden bezeichnet
sind. Die verschiedenen Farben bedeuten bald das Haupt-
quartier, bald diesen oder jenen General, Posten, die
leicht oder schwer zu vertheidigen sind, u. s. w. Auch
die Orte, wo merkwürdige Gefechte oder Schlachten vor-
gefallen, sind markirt, und die Papierchen mit ganz dün-
nen Stecknadeln befestigt. -- Ha! dacht' ich, wie oft
mag auf dieser Stelle der Finger eines Direktors, nach-
dem er vielleicht ganz gleichgiltig eine Priese Toback in
die Nase gestopft, das Elend meines Vaterlandes bezeich-
net haben.

Der Saal der Fünfhundert.

So muß der Versammlungsort des alten römischen
Senats ausgesehen haben, und wenn er nicht so ausge-
sehen hat, so hat er sicher dem Saal der Fünfhundert
weit nachgestanden. Dieser ist prächtig ohne Luxus, eine
einfache, aber darum imponirende Pracht. Jn einem
großen halben Zirkel erheben sich amphitheatralisch 500
Sitze, hinter diesen eine Gallerie für die konstituirten

Der Saal, im welchem der Erhaltungssenat seine
Sitzungen haͤlt, ist recht schoͤn, aber zeichnet sich eben
nicht aus. Er ist auch wohl zu klein, und man soll be-
reits die Veranstaltung getroffen haben, ein groͤßeres Lo-
kal einzuraͤumen. — Das Merkwuͤrdigste im Palais de
Luxembourg ist das Zimmer, wo vormals das Direk-
torium sich versammelte, vor der Revoluzion das Schlaf-
zimmer von Madam, der Gemahlinn Ludwig XVJJJ.
Hier sieht man noch eine große Charte von Deutschland
und den angraͤnzenden Laͤndern, auf welcher noch die Po-
sitionen der franzoͤsischen Armeen in dem Augenblicke des
Friedensschlusses von Campo Formio mit kleinen
bunten Stuͤckchen Papier und seidenen Faͤden bezeichnet
sind. Die verschiedenen Farben bedeuten bald das Haupt-
quartier, bald diesen oder jenen General, Posten, die
leicht oder schwer zu vertheidigen sind, u. s. w. Auch
die Orte, wo merkwuͤrdige Gefechte oder Schlachten vor-
gefallen, sind markirt, und die Papierchen mit ganz duͤn-
nen Stecknadeln befestigt. — Ha! dacht' ich, wie oft
mag auf dieser Stelle der Finger eines Direktors, nach-
dem er vielleicht ganz gleichgiltig eine Priese Toback in
die Nase gestopft, das Elend meines Vaterlandes bezeich-
net haben.

Der Saal der Fuͤnfhundert.

So muß der Versammlungsort des alten roͤmischen
Senats ausgesehen haben, und wenn er nicht so ausge-
sehen hat, so hat er sicher dem Saal der Fuͤnfhundert
weit nachgestanden. Dieser ist praͤchtig ohne Luxus, eine
einfache, aber darum imponirende Pracht. Jn einem
großen halben Zirkel erheben sich amphitheatralisch 500
Sitze, hinter diesen eine Gallerie fuͤr die konstituirten

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[78/0078] Der Saal, im welchem der Erhaltungssenat seine Sitzungen haͤlt, ist recht schoͤn, aber zeichnet sich eben nicht aus. Er ist auch wohl zu klein, und man soll be- reits die Veranstaltung getroffen haben, ein groͤßeres Lo- kal einzuraͤumen. — Das Merkwuͤrdigste im Palais de Luxembourg ist das Zimmer, wo vormals das Direk- torium sich versammelte, vor der Revoluzion das Schlaf- zimmer von Madam, der Gemahlinn Ludwig XVJJJ. Hier sieht man noch eine große Charte von Deutschland und den angraͤnzenden Laͤndern, auf welcher noch die Po- sitionen der franzoͤsischen Armeen in dem Augenblicke des Friedensschlusses von Campo Formio mit kleinen bunten Stuͤckchen Papier und seidenen Faͤden bezeichnet sind. Die verschiedenen Farben bedeuten bald das Haupt- quartier, bald diesen oder jenen General, Posten, die leicht oder schwer zu vertheidigen sind, u. s. w. Auch die Orte, wo merkwuͤrdige Gefechte oder Schlachten vor- gefallen, sind markirt, und die Papierchen mit ganz duͤn- nen Stecknadeln befestigt. — Ha! dacht' ich, wie oft mag auf dieser Stelle der Finger eines Direktors, nach- dem er vielleicht ganz gleichgiltig eine Priese Toback in die Nase gestopft, das Elend meines Vaterlandes bezeich- net haben. Der Saal der Fuͤnfhundert. So muß der Versammlungsort des alten roͤmischen Senats ausgesehen haben, und wenn er nicht so ausge- sehen hat, so hat er sicher dem Saal der Fuͤnfhundert weit nachgestanden. Dieser ist praͤchtig ohne Luxus, eine einfache, aber darum imponirende Pracht. Jn einem großen halben Zirkel erheben sich amphitheatralisch 500 Sitze, hinter diesen eine Gallerie fuͤr die konstituirten

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/78>, abgerufen am 25.11.2024.