Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.gesättigt sind, was thun die braven Verstümmelten dann, gesaͤttigt sind, was thun die braven Verstuͤmmelten dann, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0081" n="81"/> gesaͤttigt sind, was thun die braven Verstuͤmmelten dann,<lb/> um die Langeweile zu vertreiben? — O dafuͤr ist ge-<lb/> sorgt! Sie haben eine treffliche <hi rendition="#g">Bibliothek,</hi> wie in<lb/> mancher deutschen Residenz keine fuͤrstliche gefunden wird.<lb/> Ein großer Saal ist rings umher mit saubern, schoͤn ge-<lb/> arbeiteten und wohlgefuͤllten Buͤcherschraͤnken tapezirt.<lb/> Zum Genusse dieser Seelenspeise laden bequeme Stuͤhle<lb/> und Tische ein. Jn verschiedenen Entfernungen findet<lb/> man die Bitte angeschlagen, nicht auf den sehr reinlich<lb/> gehaltenen Boden zu <hi rendition="#g">spucken.</hi> Jm Hintergrunde der<lb/> Bibliothek haͤngt das beruͤhmte Bild von David, Bona-<lb/> parte, wie er uͤber die Alpen geht, und der Wind ihm<lb/> den Mantel uͤber den Kopf weht. Es ist das naͤmliche,<lb/> welches Bonaparte den Jnvaliden schenkte, und welches<lb/> die grauen Helden, als es gebracht wurde, mit Kano-<lb/> nenschuͤssen salutiren mußten. Der große segelnde Man-<lb/> tel huͤllt den kleinen Mann ganz ein. Aehnlich ist es<lb/> vollends gar nicht. Jndessen versteht sich, daß die<lb/> Schmeichelei dafuͤr sorgte, daß es vervielfaͤltigt werde.<lb/> Jch fand einen Maler und zwei junge Frauenzimmer da-<lb/> vor sitzen, die es kopirten, der Maler en miniature,<lb/> die Frauenzimmer bloß gezeichnet. Eine Menge Jnva-<lb/> liden saßen rings umher und lasen, der Eine ein militai-<lb/> risches Werk, der Andere ein Trauerspiel von Racine,<lb/> der Dritte einen Roman. Dabei hatten sie immer ein<lb/> Auge auf ihre Gaͤste vom schoͤnen Geschlechte, und, weil<lb/> es eben ziemlich kalt war, kamen sie, und noͤthigten die<lb/> Damen, sich am Ofen zu waͤrmen. Als diese, eifrig<lb/> mit ihrer Arbeit beschaͤfftigt, es ablehnten, holten die<lb/> galanten Kruͤppel Strohdecken herbei, und breiteten sie den<lb/> Maͤdchen unter die Fuͤße, damit sie auf dem mit Steinen<lb/> ausgelegten Fußboden sich nicht erkaͤlten moͤchten. Das<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [81/0081]
gesaͤttigt sind, was thun die braven Verstuͤmmelten dann,
um die Langeweile zu vertreiben? — O dafuͤr ist ge-
sorgt! Sie haben eine treffliche Bibliothek, wie in
mancher deutschen Residenz keine fuͤrstliche gefunden wird.
Ein großer Saal ist rings umher mit saubern, schoͤn ge-
arbeiteten und wohlgefuͤllten Buͤcherschraͤnken tapezirt.
Zum Genusse dieser Seelenspeise laden bequeme Stuͤhle
und Tische ein. Jn verschiedenen Entfernungen findet
man die Bitte angeschlagen, nicht auf den sehr reinlich
gehaltenen Boden zu spucken. Jm Hintergrunde der
Bibliothek haͤngt das beruͤhmte Bild von David, Bona-
parte, wie er uͤber die Alpen geht, und der Wind ihm
den Mantel uͤber den Kopf weht. Es ist das naͤmliche,
welches Bonaparte den Jnvaliden schenkte, und welches
die grauen Helden, als es gebracht wurde, mit Kano-
nenschuͤssen salutiren mußten. Der große segelnde Man-
tel huͤllt den kleinen Mann ganz ein. Aehnlich ist es
vollends gar nicht. Jndessen versteht sich, daß die
Schmeichelei dafuͤr sorgte, daß es vervielfaͤltigt werde.
Jch fand einen Maler und zwei junge Frauenzimmer da-
vor sitzen, die es kopirten, der Maler en miniature,
die Frauenzimmer bloß gezeichnet. Eine Menge Jnva-
liden saßen rings umher und lasen, der Eine ein militai-
risches Werk, der Andere ein Trauerspiel von Racine,
der Dritte einen Roman. Dabei hatten sie immer ein
Auge auf ihre Gaͤste vom schoͤnen Geschlechte, und, weil
es eben ziemlich kalt war, kamen sie, und noͤthigten die
Damen, sich am Ofen zu waͤrmen. Als diese, eifrig
mit ihrer Arbeit beschaͤfftigt, es ablehnten, holten die
galanten Kruͤppel Strohdecken herbei, und breiteten sie den
Maͤdchen unter die Fuͤße, damit sie auf dem mit Steinen
ausgelegten Fußboden sich nicht erkaͤlten moͤchten. Das
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