Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.deren Gemahl ihn wie sein Schatten begleitet, ihn deren Gemahl ihn wie sein Schatten begleitet, ihn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0096" n="96"/> deren Gemahl ihn wie sein Schatten begleitet, ihn<lb/> aufmerksam bedient, gleichsam seinen Kammerherrn<lb/> macht. Am Tage des heil. Louis giebt man ihm, als<lb/> an seinem Namenstage, ein herrliches Fest, wobei die<lb/> Damen Lieder ihm zu Ehren singen. Man nennt ihn im<lb/> vertrauten Kreise stets mon Prince. Man laͤßt sein Por-<lb/> trait als das des <hi rendition="#g">Dauphins</hi> herumgehen; man er-<lb/> zaͤhlt, der Pabst selber habe ihm ein Zeichen auf das<lb/> Bein gedruͤckt, um ihn einst wieder daran zu erkennen;<lb/> man theilt sich endlich den Brief eines <hi rendition="#g">Bischofes</hi> mit,<lb/> der, gleichfalls getaͤuscht, in den ehrerbiethigsten Ausdruͤ-<lb/> cken an den jungen Landstreicher schreibt, und durch sein<lb/> Beispiel Manchen, der noch wankte, uͤberzeugt. Schon<lb/> bildet sich eine Art von <hi rendition="#g">Hof</hi> um Ludwig XVJJ., er hat<lb/> Favoriten, wird bald die großen Hofchargen besetzen;<lb/> unter seinen Anhaͤngern finden sich Namen von Bedeu-<lb/> tung. Alle gluͤhen von Enthusiasmus, und sind bereit,<lb/> ihm die groͤßten Opfer zu bringen. Maͤnner von Geburt<lb/> und Rang schaͤtzen sich gluͤcklich, ihm, gleich Kammerdie-<lb/> nern, die niedrigsten Dienste zu leisten. Geizhaͤlse werden<lb/> verschwenderisch, wenn sie nur das Gluͤck haben koͤnnen,<lb/> ihn zu bewirthen. Natuͤrlich, daß alles Das der wach-<lb/> samen Polizey nicht entgehen konnte; der Polizeiminister<lb/> Fouché erfuhr zu Paris Alles, was zu Vitry vorgieng,<lb/> und ploͤtzlich machte ein Verhaftsbefehl der Komoͤdie ein<lb/> Ende. Aber selbst bei dieser Verhaftung betrug sich Her-<lb/> vagault mit einem Stolz, mit einer Wuͤrde, die Allen<lb/> imponirte; seine betruͤbte Anhaͤnger umgaben ihn mit<lb/> tiefstem Respekt; Einer derselben bat geruͤhrt um die Er-<lb/> laubniß, ihn umarmen zu duͤrfen; da reichte ihm der<lb/> Schneiderssohn nachlaͤßig die Hand zum Kuß. Gleich am<lb/> ersten Abende der Verhaftung wird im Kerker ein splen-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [96/0096]
deren Gemahl ihn wie sein Schatten begleitet, ihn
aufmerksam bedient, gleichsam seinen Kammerherrn
macht. Am Tage des heil. Louis giebt man ihm, als
an seinem Namenstage, ein herrliches Fest, wobei die
Damen Lieder ihm zu Ehren singen. Man nennt ihn im
vertrauten Kreise stets mon Prince. Man laͤßt sein Por-
trait als das des Dauphins herumgehen; man er-
zaͤhlt, der Pabst selber habe ihm ein Zeichen auf das
Bein gedruͤckt, um ihn einst wieder daran zu erkennen;
man theilt sich endlich den Brief eines Bischofes mit,
der, gleichfalls getaͤuscht, in den ehrerbiethigsten Ausdruͤ-
cken an den jungen Landstreicher schreibt, und durch sein
Beispiel Manchen, der noch wankte, uͤberzeugt. Schon
bildet sich eine Art von Hof um Ludwig XVJJ., er hat
Favoriten, wird bald die großen Hofchargen besetzen;
unter seinen Anhaͤngern finden sich Namen von Bedeu-
tung. Alle gluͤhen von Enthusiasmus, und sind bereit,
ihm die groͤßten Opfer zu bringen. Maͤnner von Geburt
und Rang schaͤtzen sich gluͤcklich, ihm, gleich Kammerdie-
nern, die niedrigsten Dienste zu leisten. Geizhaͤlse werden
verschwenderisch, wenn sie nur das Gluͤck haben koͤnnen,
ihn zu bewirthen. Natuͤrlich, daß alles Das der wach-
samen Polizey nicht entgehen konnte; der Polizeiminister
Fouché erfuhr zu Paris Alles, was zu Vitry vorgieng,
und ploͤtzlich machte ein Verhaftsbefehl der Komoͤdie ein
Ende. Aber selbst bei dieser Verhaftung betrug sich Her-
vagault mit einem Stolz, mit einer Wuͤrde, die Allen
imponirte; seine betruͤbte Anhaͤnger umgaben ihn mit
tiefstem Respekt; Einer derselben bat geruͤhrt um die Er-
laubniß, ihn umarmen zu duͤrfen; da reichte ihm der
Schneiderssohn nachlaͤßig die Hand zum Kuß. Gleich am
ersten Abende der Verhaftung wird im Kerker ein splen-
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